Europa

"Wissenschaftler überrascht" – Corona-Neuinfektionen in Großbritannien gehen zurück

Am 19. Juli hob die britische Regierung sämtliche Corona-Restriktionen auf. Der Tag wird als "Freedom Day" bezeichnet. Politik und Medien äußern sich auch hierzulande irritiert und skeptisch. Derweil fällt die Zahl der Neuinfektionen in Großbritannien. Wissenschaftler zeigen sich aufgrund der Ausbreitung der Delta-Variante überrascht.
"Wissenschaftler überrascht" – Corona-Neuinfektionen in Großbritannien gehen zurückQuelle: AFP © Adrian Dennis

Seit dem sogenannten "Freedom Day" am 19. Juli, an dem in Großbritannien sämtliche Corona-Restriktionen aufgehoben wurden, sind die Augen der Welt auf das Land gerichtet. Hintergrund ist die aus Indien stammende Ausbreitung der Delta-Variante, die bei den Staats- und Regierungschefs weltweit Besorgnis auslöst. In den Medien herrscht mit Verweis auf die Wissenschaft größtenteils Skepsis gegenüber der nun kaum noch kontrollierbaren Ausbreitung der Delta-Variante in Großbritannien.

Die britische Regierung unter Premierminister Boris Johnson ist derweil davon überzeugt, dass das Vereinigte Königreich aufgrund einer hohen Impfquote gut gewappnet ist. Zudem ist man der Ansicht, dass die Zahl der Neuinfektionen daher nicht mehr der ausschlaggebende Indikator für die Bemessung des Infektionsgeschehens sein sollte. Vielmehr gelte es nun, die Zahl der Hospitalisierungen genau im Auge zu behalten.

So erklärte etwa der britische Gesundheitsminister Sajid Javid bereits Anfang Juli, dass aufgrund der Lockerungen Infektionszahlen in der Größenordnung von 100.000 für die kommenden Wochen und Monate durchaus realistisch seien.

"Aber was mehr als alles andere zählt, sind die Zahlen der Krankenhausaufenthalte und der Todesfälle, und das ist der Punkt, an dem die Verknüpfung stark geschwächt wurde."

Derweil fällt die Zahl der Delta-Neuinfektionen in Großbritannien. Am Montag wurde die niedrigste Zahl neuer Fälle an positiv auf die neue Variante getesteten Briten verbucht.

Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, fiel die Zahl der neuen "Fälle" den sechsten Tag in Folge, von 29.173 am Sonntag auf 24.950 am Montag. Dies ist der niedrigste Stand seit drei Wochen und entspricht wiederum einem Rückgang der Neuinfektionen um mehr als 50 Prozent gegenüber dem 17. Juli. An diesem Tag wurden 54.674 Neuinfektionen gezählt.

"Die Gesamtzahl der neuen Fälle in der vergangenen Woche ist mit etwas mehr als einer Viertelmillion um mehr als ein Fünftel niedriger als in der Vorwoche."

Derweil verweisen auch weitere Publikationen auf das in Großbritannien zu beobachtende Phänomen der rückläufigen Infektionszahlen. Bei der Financial Times etwa hieß es am Montag:

"Ein starker Rückgang der Zahl der Menschen in Großbritannien, die in den letzten sechs Tagen positiv auf COVID-19 getestet wurden, hat Wissenschaftler überrascht und erfreut."

Die britische Publikation verweist auf den Virologen Stephen Griffin von der University of Leeds. Laut Griffin sei der jüngste Rückgang der Fälle in England "eine gute Nachricht, aber auch rätselhaft, da die (Corona-)Beschränkungen schrittweise gelockert" worden seien.

Adam Finn, Professor für Kinderheilkunde an der Universität Bristol, wird wie folgt zitiert:

"Der jüngste Rückgang der täglichen Zahl positiver Tests ist Anlass zur Freude. Das bedeutet, dass weniger Viren übertragen werden und es letztlich weniger Krankenhausaufenthalte und Todesfälle gibt, als wir noch vor einer Woche befürchtet und erwartet haben."

Professor James Naismith von der Universität Oxford zeigt sich zurückhaltender, da sich die Auswirkungen des "Freedom Day" erst Ende der aktuellen Woche auf die "täglichen Testzahlen" niederschlagen würden. Daher erwarte man trotz des Rückgangs dennoch einen Anstieg der Infektionszahlen.

"Viele Wissenschaftler, ich selbst eingeschlossen, erwarten, dass mit dem Ende des Lockdowns die Zahl der Fälle steigen wird."

Doch Naismith räumt ein, dass man sich bereits in der Vergangenheit geirrt habe und dies auch in Zukunft geschehen werde, da es sich um eine neue Krankheit handele, bei der täglich dazu gelernt werde.

Die Financial Times verweist auf Wirtschaftsexperten, wonach die Bestätigung, dass die jüngste Corona-Welle im Vereinigten Königreich womöglich ihren Höhepunkt erreicht habe, die wirtschaftlichen Aussichten wieder verbessern würde. Dies gerade zu einem Zeitpunkt, an dem "die Befürchtungen zunahmen, dass die Delta-Variante die Aussichten auf eine Erholung im Herbst untergraben würde". 

Ganz unerwartet ist die jüngste Entwicklung in Großbritannien derweil nicht. So fiel auch im Mutterland der Delta-Variante Indien über Wochen die Zahl der Neuinfektionen – trotz einer geringen Quote der doppelt Geimpften von knapp sieben Prozent. Bei einer Einwohnerzahl von rund 1,4 Milliarden lag die Zahl der Neuinfektionen aktuell bei 29.689.

Laut dem Informationsdienst Corona in Zahlen liegt die Quote der Erstimpfungen in Großbritannien bei 68,63 Prozent. Vollständig geimpft sind demzufolge 54,9 Prozent der Bevölkerung. Im Rahmen der COVID-19-Pandemie zählte Großbritannien bisher 129.172 Todesfälle im Zusammenhang mit SARS-CoV-2 – der zweithöchste Wert in Europa nach Russland.

Am "Tag der Freiheit" verkündete der britische Premierminister, dass ab Ende September nur noch doppelt geimpfte Bürger das Recht besäßen, Veranstaltungen zu besuchen, bei denen "große Menschenmengen" aufeinandertreffen. Dies gilt etwa für Clubs und Bars – diese durften seit dem 19. Juli wieder vollständig ihre Pforten öffnen. Mutmaßlich könnte davon auch die britische Institution der Pubs betroffen sein.

Der britische Premierminister mahnte die Bevölkerung, dass die Pandemie noch nicht vorbei sei.

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