"Nur gemeinsam sind wir sicher" – Beitrag des russischen Präsidenten Putin in der Zeit
Mit dem deutschen Überfall am 22. Juni 1941 begann, so Wladimir Putin in einem am Dienstag erschienenen Gastbeitrag für die Zeit, mit dem Großen Vaterländischen Krieg "der blutigste in der Geschichte unseres Landes". Die Rote Armee habe nicht nur die Unabhängigkeit und Würde ihres Vaterlandes verteidigt, sondern "auch Europa und die ganze Welt vor der Versklavung gerettet".
Sie habe deutschen Boden nicht betreten, um sich an den Deutschen zu rächen, sondern um ihre Mission der Befreiung zu erfüllen. "Das Gedenken an die Helden im Kampf gegen den Nazismus ist uns heilig." Putin spricht auch den Alliierten der Anti-Hitler-Koalition und den Widerstandskämpfern in Frankreich wie in Deutschland seinen Dank für ihren Anteil an dem gemeinsamen Sieg aus.
Den Völkern Europas sei es trotz dieser Schrecken gelungen, die Entfremdung zu überwinden und einen Schlussstrich unter die Tragödien des 20. Jahrhunderts zu ziehen, so der russische Präsident. Die Aussöhnung zwischen dem russischen Volk und den Deutschen beider Staaten habe bei der Gestaltung eines friedlicheren Europas eine besonders wichtige Rolle gespielt.
Der Gaslieferungsvertrag zwischen der Bundesrepublik und der UdSSR im Jahr 1970 habe den "Grundstein für eine konstruktive Interdependenz gelegt" und in der Folge weitere Projekte bis hin zu Nord Stream ermöglicht.
Das Ende des Kalten Krieges habe die Hoffnung erweckt, Europa könne sich auf der Grundlage gemeinsamer Zivilisation und Kultur von Lissabon bis Wladiwostok einen und damit die Vision von Charles de Gaulles verwirklichen. Auf dieser Grundlage wollte Russland seine Beziehungen zu Europa aufbauen, und auf dieser Grundlage sei auch einiges erreicht worden, so Putin. Doch dann habe sich das Streben nach einer Erweiterung der NATO durchgesetzt und diesen Ansatz zunichtegemacht.
Die Zustimmung der damaligen sowjetischen Führung zu einem NATO-Beitritt des wiedervereinigten Deutschlands sei entgegen damaligen Zusagen des Westens, das Bündnis nicht weiter nach Osten auszudehnen, als Modell genutzt worden, um in mittlerweile fünf Wellen seit 1999 die NATO Richtung Russland auszudehnen, kritisiert Putin. 14 Staaten seien mittlerweile dem Bündnis beigetreten. Darin läge die Quelle des Misstrauens in Europa, und damit habe man die Hoffnung auf ein Europa ohne Barrieren zerstört. Dabei habe mit den Vorschlägen des SPD-Politikers Egon Bahr für eine gemeinsame europäische Sicherheitsstruktur unter Einschluss sowohl der USA als auch der UdSSR ein Vorschlag dafür auf dem Tisch gelegen. Leider sei ihm niemand gefolgt.
Die ukrainische Tragödie des Jahres 2014 habe gezeigt, wie verhängnisvoll es sei, die Länder Osteuropas vor die künstliche Wahl zwischen dem kollektiven Westen und Russland zu stellen. Europa habe einen bewaffneten, verfassungswidrigen Staatsstreich gestützt, obwohl der ukrainische Präsident Janukowitsch bereits allen Forderungen der Opposition nachgekommen war, moniert Putin und fragt:
"Warum organisierten die USA diesen Staatsstreich und unterstützten die EU-Staaten ihn willenlos und provozierten somit die Spaltung innerhalb der Ukraine und den Austritt der Krim aus dem ukrainischen Staat?"
Inzwischen drohe ein neues Wettrüsten, und das europäische Sicherheitssystem sei desolat. Dabei sei Kooperation die angemessene Antwort auf die gemeinsamen Herausforderungen der Pandemie und ihrer wirtschaftlichen wie sozialen Folgen, gibt Putin zu bedenken.
Die Nachkriegsgeschichte des großen Europa habe bewiesen, dass Wohlstand und Sicherheit der gebündelten Anstrengungen aller Länder einschließlich Russlands bedürften. Russland sei schließlich einer der größten europäischen Staaten. Die kulturellen und geschichtlichen Bande zu Europa seien untrennbar.
"Russland plädiert für die Wiederherstellung einer umfassenden Partnerschaft zu Europa", so der Präsident. Schließlich gebe es viele gemeinsame Interessen, etwa im Bereich Sicherheit, Gesundheit, Digitalisierung, Kultur bis hin zur Lösung von Klimafragen.
Es werde immer neue Herausforderungen geben, und es mache keinen Sinn, alte Missverständnisse, Kränkungen, Konflikte und Fehler mit sich herumzuschleppen. Alle sollten ihre Fehler eingestehen und sie korrigieren. "Unser gemeinsames und unstrittiges Ziel ist es, die Sicherheit des Kontinents ohne Trennlinien und einen einheitlichen Raum für eine gleichberechtigte Kooperation und kollektive Entwicklung im Sinne der Prosperität Europas und der ganzen Welt sicherzustellen", heißt es abschließend in Putins Gastbeitrag.
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