Europa

Brexit-Streit: London und Madrid uneinig über Kontrolle der Grenzen zu Gibraltar

Spanien und Großbritannien trafen am Silvesterabend ein vorläufiges Abkommen, um eine harte Grenze im Süden der iberischen Halbinsel nach dem Brexit zu verhindern. Uneinigkeit herrscht nach wie vor darüber, wer die Kontrolle der Grenzen zu Gibraltar innehaben sollte.
Brexit-Streit: London und Madrid uneinig über Kontrolle der Grenzen zu GibraltarQuelle: Reuters © JON NAZCA

Nachdem sich London und Madrid am Silvesterabend in letzter Minute über die Zukunft des britischen Überseegebiets Gibraltar geeinigt hatten, ist es zu neuen Streitigkeiten zwischen den beiden Staaten gekommen. Zwar wurde mit einem Abkommen verhindert, dass eine harte Grenze im Süden der iberischen Halbinsel entsteht, Uneinigkeit herrscht jedoch nach wie vor darüber, welcher Staat die Kontrolle über die gemeinsame Grenze innehaben sollte. 

Das Abkommen, welches derzeit von der Europäischen Kommission geprüft wird, würde es Gibraltar ermöglichen, der Schengen-Zone trotz des Brexits beizutreten. Infolgedessen würden der Hafen und der Flughafen von Gibraltar zu den Außengrenzen des Schengen-Raums zählen. Die Pässe der Passagiere, die an einen der beiden Einreisehäfen von Gibraltar ankommen, würden dem Abkommen zufolge zusätzlich zu den lokalen Behörden von der EU-Grenzschutzagentur Frontex kontrolliert werden. Spanien soll für die Überwachung und Umsetzung der Schengen-Zone in Gibraltar verantwortlich sein. Trotz des getroffenen Abkommens scheiden sich beide Staaten in der Auffassung, wer künftig die Ein- und Ausreise regeln sollte.

Der Chief Minister von Gibraltar, Fabian Picardo, nahm über Twitter Stellung zu dem am Silvesterabend geschlossenen Abkommen. Er sei der Ansicht, dass nur Gibraltar entscheiden werde, wer Ein- und Ausreisen dürfe. Spanien werde laut dem Führer der größten im Parlament vertretenen Partei Gibraltars nicht an diesem Entscheidungsprozess teilhaben. 

"Nach dem Silvesterabkommen wird nur Gibraltar entscheiden, wer nach Gibraltar einreist und spanische Beamte werden weder jetzt noch in vier Jahren irgendwelche Kontrollen in Gibraltar am Flughafen oder Hafen durchführen. Dies ist unser Land. Könnte nicht deutlicher sein."

Anderer Ansicht scheint hingegen die spanische Außenministerin Arancha González Laya zu sein, die zuvor in einem Interview mit der Zeitung El País erklärte, dass "das letzte Wort darüber, wer Gibraltar betritt, Spanien haben wird".

"Schengen ist eine Reihe von Regeln, Verfahren und Instrumenten einschließlich einer Datenbank, zu der nur Spanien Zugang hat. Gibraltar und das Vereinigte Königreich haben das nicht. Deshalb liegt die endgültige Entscheidung darüber, wer in den Schengen-Raum einreist, bei Spanien", betonte die Ministerin in dem Interview.

Bei einem Referendum im Jahr 2016 stimmte Gibraltar für den Verbleib in der Europäischen Union. Nachdem jedoch die Mehrheit der britischen Bevölkerung für einen Austritt aus der EU gestimmt hatte, musste auch das kleine Überseegebiet austreten. Trotz des am Silvesterabend getroffenen Abkommens sollen die Verhandlungen zwischen den beiden Staaten noch rund sechs Monate andauern. Der aktuelle Knackpunkt ist jedoch dieser, dass Spanien zusätzlich zu der Hoheit über Ein- und Ausreisen auch die Präsenz der spanischen Polizei an Gibraltars Häfen und Flughafen fordert. Dies jedoch, meint Jesus Verdu von der Universität Cádiz, dürfte für Gibraltar eine schwer zu schluckende Pille sein. 

"Es ist schwierig für Gibraltar zu akzeptieren, dass das letzte Wort von Spanien kommen wird, da es keine andere Option mehr gibt. Ich glaube, dass Gibraltar es schließlich akzeptieren wird, aber es wird nicht einfach sein. Und es wird entweder eine gewisse Wiedergutmachung oder eine Kompensation für Gibraltar im Verhandlungsprozess nötig sein", sagte dieser gegenüber Euronews. 

Experten argumentieren indes, dass es selbstverständlich sei, dass eine EU-Grenze nicht ausschließlich von nicht-europäischen Beamten kontrolliert werden könne. "Dies ist die übliche Debatte, die dazu neigt, Souveränitätsfragen mit praktischen Fragen zu verwechseln", meint Enrique Feás, leitender Politikanalyst der Denkfabrik Real Instituto Elcano. 

"Am Ende wird es eine praktische Lösung geben. Der Gibraltar-Deal zielt darauf ab, Lösungen für praktische Fragen zu finden und die spanische Wirtschaft in der Nähe von Gibraltar oder die Wirtschaft von Gibraltar nicht unnötig zu schädigen. Dies ist nur möglich, indem man Freizügigkeit zulässt", fügte er hinzu.

Unter dem Vertrag von Utrecht im Jahr 1713 musste Spanien Gibraltar an Großbritannien abtreten. In dem Vertrag wurde festgelegt, dass "die Stadt, das Schloss und die Befestigungen für immer und ohne jede Ausnahme oder Behinderung gehalten und genossen werden sollten". Dieser Vertrag wurde 1763 durch den Vertrag von Paris und 1783 durch den Vertrag von Versailles erneuert. 

Im Jahr 1968 wurde ein Referendum darüber abgehalten, ob die Bevölkerung von Gibraltar bei Großbritannien bleiben oder sie ein Teil Spaniens wird. Für den Verbleib im Vereinigten Königreich stimmten damals 12.762 Wähler. Lediglich 44 Menschen stimmten für Spanien. In einem neueren Referendum des Jahres 2002 zeigte die Bevölkerung von Gibraltar erneut mit überwältigender Mehrheit ihren Wunsch, britisch zu bleiben.

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