Telefonstreich: Schwedens Außenministerin stellt russischer Opposition Millionen in Aussicht
Mit sogenannten Prankster-Anrufen gelingt es den russischen Journalisten Alexei Stoljarow (Lexus) und Wladimir Kuznezow (Wowan) immer wieder, hinter die Kulissen der öffentlichen Politik zu schauen und westlichen Politiker oder Beamten das eine oder andere diplomatische Geheimnis zu entlocken, wie RT DE schon berichtete.
Laut einem am Donnerstag veröffentlichten Telefonat hat die schwedische Außenministerin Ann Linde den vorgetäuschten russischen oppositionellen Aktivisten insgesamt 38 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Sie glaubte, sie spreche mit Alexei Nawalnys Frau Julia und dessen engem Mitarbeiter Leonid Wolkow. Linde hat von der ersten Minute des Gesprächs an signalisiert, dass sie auf ihrer Seite steht. Bezüglich der Finanzierung sagte sie:
"Wir haben in den nächsten fünf Jahren etwa 38 Millionen Euro zur Verfügung, um die Zivilgesellschaft und Menschenrechtsaktivisten zu unterstützen. Ich kenne die Einzelheiten nicht, aber ich denke, dass es möglich ist, wenn wir uns direkt oder über die Botschaft unterhalten, wenn das möglich ist, denn ich kenne die technischen Details nicht."
Das Gespräch fand im Mai statt, damals waren die sogenannten Nawalny-Stäbe und sein Anti-Korruptions-Büro in Russland noch legal. Dann aber waren die Nawalny-Strukturen wegen der nachgewiesenen Finanzierung aus dem Ausland zu ausländischen Agenten erklärt worden, worauf der falsche Wolkow im Gespräch mit der Außenministerin hingewiesen hat. Jedenfalls war die schwedische Außenministerin am Telefon mit konkreten Zusagen einer Finanzierung vorsichtig und schlug stattdessen vor, Nawalnys Team solle das lieber persönlich mit der schwedischen Botschaft besprechen.
Das Gespräch und die Möglichkeit einer großzügigen finanziellen Förderung der Oppositionellen seien ein sicheres Anzeichen für eine grobe Einmischung in die inneren Angelegenheiten Russlands, kommentierte der freie Journalist und Buchautor Thomas Röper das Telefonat in einem ausführlichen Artikel. Röper lebt seit 20 Jahren in Russland, in Deutschland ist er als Autor des medienkritischen Blogs Anti-Spiegel bekannt.
Die umgekehrte Situation – dass Russland sich den westlichen Staaten gegenüber ähnlich verhält – sei unvorstellbar, obwohl die Medien und Politik ständig von einer "russischen Einmischung" fabulieren.
"Daher überrascht es nicht, dass die russischen Behörden nun gegen Nawalnys Organisationen vorgehen. Die Staaten des Westens würden auch gegen Organisationen vorgehen, die zum Sturz westlicher Regierungen aufrufen und dabei aus zum Beispiel Russland oder China finanziert werden", schreibt er.
Ob die tatsächlichen Anrufer selbst im Geldversprechen an die Opposition ebenfalls einen Skandal sehen, fragte RT DE Kusnezow. Denn das Geld könnte schließlich aus einem öffentlichen Ausschreibungsprogramm stammen. Der Journalist wies darauf hin, dass die Ministerin diese legalen Möglichkeiten nicht erwähnt und direkt persönliche Konsultationen in einem "nicht telefonischen Gespräch" angeboten hatte, was für einen verdeckten Finanzierungskanal sprechen könnte.
Im Gespräch zeigte sich die schwedische Ministerin wie eine antirussische Hardlinern, die es für grundsätzlich nötig hält, gegen Russland bei jeder Gelegenheit Sanktionen zu verhängen. "Ich habe mich gerade mit dem EU-Parlamentsausschuss getroffen und ihm gesagt, dass wir weitere Sanktionen unterstützen", teilte sie den vermeintlichen russischen Oppositionellen mit. Sowohl Nawalny selbst als auch seine Vertrauten haben oft signalisiert, dass sie westliche Sanktionen gegen das "Regime" von Wladimir Putin für nötig halten.
Linde würde Russland gerne auch wegen der Gas-Pipeline Nord Stream 2 sanktionieren, aber die Tatsache, dass bei dem Projekt auch Unternehmen aus den anderen EU-Staaten beteiligt sind, halte Schweden davon ab. "Nun muss ich ehrlich sagen, dass die Mehrheit in unserem Parlament will, dass wir Sanktionen gegen Nord Stream 2 verhängen. (…) Wir sollten uns auf die Sanktionen gegen Russland konzentrieren. Aber von unserer Seite aus wird es dann Sanktionen gegen Deutschland, Österreich, Belgien und die Niederlande geben, deren Unternehmen Nord Stream 2 finanzieren und bauen."
Doch die Ministerin gab die Hoffnung nicht auf, dass es in Zukunft doch möglich sein könnte, die Pipeline zu sanktionieren. Linde machte im Gespräch deutlich, dass allein politisch-diplomatische Erwägungen sie zur Mäßigung einer harten antirussischen Position zwingen könnten. So bat der falsche Wolkow Linde im Gespräch darum, in ihrer Eigenschaft als OSZE-Vorsitzende das Verbot der oppositionellen Fernsehsender in der Ukraine zu unterstützen.
"Sie wissen, dass sie von Russland finanziert werden. Ich denke, dass es wichtig ist, Propaganda zu blockieren", sagte er. Doch die Behauptung über russische Finanzierung war eine Falschmeldung und die Bezeichnung der Nachrichten aus Russland als Propaganda reine Unterstellung.
Doch die OSZE-Vorsitzende, die per Amt zur Neutralität verpflichtet ist, zeigte, dass sie im Grunde der gleichen Meinung ist. Sie gab zu verstehen, dass nur diplomatische Erwägungen sie von einer klaren Aussage abhalten. "Ich denke, das ist natürlich ein sehr komplexes Thema, denn alles, was mit Pressefreiheit und so weiter zu tun hat, ist ein sehr, sehr sensibles Thema", sagte Linde und erzählte, dass russische Journalisten sie gerne nach der Verfolgung russischer Medien in Lettland fragen.
Inzwischen liegt die Stellungnahme des schwedischen Außenministeriums zu dem veröffentlichten Telefonat vor, wie schwedische Medien am Sonntag berichteten. Linde selbst lehnte eine Stellungnahme ab. Der Pressedienst des Außenministeriums teilte mit, dass das Gespräch "auf offizielles Ersuchen" stattfand und dass Linde daran interessiert war, mit Julia Nawalnaja Kontakt aufzunehmen, deren Ehemann Opfer eines Attentats geworden und anschließend in Russland verhaftet worden war.
"Es ist wichtig, dass der Außenminister offen für den Kontakt und den Dialog mit Vertretern der Zivilgesellschaft aus verschiedenen Ländern ist. Es ist bedauerlich, dass diese Offenheit auf diese Weise ausgenutzt wird", so das Außenministerium.
Von westlichen Medien wird den Prankstern nach jedem neuen politischen Streich Nähe zu russischen Aufklärungsdiensten nahegelegt – ein Vorwurf, den sie stets bestreiten. Ob die veröffentlichten Anrufe für die russische Aufklärung dienlich sein können, wissen sie schließlich nicht, sagte Kusnezow RT DE.
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