Nach Brexit: Finanzsektor zieht aus Großbritannien gen Festland ab
Zwar beherrschen die Türme der Hochfinanz weiterhin die Skyline der britischen Hauptstadt, doch mit der Trennung von der Europäischen Union wandert der für die britische Wirtschaft bisher bedeutende Sektor offenbar zunehmend ab.
Laut dem Chef der Bank von Frankreich, François Villeroy de Galhau, hat der Austritt des Königsreichs aus der Europäischen Union bereits rund 2.500 Arbeitsplätze und Vermögenswerte im Wert von mindestens 170 Milliarden Euro nach Frankreich gebracht.
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Die Verlagerung von Arbeitsplätzen und Vermögenswerten nach Paris nach dem Brexit werde sich in diesem Jahr beschleunigen und biete Europa die Möglichkeit, seine eigene Finanzinfrastruktur zu stärken, so de Galhau in einer Online-Rede am Dienstag. Vor allem der Brexit zwinge Europa dazu, seine finanzielle Autonomie auszubauen, sagte de Galhau. Seit dem 1. Januar ist der Brexit-Handelspakt vorläufig in Kraft. Die EU wird Londoner Clearinghäuser für 18 Monate auf dem Kontinent zulassen, weil die Union keine vergleichbaren eigenen Institutionen hat. Nach Ablauf dieser Frist müssen Finanztransaktionen in Euro aber theoretisch innerhalb der EU abgewickelt werden.
London bleibt vorerst das wichtigste Finanzzentrum des Kontinents, doch haben sich Amsterdam, Dublin, Paris und Frankfurt darum bemüht, Unternehmen anzuziehen, die in der 19 Nationen umfassenden Eurozone aktiv bleiben wollten. Großbritannien kämpft mit der schwersten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg.
Die auf der Insel stark ausgeprägte COVID-19-Pandemie zeigt zudem schwerwiegende wirtschaftliche Auswirkungen. Am Mittwoch hat Großbritannien den zweiten Tag in Folge einen Höchstwert an COVID-19-Todesfällen registriert. Innerhalb von 24 Stunden wurden 1.820 Todesfälle gemeldet. Wie die Regierung in London weiter mitteilte, lag die Zahl der Neuinfektionen mit 38.905 Fällen etwas höher als am Vortag. Auch die Einweisungen ins Krankenhaus (3.887) blieben auf hohem Niveau. Die Krankenhäuser sind insbesondere in England unter enormem Druck.
Im Dezember nahm die britische Inflation an Fahrt auf und bildete den Auftakt zu einem erwarteten Anstieg in diesem Jahr, da Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung, der Brexit und eine Erholung der Wirtschaft zusammengenommen die Kosten für Verbraucher und Unternehmen in die Höhe treiben.
Früher im Januar warnte die britische Finanzaufsicht (Financial Conduct Authority, FCA), dass rund 4.000 Unternehmen aus der Branche durch die Pandemie derart an Finanzkraft verloren haben, dass das Risiko eines Zusammenbruchs deutlich gestiegen sei.
Der Finanzsektor hat lange die Wachstumszahlen in Großbritannien beeindruckend wirken lassen, allerdings ist der volkswirtschaftliche Beitrag unter Ökonomen umstritten und Risiken durch mangelnde Regulierung und künstliche Aufblähung verbunden.
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