Kann Sarkozy seinen Kopf aus der Schlinge ziehen? Wendung im Fall um Wahlkampfmillionen Gaddafis
Mitte des vergangenen Monats nahm die französische Staatsanwaltschaft neue Ermittlungen gegen den ehemaligen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy auf. Noch immer steht der Verdacht im Raum, dass Sarkozy Wahlkampfhilfe vom später durch eine NATO-Intervention gestürzten libyschen Staatsoberhaupt Muammar al-Gaddafi erhielt. Die Anschuldigungen wurden erstmals im Jahr 2011 von Saif al-Islam Gaddafi erhoben, einem der Söhne des libyschen "Machthabers".
Im Skandal um die mutmaßliche Wahlkampfhilfe aus Tripolis wird nun formell wegen Mitgliedschaft in einer "kriminellen Vereinigung" gegen Sarkozy ermittelt. Zuvor war er über vier Tage hinweg mehr als 40 Stunden lang befragt worden. Die neuen Ermittlungen sind ein weiterer herber Schlag für den ehemals schillernden Staatspräsidenten der Französischen Republik, der die Vorwürfe gegen ihn stets von sich gewiesen hatte.
Bereits 2018 hatte die französische Justiz ein Ermittlungsverfahren gegen den französischen Politiker eingeleitet, der sich im November 2016 vergeblich um eine erneute Kandidatur für das Präsidentenamt beworben hatte. "Passive Korruption", "Vorteilsnahme durch Veruntreuung öffentlicher Gelder" und "illegale Wahlkampffinanzierung" lauteten die gegen Sarkozy erhobenen Vorwürfe.
Gegenstand einer "formellen Untersuchung" zu sein, ist in Frankreich ein Indiz dafür, dass die Richter der Ansicht sind, dass genügend Beweise für Fehlverhalten vorliegen, um die Untersuchung möglicherweise vor Gericht fortzusetzen.
Zusätzliche Brisanz erhielt der mutmaßliche Skandal, als der französisch-libanesische Geschäftsmann Ziad Takieddine 2016 erklärte, er habe zwischen 2006 und 2007 drei Koffer mit insgesamt fünf Millionen Euro aus der libyschen Staatskasse an Sarkozys ehemaligen Stabschef und Wahlkampfleiter Claude Guéant übergeben.
Das Verhältnis Sarkozys zum ehemaligen libyschen Staatsoberhaupt wird gerne als "komplex" beschrieben. Kurze Zeit nach seiner Wiederwahl zum Präsidenten lud er Gaddafi zu einem pompösen Staatsbesuch nach Paris ein. Dann setzte Sarkozy Frankreich 2011 an die Spitze der von der NATO geführten Luftangriffe gegen die Truppen Gaddafis. Dies versetzte eine Ansammlung dubioser islamistischer "Rebellen" in die Lage, die libysche Regierung zu stürzen.
Nun erhält Sarkozy in einer unerwarteten Wendung ausgerechnet von Geschäftsmann Takieddine Schützenhilfe.
Ich erkläre laut und deutlich: Der Magistrat wollte es wirklich so drehen, wie es ihm passte, und ließ mich Dinge sagen, die völlig im Widerspruch zu dem stehen, was ich gesagt habe", lautete die Aussage des 70-Jährigen in einer nun veröffentlichten Videobotschaft.
— Nicolas Sarkozy (@NicolasSarkozy) November 11, 2020
Der Franzose libanesischer Abstammung ergänzte:
Es gab keine Finanzierung von Sarkozys Wahlkampf.
Sarkozy verlor keine Zeit, um den mutmaßlichen Rückzieher des windigen Takieddine aufzugreifen.
Siebeneinhalb Jahre lang hat die Untersuchung nicht den geringsten Beweis für irgendeine illegale Finanzierung entdeckt. Der wichtigste Zeuge erkennt seine Lügen an. Er hat mir nie Geld gegeben, es gab 2007 nie eine illegale Finanzierung meiner Kampagne", erklärte er auf Facebook.
Jetzt wolle er, dass seine Anwälte die Einstellung des Verfahrens gegen ihn erwirken und Takieddine wegen Verleumdung verklagen.
Als ausgebildeter Jurist hatte sich Sarkozy zudem bereits zuvor auf die Immunität des Präsidenten berufen und argumentiert, dass es in Frankreich keine rechtliche Grundlage gibt, um jemanden wegen des Missbrauchs von Geldern aus einem fremden Land strafrechtlich zu verfolgen.
Die juristischen Ermittlungen gegen Sarkozy gehen auf das Jahr 2012 zurück. Damals veröffentlichte die investigative Webseite Mediapart ein Dokument, das mutmaßlich den Nachweis führte, dass Sarkozy bis zu 50 Millionen Euro zu Wahlkampfzwecken von Gaddafi erhalten habe.
Zu der Litanei juristischer Anschuldigungen gegen Sarkozy zählt ferner die sogenannte Bygmalion-Affäre, wonach Führungskräfte der PR-Firma Bygmalion gefälschte Rechnungen erstellten, um die überhöhten Ausgaben für Sarkozys gescheiterten Wahlkampf 2012 zu verschleiern.
In einem weiteren Fall habe er versucht, von einem Richter geheime Informationen über eine Untersuchung zu erhalten. Untersucht wurde, ob Sarkozy illegale Zahlungen von L'Oréal-Erbin Liliane Bettencourt für seinen Präsidentschaftswahlkampf 2007 annahm.
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