Italienischer Gesundheitsbeauftragter: Entscheidend für Impfstoffe sind Ergebnisse, nicht Herkunft
RT DE sprach mit Alessio D'Amato, der seit 2013 Gesundheitsbeauftragter der italienischen Region Latium (ital.: Lazio) einschließlich der Hauptstadt Rom ist.
Haben Sie sich schon gegen Corona impfen lassen? Haben Sie Bedenken wegen der Sicherheit der Impfstoffe?
Nein, ich habe bislang keine Impfung bekommen. Ich werde geimpft, wenn ich an der Reihe bin. Und ich werde es auf jeden Fall machen lassen, denn ich habe Vertrauen in die Impfstoffe und die Wissenschaft. Die Impfstoffe wurden von europäischen und nationalen Behörden geprüft und sind heute die Hauptwaffe, um die Pandemie zu bekämpfen.
Einige westliche Regierungen haben eine regelrechte Verleumdungskampagne gegen den russischen Impfstoff Sputnik V entfacht. Wie ist Ihre Position dazu?
Man darf nicht vergessen, wie sehr russische Ärzte und Gesundheitsmitarbeiter unserem Land während der ersten Phase der Pandemie geholfen haben. Für diese Hilfe müssen wir immer dankbar sein hier in Italien – insbesondere die Bevölkerung im Norden. Ich vertraue den Faktoren, die uns vor allen anderen bei einer Entscheidung lenken müssen: der Wissenschaft, dem Nutzen und der Zulassung zur pharmazeutischen Produktion von Impfstoffen. Aus diesen Gründen haben wir keine Vorurteile oder Vorbehalte gegenüber der kürzlich publizierten Studie. Sie zeigt uns, dass der Impfstoff vertrauenswürdig und sicher ist. Das hat für uns oberste Priorität.
Sind Sie zufrieden mit dem Ablauf der landesweiten Impfungen in Italien? Oder was verzögert diese?
Das alles hängt an der Anzahl der verfügbaren Impfdosen. Im europäischen Vergleich gehören wir gemeinsam mit Deutschland zu den führenden Nationen bei der Verabreichung der zur Verfügung stehenden Impfdosen. Wenn ich ein Beispiel geben darf aus der Region Latium, wo auch unsere Hauptstadt Rom liegt: Wir könnten problemlos fünfmal mehr Dosen verabreichen, wenn wir mehr zur Verfügung hätten.
Eine Reihe von Regierungschefs italienischer Regionen fordert alle derzeit entwickelten, verfügbaren Impfstoffe in Italien einzusetzen. Erwarten Sie, dass die Zentralregierung auf sie hören wird?
In diesem Fall ist die Herkunft nicht entscheidend. Es sind die Ergebnisse, die zählen. Und wir müssen uns in dem ewigen Kampf zwischen Viren und Menschen beeilen – die Zeit ist dabei ein fundamentaler Faktor. Wir müssen das Virus und seine Varianten besiegen. Wir sollten zügig Alternativen suchen – zusätzlich zu den bereits unterschriebenen Verträgen in Europa. Als solche kommt mit Sicherheit auch der russische Impfstoff Sputnik V infrage.
Ungarn ist der erste EU-Mitgliedsstaat, der Sputnik V zugelassen hat. Erwarten Sie, dass der Rest der EU nachziehen wird? Oder gehen sie getrennte Wege?
Ein absolutes 'Ja'. Das Wichtigste ist, ein nach den vorgegebenen Sicherheitsstandards geprüftes Produkt zu haben. Wir werden die Überprüfung so zügig wie möglich vorantreiben und den bürokratischen Aufwand möglichst reduzieren. Man darf nicht außer Acht lassen, dass dieser Impfstoff schon in vielen Ländern der Welt verabreicht wurde.
Wie hat sich die Pandemie auf die EU ausgewirkt? Hat sich die Union dabei eher gefestigt oder geschwächt?
Sagen wir es so: Dass wir diese Impfstoffe überhaupt haben, schulden wir in erster Linie den Anstrengungen, die die EU unternommen hat. Was wir nun fordern ist erstens, die Verspätungen zu überwinden, die durch Vertragspartner der EU verursacht wurden, und zweitens, sich zu öffnen für alle verfügbaren Impfstoffe, damit wir in der schnellstmöglichen Zeit eine so genannte Herdenimmunität oder Massen-Immunisierung erreichen können, die uns vor COVID-19 schützt.
Wie schätzen Sie die russisch-italienischen Zusammenarbeit in der Gesundheitspolitik ein?
Sie ist sehr wichtig. Wir haben ein festes Fundament, basierend auf dem bilateralen Abkommen zwischen Italien und Russland, das 2013 in Triest unterzeichnet wurde. Ich glaube, es ist unheimlich wichtig, die Kräfte zu bündeln – die Kräfte von zwei großen Nationen wie Italien und Russland.
Welche Auswirkungen hat die Pandemie auf den globalen Gesundheitssektor? Sehen Sie auch positive Auswirkungen?
Es wird notwendigerweise einige positive Veränderungen geben, nämlich hin zu einer verstärkten Digitalisierung, zur Telemedizin, zu Ferndiagnosen, zu größeren Investitionen in die Forschung und in die Produktion von Pharmazeutika. Die Pandemie führt uns an neue Grenzen, die wir überschreiten müssen, um existierende Schwierigkeiten zu überwinden.
Stichwort Digitalisierung: Unterstützen Sie die sogenannten "Corona-Pässe", um internationales Reisen zu ermöglichen?
Ja, und dies muss auf übernationaler Ebene unter Einbeziehung der Nationalstaaten entschieden werden. Auf kleiner Basis haben wir schon Erfahrungen damit sammeln können – zum Beispiel bei den Flugrouten Rom–Atlanta und Rom–New York über den internationalen Flughafen Fiumicino. Durch den Testlauf konnte er wieder geöffnet werden und ermöglichte die Wiederaufnahme der Flugverbindungen. Es war insgesamt ein positives Ergebnis. Vonseiten des Flughafens in Rom gibt es den Wunsch, das Verfahren beizubehalten. Wir haben das vor und planen, den Test auszuweiten. Man könnte etwa auch die Route Rom–Moskau hinzufügen. Sobald wir genug geimpfte Personen haben, könnte man ein Ticket einführen, das an ein Impfzertifikat geknüpft ist. Damit können wir mit Gewissheit die Sicherheit der Flüge garantieren.
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