Österreichische Regierung einigt sich auf Regeln für assistierten Suizid
In Österreich hat sich die Regierung auf eine gesetzliche Neuregelung der Sterbehilfe geeinigt. Am Samstag stellten Justizministerin Alma Zadic von den Grünen, Bundesministerin für EU und Verfassung Karoline Edtstadler von der ÖVP sowie der ebenfalls grüne Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein ein Regelwerk vor, das jenen Menschen, die "wirklich schwer kranke Menschen beim Entschluss, in Würde zu sterben, unterstützen wollen", strafrechtlichen Schutz garantiere. Damit erkannte die Regierung trotz Restriktionen im Gesetzentwurf den Wunsch von Menschen an, ihr Leiden freiwillig zu beenden.
Mit der neuen Regelung reagierte die Regierung auf eine Entscheidung, die der Verfassungsgerichtshof vor fast einem Jahr getroffen hatte: Die Richter hatten einen entscheidenden Teil des Paragrafen 78 des Strafgesetzes aufgehoben. Demnach widerspreche es dem Recht auf Selbstbestimmung, "jede Art der Hilfe zur Selbsttötung ausnahmslos zu verbieten". Die Verleitung zum Suizid bleibt weiterhin untersagt, die Beihilfe jedoch nicht. Damit ist aktive Sterbehilfe auch weiterhin verboten. Bei der aktiven Sterbehilfe führt nicht der Todeswillige selbst, sondern eine andere Person den Akt der Tötung durch. Der Verfassungsgerichtshof entschied, dass der Gesetzgeber Maßnahmen vorsehen müsse, damit Betroffene unbeeinflusst und ohne Druck entscheiden können. Dafür hatte die Koalition nun ein Jahr Zeit.
Wer Beihilfe zum Suizid in Anspruch nehmen will, kann demnach ab dem Jahr 2022 eine Sterbeverfügung treffen. Der Zugang ist auf dauerhaft Schwerkranke oder unheilbar Kranke beschränkt. Auch psychisch kranken Menschen soll diese Möglichkeit offenstehen – jedoch nur unter der Voraussetzung, dass die betroffene Person voll entscheidungsfähig ist. Ausgeschlossen sind Minderjährige und Menschen, die nicht schwer krank sind. In Apotheken wird ein letales Präparat erhältlich sein. Vor einer Sterbeverfügung müssen zwei Ärzte den Patienten aufklären, einer davon muss eine Qualifikation im Bereich der Palliativmedizin aufweisen können. Dann ist der Sterbewillige berechtigt, das tödliche Präparat in einer Apotheke abzuholen. In der Verfügung kann auch eine Person bestimmt werden, die dieses Mittel für den Betroffenen abholt. Das Präparat muss selbstständig zugeführt werden. Vor Ausstellen einer Verfügung muss eine Frist von zwölf Wochen eingehalten werden. Ziel dieser Regelung ist, sicherzustellen, dass der Wunsch nicht aus einer akuten Krisenphase des Betroffenen hervorgeht. Sollten Kranke nur eine sehr geringe Zeit zu leben haben, dann verkürzt sich diese Frist auf zwei Wochen.
Die Regelung sieht ebenso vor, dass ein wirtschaftlicher Nutzen aus der Beihilfe zum Suizid ebenso verboten bleibt wie Werbung. Damit solle sichergestellt werden, dass beispielsweise in Pflegeheimen keine einschlägigen Flyer ausliegen. Die Regierungsseite betonte auch, dass der assistierte Suizid nicht die einzige Möglichkeit sei: Parallel dazu wolle man die Hospiz- und Palliativversorgung massiv ausbauen. 2022 will der Bund die Förderung auf 21 Millionen ausbauen, 2024 soll die Förderung 51 Millionen Euro betragen. Zusagen von Ländern und Sozialversicherung im Sinne einer Drittelfinanzierung gibt es bisher jedoch nicht. Formell muss das Gesetz zur Beihilfe zum Suizid noch rechtzeitig vor dem Jahreswechsel beschlossen werden. Die parlamentarische Begutachtungsfrist ist deshalb mit drei Wochen recht kurz angesetzt, was für Kritik sorgte. Dennoch zeigten sich Befürworter der Sterbehilfe insgesamt positiv überrascht, da man mit weitaus restriktiveren Regelungen gerechnet hätte.
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