Europa

Medienbericht: Letten werfen russischsprachigen Einwohnern Ausbreitung des Coronavirus vor

Das Coronavirus ist nicht nur eine harte Probe für das Gesundheitssystem weltweit. Es bringt auch eine tiefe soziale Spaltung ans Licht. Einem Bericht zufolge werfen Letten russischsprachigen Einwohnern des EU-Landes vor, zur Ausbreitung des COVID-19-Erregers beizutragen.
Medienbericht: Letten werfen russischsprachigen Einwohnern Ausbreitung des Coronavirus vorQuelle: Sputnik © SERGEI MELKONOW

In Lettland spitzt sich die Corona-Lage zu. Die EU-Behörde ECDC weist für den Baltenstaat aktuell eine der höchsten Infektionsraten in Europa aus. Die lettischen Behörden haben in diesem Zusammenhang für einen Monat einen Lockdown und eine Ausgangssperre ausgerufen. Das EU-Land bat um internationale Hilfe. Am 1. November bedankte sich der lettische Gesundheitsminister Daniels Pavluts auf Twitter bei Finnland, Schweden, Ungarn und den Niederlanden für die über den EU-Katastrophenschutz zur Verfügung gestellte medizinische Ausrüstung, darunter künstliche Lungenbeatmungsgeräte und Spritzenperfusionspumpen.

Einem Bericht der russischen Zeitung Iswestija zufolge werden in Lettland immer mehr Stimmen laut, die russischsprachige Einwohner, die etwa 35 Prozent der Bevölkerung ausmachen, für die schwierige Situation verantwortlich machen. Der Tenor ist, dass viele Russischsprachige Impfverweigerer seien und somit Letten in Lebensgefahr brächten.

Am 16. Oktober hat das lettische Online-Portal LSM einen Bericht veröffentlicht, wonach testpositive Patienten überwiegend russischsprachig seien. Die dort zitierte Pneumologin der Pauls-Stradiņš-Universitätsklinik in Riga, Zaiga Kravale, behauptete, dass vier von fünf COVID-19-Patienten ausgerechtet dieser sozialen Gruppe angehörten. Sie habe den Eindruck, dass es sich bei ihnen zwar um keine Impfverweigerer handele, dass diese Menschen die Informationen über die Impfung aber irgendwie verpasst haben müssten. Jevgēņijs Kalējs, Vorstandsmitglied der Assoziation der lettischen Krankenhäuser, zeigte sich im selben Bericht sicher, dass die russischsprachige Bevölkerung von den Informationen zu der Corona-Situation auf Lettisch keinen Gebrauch mache und auf andere Quellen zurückgreife, die offenbar nicht besonders korrekt seien. Danach schlussfolgerten viele lettische Medien nach Einschätzung von Iswestija, dass alle Russischsprachigen Impfgegner seien.

Das russische Blatt erkennt aber das Problem an und beruft sich auf eine Umfrage des Meinungsforschungszentrums SKDS, wonach es unter den Russischsprachigen tatsächlich mehr Menschen gibt, die glauben, dass eine Corona-Impfung schlimmer als die Krankheit selbst sei. Unter den Russischsprachigen sind dies 30 Prozent gegenüber 22 Prozent unter den Letten. Gleichzeitig glauben 58 Prozent der Letten, dass die Krankheit gefährlicher als die Impfung sei, gegenüber 46 Prozent der Russischsprachigen.

Zugleich machten viele Letten keinen Hehl aus ihrer Hoffnung, dass das Coronavirus "selektiv" wirke, schreibt Iswestija und beruft sich auf ein Interview des bekannten Familienarztes Andris Baumanis für das Magazin Ir. Ihm zufolge würden überwiegend ungeimpfte russischsprachige Rentner an der Krankheit sterben, was eine positive Folge für den Sozialhaushalt nach sich ziehen würde. Der Saeima-Abgeordnete von der Regierungskoalition Jānis Iesalnieks erklärte jüngst, dass ausgerechnet "sowjetische Kolonisten" das Land zum Lockdown geführt hätten, worunter ausschließlich lettische Kinder litten. Am 28. Oktober fand im lettischen Parlament eine Tagung des Ausschusses für Bürgerschaft, Migration und sozialen Zusammenhalt statt, auf der die Frage erörtert wurde, ob der Staat die Bürger über die laufende Impfkampagne auf Russisch informieren dürfe. Māris Baltiņš, Direktor des Zentrums der Staatssprache, trat zwar dagegen ein, die Ausschussmitglieder einigten sich jedoch darauf, dass die Veröffentlichung von Paralleltexten auf Russisch erlaubt und sogar erwünscht sei.

Nach Angaben der russischen Zeitung kämpft die lettische Regierung mitten in der Coronakrise allerdings weiterhin gegen russischsprachige Medien in dem EU-Land. Vor kurzem haben die Behörden dem Ersten Baltischen Kanal die Sendelizenz entzogen, obwohl dort eine Sendereihe auf Lettisch und Russisch über Corona-Impfungen geplant war. Nach dem 1. Januar 2022 wird auch der Fernsehender LTV7 sein russischsprachiges Programm schließen. Derzeit ist dies der einzige staatliche TV-Sender, der in Lettland auf Russisch senden darf.

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