Europa

Biograf von Boris Johnson: "Merkel ist wahre Schurkin beim Brexit"

Der britische Journalist und Autor Tom Bower vertritt in einem Interview mit dem "Spiegel" eine steile These: Merkel sei letztendlich für den Brexit verantwortlich – weil sie dem damaligen Premier David Cameron in einer entscheidenden Frage nicht entgegengekommen sei.
Biograf von Boris Johnson: "Merkel ist wahre Schurkin beim Brexit"Quelle: AFP © Odd Andersen

Der 74-jährige Journalist und Autor Tom Bower ist vor allem für seine nicht autorisierten Biografien über britische Medien- und Politikgrößen bekannt. So schrieb er bereits Bücher über Robert Maxwell, Richard Branson, Tony Blair, Jeremy Corbyn und Boris Johnson – die Biografie über Letzteren betitelte er übrigens mit "The Gambler" (zu Deutsch etwa: "Der Glücksspieler").

In einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin Spiegel überrascht Bower mit einer provokanten These im Zusammenhang mit dem Brexit: Die deutsche Bundeskanzlerin soll laut Bower letztendlich schuld am Brexit sein. "Die wahre Schurkin in diesem ganzen Brexit-Drama ist Angela Merkel", sagt Bower im Interview. Er sei zwar ein überzeugter Europäer und habe seinerzeit gegen den Brexit gestimmt – doch sein Gefühl sage ihm, dass Merkel letztendlich die Verantwortung für das "Brexit-Drama" trage, betont der Autor.

Als Begründung für seine provokante These nennt Bower einen geplatzten Deal zwischen Merkel und dem damaligen britischen Regierungschef David Cameron:

"Cameron brauchte ein Zugeständnis, vor allem beim Thema Einwanderung, aber er hat keines bekommen. Wäre Merkel ihm entgegengekommen, hätte es den Brexit nie gegeben. Meiner Ansicht nach ist ihre Unnachgiebigkeit verantwortlich für den britischen EU-Austritt", so Bower.

Was Johnsons Wirken betrifft, ist Bower jedoch deutlich bemüht, nicht zu kritisch werden. Der aktuelle britische Premier sei laut Bower jemand, der an den Wert von Bildung glaube und Unternehmergeist befürworte. "Er ist ein Individualist, seine großen Unterstützer waren immer die einfachen Leute, nicht Politiker", so der Autor. Besonders Johnsons Erfolge in seiner Zeit als Londoner Bürgermeister streicht Bower im Interview hervor:

"In diesen acht Jahren hat er eine Rekordzahl an Häusern bauen lassen. Er ist leidenschaftlich für eine bessere Erziehung eingetreten, insbesondere für Kinder der Arbeiterschicht, damit diese bessere Zukunftschancen haben."

Auch das nachweislich lockere Verhältnis von Johnson zur Wahrheit relativiert Bower in dem Interview. "In jeder Wahl machen Kontrahenten falsche Versprechungen", so Bower.
Die falsche Behauptung, Großbritannien überweise der EU jede Woche 350 Millionen Pfund, mit der Johnson im Jahr 2016 während der Brexit-Kampagne hausieren gegangen war, stellt für Bower auch kein größeres Problem dar:

"Zugegeben, das war geflunkert. Trotzdem ist es nicht vergleichbar mit einer Lüge, die dazu gedacht ist, einen Krieg loszutreten. Und in jeder Wahl machen Kontrahenten falsche Versprechungen – das mit den 350 Millionen konnte man glauben oder nicht."

Auch die Zukunft des Premiers sieht Bower rosig. "Wenn er einen Brexit-Deal mit der EU bekommt, und wenn die Corona-Krise im Frühjahr dank der neuen Impfstoffe beendet sein sollte, wird er einmal mehr wiederauferstehen", ist sich Bower sicher. Tatsächlich stehen die Verhandlungen über einen Brexit-Handelspakt zwischen der EU und London kurz vor einer Entscheidung. Auch wenn noch immer unklar sei, ob es zu einer Einigung komme, wie EU-Diplomaten am Mittwoch nach einer Unterrichtung durch ihren Chefunterhändler Michel Barnier mitteilten. Barnier verhandelt seit Tagen wieder mit seinem britischen Kollegen David Frost in London.

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