Europa

Gesegnetes Fest: Tausende Fahrer nach Tagen im Lkw auch zu Weihnachten im Stau

Auch nach der Öffnung der britisch-französischen Grenze scheinen Chaos und gegenseitige Schuldzuweisungen vorzuherrschen. Vielen Lastwagenfahrern war bereits der Kragen geplatzt, jetzt müssen nicht wenige auch noch Weihnachten im Stau verbringen.

Bereits Mitte Dezember hatten sich Berichten zufolge lange Lkw-Schlangen an der britischen Seegrenze zu Europa gebildet, weil Unternehmen auf der Insel vor dem Austritt Großbritanniens aus dem europäischen Binnenmarkt und der Zollunion versuchten, ihre Lagerbestände aufzustocken.

Denn ungeachtet der Unklarheit über das Ergebnis der zähen Brexit-Verhandlungen stand bereits außer Frage, dass der Warenverkehr über den Ärmelkanal durch neue Vorschriften für Importeure und Exporteure sowie systematische Grenzkontrollen beeinträchtigt würde. Verschlimmert wurde das Ganze durch die Reaktionen auf die in Großbritannien festgestellte neue und als besonders ansteckend beschriebene Corona-Variante, zu deren Eindämmung Frankreich die Grenzen geschlossen und erst in der Nacht zum Mittwoch wieder geöffnet hatte.

"Wir haben uns geeinigt, dass die britisch-französische Grenze am Eurotunnel, Dover und Calais über Weihnachten offen bleiben soll, damit Lastwagenfahrer und Bürger so bald wie möglich nach Hause zurückkehren können", schrieb der britische Verkehrsminister Grant Shapps am Donnerstag auf Twitter. Sein französischer Kollege Jean-Baptiste Djebbari bestätigte die Einigung.

Doch an Heiligabend ist ein Ende des Staus noch lange nicht in Sicht: Tausende Lastwagenfahrer mussten vor dem Ärmelkanal auch an Heiligabend noch im kilometerlangen Stau ausharren.

Vom wichtigen britischen Hafen Dover sowie durch den Eurotunnel können nach Tagen des Stillstands wieder Güter nach Frankreich übersetzen. Da Frankreich jedoch bei der Einreise von jedem Fahrer einen negativen Corona-Test sehen will, müssen Tausende Wartende weiter ausharren – darunter schätzungsweise auch Hunderte aus Deutschland. Weniger als 100 Fahrzeuge hätten am Mittwochabend den Hafen von Dover verlassen, sagte ein Sprecher am Donnerstag.

Französische Feuerwehrleute und britische Kräfte der Armee sollten helfen, möglichst schnell viele Fahrer zu testen. Neben 15 Angehörigen der Feuerwehr und zehn Freiwilligen des Zivilschutzes seien auch 10.000 Corona-Tests über den Ärmelkanal geschickt worden, teilte die Präfektur für die nordfranzösische Region Hauts-de-France am Donnerstag mit.

Auch auf der französischen Seite des Ärmelkanals richtete man sich zudem auf Extraschichten ein: "Der Hafen wird morgen geöffnet sein", kündigte der Chef der Hafenverwaltung von Calais, Jean-Marc Puissesseau, am Donnerstag an, wie die Nachrichtenagentur AFP berichtete. Üblicherweise sei der wichtige Fährhafen an Weihnachten geschlossen. Am Morgen seien zwei Fähren angekommen mit zusammen rund 100 Lastwagen an Bord. Üblicherweise könne eine Fähre mit 120 Lastwagen beladen werden. "Der Verkehr wird von der (Corona-)Testkapazität in Großbritannien abhängen", sagte der Hafenchef.

EU-Verkehrskommissarin Adina Valean gab Frankreich die Schuld an dem Lastwagen-Chaos in Südostengland. "Ich verurteile, dass sich Frankreich gegen unsere Empfehlungen gerichtet und uns wieder in die Situation gebracht hat, in der wir im März waren, als die Lieferketten unterbrochen waren", twitterte Valean in der Nacht zum Donnerstag. Die Kommissarin rief die EU-Mitgliedsstaaten auf, Ruhezeiten zu lockern und Feiertags-Fahrverbote aufzuheben, damit die Fahrer auch an den Weihnachtstagen zu ihren Familien zurückkehren können. Etliche von ihnen hatten bereits mehrere Tage im Stau verbracht, die Nerven lagen blank – teilweise kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei, einige Lkw-Fahrer hatten mit Sicherheitskegeln den Schriftzug "Hilfe" aufgestellt.

Doch auch innerhalb Großbritanniens wurde inmitten der anhaltenden Unsicherheit über den Ausgang der Brexit-Gespräche nicht an gegenseitigen Schuldzuweisungen gespart. Britische Unternehmen haben sich seit Monaten auf Störungen an der Grenze eingestellt. Die britische Regierung hatte bereits früher im Jahr ein "Worst-Case-Szenario" für Störungen an der Grenze nach dem Brexit herausgegeben und vor Schlangen von 7.000 Lkw in der Nähe von Dover und zweitägige Wartezeiten für die Überquerung des Ärmelkanals gewarnt.

Ein leitender Angestellter von Girteka Logistics, Europas größtem Lkw-Unternehmen, sagte Bloomberg News Mitte Dezember, dass die Lkw-Schlangen an der Grenze bis zu 50 Kilometer lang werden könnten, sobald der Brexit in Kraft tritt. Die Unternehmen und die britische Regierung beschuldigten sich gegenseitig, angeblich nicht ausreichend auf die neuen Regeln vorbereitet zu sein, die am 1. Januar in Kraft treten sollen. Die britische Regierung baut riesige neue Lkw-Parkplätze und Zollabfertigungsstellen im Südosten Englands, um die Belastung zu verringern, die meisten davon sind unfertig.

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(dpa/rt)

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