Ignoranter Umgang mit Kritik? – Semsrott verlässt Die Partei nach Rassismusvorwürfen gegen Sonneborn
Der Europa-Abgeordnete und Satiriker Nico Semsrott hat seinen Austritt aus Die Partei verkündet. Der 34-Jährige begründete dies am Mittwoch damit, wie Parteichef Martin Sonneborn mit Rassismusvorwürfen umgehe. "Ich finde seine Reaktion auf die Kritik falsch und inakzeptabel. Das ging mir in der Vergangenheit schon in anderen Fällen so", heißt es in einer Erklärung, die Semsrott auf Twitter verbreitete. Hintergrund ist unter anderem ein mittlerweile gelöschter Tweet Sonneborns von vergangener Woche.
Nach dem Sturm auf das US-Kapitol in Washington posierte Sonneborn mit einem T-Shirt, dessen Schriftzug suggeriert, Asiaten könnten kein R aussprechen: "AU WIEDELSEHERN, AMLERIKA! abem Sie Guter FrLug runtel! Printed in China für Die PALTEI" – was ein Seitenhieb auf US-Präsident Donald Trump und dessen Merchandising in China sein sollte, berichtet das Portal Vice.
Etliche Nutzer gaben an, sich rassistisch beleidigt zu fühlen. Sonneborn legte mit einem weiteren Tweet nach, der ein Cover der Satire-Zeitschrift Titanic zeigt, deren Chefredakteur er früher war. Dazu schrieb er: "So, und jetzt bitte schön diskutieren, was Satire darf & soll, die Grenzen bitte nicht vergessen. Merke: der erste Zugriff ("Wah! Rassismus!") ist oft nicht der beste."
Semsrott warf Sonneborn nun einen "ignoranten Umgang mit Feedback" vor. "Wenn sich Menschen von seinen Postings rassistisch angegriffen fühlen, muss er nicht viel tun. Es reichen Mitgefühl und der Respekt vor den Betroffenen, um das eigene Verhalten zu korrigieren."
In einer ausführlichen öffentlichen Erklärung führt Semsrott auf seiner Webseite an:
"Martin Sonneborn ist deutsch, weiß, über 50, hat auf den unterschiedlichen sozialen Plattformen zusammen mehr als eine Million Follower, wird von seinen Fans angehimmelt und gehört zu den oberen 10 Prozent. Als Europaabgeordneter genießt er darüber hinaus unzählige Extra-Privilegien: Jackpot! Ich weiß, wovon ich da rede, weil ich – bis aufs Alter – quasi in der gleichen, unverschämt privilegierten Situation bin."
Wenn er Kritik keinen Raum geben könne, den gesellschaftlichen Kontext ausblende, "beleidigt seine Machtposition ausnutzt, sobald Betroffene sich gegen Beleidigungen wehren" und den Schwerpunkt darauf lege, dass "andere nur zu doof seien, seine Kunst zu verstehen", solle er gehen, "weil er aus der Zeit gefallen und am falschen Ort" sei. Er habe vor einem Jahr vergeblich zu dieser Thematik mit Sonneborn diskutiert und ihn vor einigen Tagen gebeten, über sein Posting nachzudenken und sich zu entschuldigen, schrieb Semsrott. "Er hat es nicht gemacht. Das ist also kein Versehen, er will das eindeutig so."
@MartinSonneborn@nicosemsrottpic.twitter.com/XqpTQ96YA5
— Die PARTEI Schwerin (@PARTEI_Schwerin) January 13, 2021
Die Partei sei in der öffentlichen Wahrnehmung jedoch vor allem Sonneborns Projekt. Dafür wolle er sein Gesicht nicht weiter hergeben, so Semsrott. Sein Mandat als Europaabgeordneter werde er jedoch behalten, als Grund führte er jedoch nicht die von ihm häufig kritisierten Privilegien an, wie ihm teils per Twitter unterstellt wurde.
Sinophobe Ausfälle von US-Präsident Trump
Sonneborn selbst vertröstete die interessierte Öffentlichkeit zunächst per Twitter, wo das Thema im Trend lag. Am späten Nachmittag gab er eine kurze Stellungnahme. Er habe sich zu dem Thema Ende der Woche äußern wollen, zog dies jedoch nun vor, weil der Austritt von Semsrott dies verlange.
Kurze Stellungnahme zum Anti-Trump-Shirt... pic.twitter.com/t2Ty4vVLTm
— Martin Sonneborn (@MartinSonneborn) January 13, 2021
Laut Sonneborn sei es die Zielrichtung seines Shirts gewesen, "die zunehmend gegenstandsloser werdende weltpolitische Überheblichkeit der USA zu karikieren", samt "sinophoben Ausfällen und Polemiken" des US- Präsidenten Trump, welcher das Coronavirus wiederholt als "China-Virus" bezeichnet habe und dennoch einen Großteil der Merchandise-Artikel für seinen Wahlkampf in China habe produzieren lassen.
Sonneborn erklärte weiter, dass er die Wirkung seines Shirts unterschätzt habe. Ein Witz sei aber misslungen, wenn er statt Reflexionsanstößen oder Lachen zu rassistischer Verletzung führt. Für die Reproduktion der Stereotype entschuldigte sich Sonneborn und dankte Semsrott für die "deprimierende Zusammenarbeit."
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