Wegen Beihilfe zu illegaler Migration: Italienischer Bürgermeister zu über 13 Jahren Haft verurteilt

Der Bürgermeister einer kalabrischen Stadt wollte Gutes tun und Geflüchtete willkommen heißen. Medien lobten den Mann damals für sein Engagement. Die Justiz aber verurteilte ihn wegen Beihilfe zu illegaler Einwanderung und Veruntreuung sowie Betrug zu mehr als 13 Jahren Haft.

Die Migranten sollten die kleine Gemeinde Riace im südlichen Kalabrien wieder aufleben lassen. Die Medien lobten den Bürgermeister Domenico Lucano, genannt Mimmo, und werteten seine Gemeinde als Modellbeispiel für gelungene Integration und Wiederbevölkerung eines aussterbenden Ortes. In dem 1.800 Menschen zählenden Ort siedelte er zusätzlich fast 500 Flüchtlinge an. Neue Läden und Firmen entstanden. Das Projekt taufte er das "Modell Riace". Im Jahr 2017 wurde ihm von der Stadt Dresden ein Friedenspreis überreicht. Sein Engagement wurde dem ehemaligen Bürgermeister am Ende allerdings zum Verhängnis.

Lucano wurde bereits im Jahr 2018 unter Hausarrest gestellt, womit auch sein Amt als Bürgermeister endete. Die Anklagepunkte lauteten auf Bildung einer kriminellen Vereinigung, Amtsmissbrauch, Betrug, Fälschung von Dokumenten, Veruntreuung und Unterschlagung staatlicher Gelder. Das drastische Urteil des Gerichts in Locri lautete am Donnerstag nun: 13 Jahre und zwei Monate Haft. Die Staatsanwaltschaft hatte allerdings eine weit geringere Haftstrafe gefordert. 

Der Bürgermeister hatte Müllabfuhrverträge an zwei Genossenschaften vergeben, welche eigens gegründet worden waren, um Migranten die Arbeitssuche zu erleichtern. Zudem hätte er eine Scheinehe eingefädelt. Mit seiner Hilfe wäre eine nigerianische Zwangsprostituierte mit einem italienischen Mann verheiratet worden.

Die Verhaftung des Ex-Bürgermeisters folgte eine Woche nach der Ankündigung einer Reihe von Anti-Zuwanderungsmaßnahmen durch den damaligen Innenminister Matteo Salvini, darunter auch die Kürzung der finanziellen Mittel für die Aufnahme und Integration von Migranten. Eine Fernsehsendung des öffentlichen Senders Rai über Lucano wurde eingestellt. Der Verurteilte zeigte sich entsetzt über das gegen ihn verhängte Urteil und kündigte Berufung an. Rechtskräftig wird das Urteil erst nach zwei Berufungsinstanzen. Lucano fasste seine Sicht der Dinge zusammen:

"Ich habe mein Leben damit verbracht, Ideale zu verfolgen, ich habe gegen die Mafia gekämpft, ich habe mich auf die Seite der Letzten gestellt, der Flüchtlinge. Und ich habe nicht einmal das Geld, um die Anwälte zu bezahlen ... heute ist für mich alles zu Ende. Es gibt keine Gerechtigkeit." 

Im Netz formiert sich eine Solidaritätsbewegung für den beliebten Bürgermeister. Auf Change.org gibt es für ihn eine Petitionsbewegung.

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