Europa

Ibiza-Affäre: Mutmaßlicher Drahtzieher Julian H. will durch Asylantrag Auslieferung verhindern

Der mutmaßliche Drahtzieher des Ibiza-Videos Julian H. wurde vergangene Woche in Berlin festgenommen. Jetzt steht seine Auslieferung nach Österreich im Raum. Dort befürchtet H. jedoch politische Verfolgung. Für den Fall einer Auslieferung erwägt er einen Asylantrag.
Ibiza-Affäre: Mutmaßlicher Drahtzieher Julian H. will durch Asylantrag Auslieferung verhindernQuelle: Reuters © Leonhard Foeger

Der Polit-Thriller um das Video, das im Jahr 2019 letztlich zum Sturz der österreichischen Regierung geführt hat, geht weiter. In der vergangenen Woche hatten Spezialkräfte der Berliner Polizei den seit über einem Jahr per europäischem Haftbefehl gesuchten Privatdetektiv Julian H. im Berliner Bezirk Pankow aufgegriffen. H. gilt jedenfalls die operative Seite betreffend als mutmaßlicher Drahtzieher des Ibiza-Videos. Er soll im Jahr 2017 die Falle eingefädelt, die Finca auf Ibiza verwanzt und den Lockvogel in Gestalt einer falschen Oligarchennichte beauftragt haben.

Die spätere Veröffentlichung ausgewählter Ausschnitte durch das Nachrichtenmagazin Der Spiegel und die Süddeutsche Zeitung führte in Österreich zum Rücktritt von Vizekanzler Heinz-Christian Strache, dem Sturz der ÖVP-FPÖ-Regierung von Bundeskanzler Sebastian Kurz und zu anschließenden Neuwahlen. Weitere im Sommer dieses Jahres veröffentlichte Ausschnitte aus dem Video entlasteten Strache jedoch. H. war ebenso wie die falsche Oligarchennichte bereits nach Bekanntwerden des Videos untergetaucht und wurde seither polizeilich gesucht.

Nach Aussage von H.s Anwalt Johannes Eisenberg erfolgte die Verhaftung jedoch nicht wegen der mutmaßlichen Beteiligung an der Herstellung und späteren Verbreitung der Aufnahmen. Das Kammergericht habe somit "entgegen entsprechenden Begehrs der österreichischen Behörden keine Verhaftung wegen der Beteiligung des Julian H. im Zusammenhang mit dem Ibiza-Video angeordnet", so Eisenberg gegenüber dem Standard. Denn die Herstellung eines Videos sei weder nach spanischem noch nach deutschem Recht strafbar. Entsprechend halte das Kammergericht eine Auslieferung von H. "wegen dieser Taten nicht für zulässig".

Stattdessen sei die Verhaftung wegen Drogendelikten und einer versuchten Erpressung des früheren österreichischen Vizekanzlers und FPÖ-Chefs Strache über einen Bekannten von H. im Juni 2019 erfolgt. Der Vorwurf der Erpressung Straches ist laut Eisenberg jedoch längst widerlegt. Bezüglich der Suchtmittel geht es konkret um die Abgabe und den Verkauf von insgesamt knapp 2,7 Kilogramm Kokain. H.s Anwalt sprach hier gegenüber dem Standard von "Fake-Vorwürfen". Die Anschuldigungen seien konstruiert. Auch sei sein Mandant zu den Vorwürfen der Betroffenen nie angehört worden. Vor allem aber seien sie nur ein "Vorwand, um seiner habhaft zu werden und sich an ihm für das Ibiza-Video zu rächen".

Nach Ansicht Eisenbergs gebe es daher ein Auslieferungshindernis, da seinem Mandanten H. in Österreich wegen seiner politischen Ansichten Verfolgung oder Strafe drohe. Sollte das Kammergericht jedoch zu einer anderen Einschätzung gelangen und eine Auslieferung an Österreich umgesetzt werden, wolle man das deutsche Bundesverfassungsgericht anrufen und prüfen, ob H. einen Antrag auf politisches Asyl stellen könne, wie der Standard weiter berichtet. In der Sache bezeichnete Eisenberg die Erstellung des Videos als eine "Nothilfemaßnahme zugunsten der Republik Österreich". Auch gebühre nach Auffassung Eisenbergs seinem Mandanten das "Lob der Bundesrepublik Deutschland sowie des freiheitlichen Europas", wie wochenblick.at zu berichten weiß. Gegenüber dem Standard sagte Eisenberg:

"Der Antifaschist H. hat durch seine mutige Tat Heinz-Christian Strache aus der Regierung und von der Machtposition gedrängt und die Regierungsbeteiligung der rechtsradikalen FPÖ zu beenden geholfen. Folge seiner Tat war die Spaltung der FPÖ, die politische Neutralisierung Straches und die Reduzierung der FPÖ auf einstellige Prozentzahlen."

Demnach fühlt sich H. in der Causa Ibiza-Video offenbar eher als Opfer der österreichischen Justiz und betrachtet die mutmaßliche Fallenstellung auf der Mittelmeerinsel womöglich als eine vermeintlich gute Tat. Neben der Erstellung des Videos dürfte zu dem politischen Erdbeben in der Alpenrepublik aber auch die für Strache ungünstige Auswahl der veröffentlichten Passagen durch deutsche Medien entscheidend beigetragen haben. Als in diesem Sommer weitere Passagen veröffentlicht wurden, die eher für eine Entlastung Straches sprachen, war dieses Erdbeben längst vorüber. Strache selbst kommentierte H.s Festnahme auf seiner Facebook-Seite so:

"Ich freue mich über die Festnahme des kriminellen Drahtziehers der Ibiza-Falle (auch nach so langer Zeit) und hoffe nunmehr auf rasche und restlose Aufklärung und auch auf die Aufdeckung der weiteren Mittäter, Auftraggeber und Hintermänner!"

Mehr zum Thema - Ehemaliger FPÖ-Klubobmann Gudenus über Ibiza-Anschuldigungen von HC Strache

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