Europa

Greta hat … nein, Deutschland hat gewählt: Ein Blick aus Schweden auf die deutsche Bundestagswahl

Ein Ruck werde durch Deutschland gehen, lautete die Prognose der schwedischen Medien für die Bundestagswahl. Man setzte auf die Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock der "Grünen". Sie könne Kanzlerin werden und Deutschland verändern. Auch wenn Bündnis 90/Die Grünen nur Platz drei erreichten, hätten Umweltthemen gesiegt.
Greta hat … nein, Deutschland hat gewählt: Ein Blick aus Schweden auf die deutsche BundestagswahlQuelle: www.globallookpress.com © Kay Nietfeld

Am Montagmorgen nach der Bundestagswahl war auf den schwedischen Radiokanälen die Stimme von Annalena Baerbock zu hören. Die ältere Generation, die noch Deutschunterricht in der Schule hatte, mag vielleicht ihre Worte verstanden haben: Sie sprach von Veränderung in Deutschland. Jung, weiblich und  grün verkörpert Baerbock das Sinnbild schwedischer Medien von einer  Kanzlerkandidatin, welche dem Zeitgeist entspricht und eine Industrienation in eine Klima-Republik verändern will. Besonders im Hinblick auf die schwedischen Parlamentswahlen im kommenden Jahr blickt man aus Skandinavien auf Deutschland. Denn auch die Ära des schwedischen Premierministers Stefan Löfven wird dann zu Ende gehen. 

Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg war kurz vor der Wahl zum "weltweiten Klimastreik" extra nach Berlin gereist. Nach eigenen Aussagen wollte sie aber keineswegs Lobbyarbeit für die Grünen machen. Andere Klima-Aktivisten in Deutschland wählten eine radikalere Variante des Protests und traten in den Hungerstreik. Überraschend stattete ihnen Robert Habeck kurz vor der Wahl einen Besuch ab. Die schwedische Presse befasste sich mit dem Thema – und mit einem Deutschland, was sie so bisher nicht kannten. 

Letztlich reichte es für die Grünen nur für Platz drei (14,6 Prozent, 26. September 23:21 Uhr, dimap/ARD). Die SPD liegt aktuell knapp vor der Union.

Der SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hofft – wie sein Unions-Konkurrent Armin Laschet – weiterhin auf das Amt als Bundeskanzler. 

Nun kommt es darauf an, wer von beiden die Grünen und die FDP gemeinsam für sich gewinnen kann. Andernfalls bliebe nur wieder nur eine "Große Koalition". Die schwedischen SVT-Nachrichten sprechen von einem wahren Wahl-Krimi. Über die Kandidaten wurde berichtet, dass Armin Laschet die Kanzlerin Angela Merkel während der Flüchtlingskrise unterstützt hätte, sich auf die "Integration" fokussiere, Olaf Scholz wolle vor allem ein "gerechteres Deutschland" und Annalena Baerbock habe sich zum Ziel gesetzt, Deutschland zu einem "modernen Land" zu machen.

Annalena Baerbock übernimmt Angela Merkels Spruch "Wir schaffen das!"

Die schwedischen Grünen der Miljöpartiet de Gröna (MP; Umweltpartei Die Grünen) träumen von zweistelligen Wahlergebnissen – wie jetzt in Deutschland gelungen. Der Europaparlamentarier Jakob Dalunde (MP) ist dennoch etwas enttäuscht, denn vor Monaten schien für Bündnis 90/Die Grünen in Deutschland alles möglich zu werden. Nun aber seien die Grünen wenigstens die Königsmacher. Ohne sie wird es wahrscheinlich kein Koalitionsbündnis geben. 

Er ist der Ansicht, dass Deutschland ein geringeres Selbstbewusstsein in der Klimafrage habe und sich in Schweden dagegen mehrere Parteien zum Thema Umwelt profiliert hätten. Die politische Bewegung, Umweltthemen miteinzubeziehen, habe in Schweden im Vergleich zu Deutschland schon vor langer Zeit begonnen: 

"In Deutschland gibt es, wenn überhaupt, nur sehr wenige, die in den letzten fünf bis zehn Jahren einen Anspruch auf die grünen Themen hatten. Dies ist der erste Wahlkampf, bei dem die anderen Parteien dies als Teil ihrer Kernbotschaft zulassen." 

Der schwedische Premierminister Stefan Löfven von den Sozialdemokraten (Sveriges socialdemokratiska arbetareparti: SAP; kurz Socialdemokraterna) gratulierte Olaf Scholz bereits zu dessen "Wahlsieg". Seine eigene Partei hat in der Gunst der Wähler starke Verluste hinnehmen müssen, so dass Löfven gezwungen war, sich einem Misstrauensvotum zu stellen. Der Blick nach Deutschland lässt die Partei wieder hoffen. 

Johan Hassel von den schwedischen Sozialdemokraten kommentiert gegenüber dem Expressen die Wahl so: 

"Klar ist, dass der Wind für SPD und Grüne weht. Es läuft, viel reibungsloser, als wir es uns erhofft hatten, aber es gibt jetzt viele Anzeichen dafür, dass Scholz der nächste Kanzler wird. Olaf Scholz hat über die nordische Sozialdemokratie gesprochen, insbesondere in Schweden. Sowohl im Hinblick auf Wohlfahrtsambitionen als auch auf die Fähigkeit, in einer fragmentarischen politischen Landschaft zu regieren."

Der außenpolitische Sprecher der Moderaten, Hans Wallmark, hofft in Deutschland auf eine Jamaika-Koalition. Die schwedischen "Moderaten" können etwa mit der FPD verglichen werden: 

"Der entscheidende Ball liegt bei Gelb und Grün. Aus schwedischer und europäischer Sicht habe ich viel mehr Angst vor einem roten Deutschland als vor einem gelb-grünen mit einer CDU. Auch wenn die Grünen nicht Teil meiner Lieblingskoalition sind."

Ein dänischer Journalist fasst zusammen:

"Annalena Baerbock übernimmt Angela Merkels Spruch 'Wir schaffen das'."

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