Europa

EU über türkisches Beitrittsgesuch: "Gespräche praktisch zum Stillstand gekommen"

Die Unfähigkeit der Türkei, die Demokratie aufrechtzuerhalten und die Menschenrechte zu schützen, stellen noch immer ein Hindernis für eine EU-Mitgliedschaft dar, so die EU-Kommission in einem Bericht. Ankara kritisierte die Erklärung als "alles andere als konstruktiv".
EU über türkisches Beitrittsgesuch: "Gespräche praktisch zum Stillstand gekommen"Quelle: Reuters © John Thys

Am Dienstag veröffentlichte die Europäische Kommission ihren Jahresbericht über die Türkei und warnte in einer Zusammenfassung, dass "die Beitrittsverhandlungen praktisch zum Stillstand gekommen sind". Der kritische, 115 Seiten starke "Türkei 2020-Bericht" wurde am Dienstag veröffentlicht, inmitten der Spannung zwischen Ankara und Athen aufgrund der Lage im östlichen Mittelmeer. In der Zusammenfassung des Berichts heißt es:

Die Türkei hat sich weiter von der Europäischen Union entfernt, wobei es in den Bereichen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Grundrechte und Unabhängigkeit der Justiz zu ernsthaften Rückschritten gekommen ist.

Die Veröffentlichung umfasst ernsthafte Kritik an dem NATO-Verbündeten, der im Jahr 2005 Verhandlungen über eine EU-Mitgliedschaft aufgenommen hatte.

Ankara antwortete Brüssel, dass der Bericht der Kommission den voreingenommenen, keineswegs konstruktiven Ansatz der EU widerspiegele. Dort werde mit zweierlei Maß gemessen, hieß es. Das türkische Außenministerium erklärte:

Unser aufrichtiger Wunsch ist es, dass der EU-Beitrittskandidat Türkei nicht durch die engen und egoistischen Interessen einiger Kreise betrachtet wird, sondern vielmehr durch die größeren und gemeinsamen Interessen unseres Kontinents, die gemeinsame Vision.

In ihrem Bericht hob die EU-Kommission ihre erheblichen Bedenken über das harte Vorgehen der Türkei gegen Bürgermeister im mehrheitlich kurdischen Südosten des Landes wegen ihrer angeblichen Mitgliedschaft in der militanten Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) hervor.

Brüssel betonte, dass die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdoğan mit diesem Schritt "der Demokratie dort ernsthaft geschadet" habe, indem "gewählte Bürgermeister im Südosten des Landes gewaltsam entlassen und durch von der Regierung ernannte Kuratoren ersetzt" worden seien.

Die EU führte Ankaras Umgang mit dem gescheiterten Militärputsch vor vier Jahren auch als Grund für die sich verschlechternden Beziehungen an. In seiner Kritik würdigte der Bericht jedoch auch die Rolle der Türkei bei der Unterbringung von Millionen von Flüchtlingen, die vor dem Bürgerkrieg in Syrien geflohen sind. Man hob hervor, dass Ankara "weiterhin mehr als vier Millionen Flüchtlingen, von denen 3,6 Millionen aus Syrien stammen, substanzielle Hilfe leistet".

Als größter ausländischer Investor in der Türkei ermutigte die EU Ankara kürzlich zur Aufnahme eines Dialogs mit Zypern mit dem Ziel, die Spannungen in den umstrittenen Gebieten des östlichen Mittelmeers abzubauen.

Brüssel wies darauf hin, dass die Türkei "weiterhin illegale Aktivitäten" in dem Gebiet betreibe, und bezeichnete das Verhalten als provokativ und aggressiv. Zypern drängt auf Sanktionen gegen die Türkei, falls Ankara die Öl- und Gasbohrungen in dem ressourcenreichen Meer nicht einstellt.

In einem Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte Erdoğan laut dem türkischen Außenministerium, "dass die EU trotz des gut gemeinten Vorgehens der Türkei dem Druck und der Erpressung der griechischen Zyprioten und Griechenlands erlegen sei".

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