Putin trifft Lukaschenko in Sotschi: "Weiterhin legitimer Präsident Weißrusslands"
Schon am Beginn des Gesprächstreffens von Wladimir Putin mit Alexander Lukaschenko in Sotschi am Montag kündigte Russlands Präsident einen Kredit in Höhe von umgerechnet 1,26 Milliarden Euro an, den man Weißrussland zu verschiedenen Zwecken gewähren wird. Hierzu zählt die Refinanzierung von Schulden aus älteren Verträgen.
Dieser angekündigte Zweck mag unspektakulär anmuten, aber angesichts einer Verschuldung in Höhe von umgerechnet gut 15 Milliarden Euro ist die Wichtigkeit dieses Schrittes keineswegs gering: Immerhin änderte zum Beispiel die internationale Kredit-Ratingagentur Standard & Poor’s erst in der vorigen Woche ihre Prognose zum Kredit-Bewertung Weißrusslands von "stabil" zu "negativ", schrieb die russische Zeitung Kommersant. Damit kommt solche Unterstützung durchaus zur rechten Zeit. Noch Ende August war von lediglich umgerechnet 840 Millionen Euro die Rede – das heißt, die Summe ist um etwa 50 Prozent gewachsen: Ein Anzeichen dafür, dass Russland es mit der Unterstützung seines Partnerstaates in der Russisch-Weißrussischen Union durchaus ernst meint.
Die Internetzeitung Gazeta.ruzitiert den Wladimir Putin zu dieser Sache:
Wir haben vereinbart, dass Russland in dieser schweren Zeit Weißrussland einen Staatskredit in Höhe von 1,5 Milliarden US-Dollar gewährt, und dies werden wir auch umsetzen. Soweit mir bekannt, führen unsere Finanzminister bereits die fachlichen Arbeiten hierfür durch.
Schon die Ankündigung dieses Kredits soll sich nach Hoffnung des russischen Präsidenten nicht zuletzt auch positiv auf die Lage auf den Finanzmärkten auswirken, gibt TASS die Äußerung Putins wieder.
Eine Refinanzierung der Schulden in der angekündigten Höhe vermag die weißrussische Wirtschaft zumindest auf kurze Sicht in der Tat entlasten – für das laufende Jahr ergeben sich für Weißrussland aus seinen aufgenommenen Krediten Zahlungsverpflichtungen von umgerechnet gut 3 Milliarden Euro, knapp 1,7 Milliarden davon sind bereits bezahlt.
Kommersantzitiert Dmitri Peskow, den Pressesprecher des russischen Präsidenten:
Der Kredit wird, wie auch früher schon, nicht Präsident Lukaschenko gewährt, sondern Weißrussland – unserem großen Verbündeten, einem unserer Bruderländer. Russland unterstützte früher die weißrussische Wirtschaft und wird sie auch weiterhin unterstützen. Anders kann es gar nicht sein. Dabei ist es wichtig anzumerken, dass dies keineswegs als Einmischung in innere Angelegenheiten ausgelegt werden kann.
Seinerseits signalisierte der weißrussische Präsident die Bereitschaft zu engerer Zusammenarbeit – auch und gerade im wirtschaftlichen Bereich. Hier sei daran erinnert, dass in Vergangenheit gerade im wirtschaftlichen Bereich mehrfach Streitigkeiten zwischen den beiden Unionsstaaten aufkamen, etwa wegen zeitweiser russischer Importsperrenfür Agrarerzeugnisse aus Weißrussland oder wegen Erdgas- und Erdöllieferungen.
Dies soll in Zukunft deutlich anders werden, betonte Lukaschenko:
Die Wirtschaft ist Grundlage für alles – und glauben Sie mir, daran haben wir uns stets gehalten. Diese [aktuellen] Geschehnisse aber haben uns gezeigt, dass wir uns an unseren älteren Bruder enger halten und mit ihm enger zusammenarbeiten sollten – in allen Belangen, darunter auch der Wirtschaft.
Lukaschenko weiterhin als legitimer Präsident Weißrusslands anerkannt
So standen denn auch Erklärungen beider Staatschefs sowie ihrer Sprecher nach Abschluss des Treffens im Zeichen der Vertiefung der Zusammenarbeit und gegenseitiger Unterstützung.
Vor allem denkt man im Kreml gar nicht daran, von der Anerkennung der Legitimität Lukaschenkos als Staatschef Weißrusslands abzurücken. Dies steht natürlich im absoluten Gegensatz zu den westlichen Regierungen, von denen einige mit der Anerkennung (als "Wahlsiegerin") seiner Mitbewerberin bei den Präsidentschaftswahlen im August, Swetlana Tichanowskaja, bereits einen europäischen Guaidó aufzubauen versuchen. Dmitri Peskow betonte:
Herr Lukaschenko ist der legitime Präsident Weißrusslands und somit der Gesprächspartner in [unseren] zwischenstaatlichen Beziehungen.
Sicherheit im Unionsstaat, Sicherheit im Kollektiv
Wladimir Putin selbst befand es für wichtig, im Laufe des Treffens den Sicherheitsaspekt der Beziehungen Russlands mit Weißrussland zu unterstreichen:
Russland bleibt allen unseren gemeinsamen Vereinbarungen verpflichtet – einschließlich der Vereinbarungen, die aus dem Unionsvertrag und aus [der Mitgliedschaft in] der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit. Wir betrachten Weißrussland als unseren engsten Verbündeten und werden bedingungslos alle von uns übernommenen Verpflichtungen erfüllen.
Damit unterstrich Russlands Staatschef die bereits Ende August dieses Jahres – gerade in Bezug auf diese sicherheitsrelevanten Verpflichtungen – bekräftigte Treue.
Für die Unterstützung im Sicherheitsbereich bedankte sich Lukaschenko:
Ich will mich bedanken: Sie haben gezeigt, dass Weißrusslands Grenzen auch Grenzen des Unionsstaates sind – und niemand darf dort mit den Waffen rasseln.
Mit dieser Erklärung verwies auch der weißrussische Staatschef auf die Ankündigungen Russlands zur Vertragstreue im Sicherheitsbereich – aber ebenso auf die seit dem 14. September auf weißrussischem Boden laufenden Truppenübungen "Slawjanskoje Bratstwo-2020" gemeinsam mit Russland, schreibt TASS.
Nicht zuletzt ist aber auch die Reserve an Sicherheitskräften und Einheiten der Nationalen Garde gemeint, die Russland in Weißrussland an der Westgrenze des Landes aufbot: Allem Anschein nach hat sie ihre Funktion zur Stabilisierung der Lage bereits soweit erfüllt, dass die betreffenden Einheiten auch schon wieder an die Orte ihrer ständigen Dislozierung zurückverlegt werden können. Den Abzug beschlossen die beiden Staatschefs nämlich im Rahmen des Gesprächs in Sotschi; diese Reserven waren ausschließlich für den Fall vorgesehen, dass die Situation eskaliert und außer Kontrolle gerät, erinnertKommersant.
Dementsprechend haben Behauptungen über Absichten zur Einrichtung russischer Militärstützpunkte in Weißrussland "keinerlei Bezug zur Wirklichkeit", so RIA Nowosti mit Verweis auf Putins Pressesprecher Peskow. Mehr noch, derartige Fragen wurden im Laufe des Treffens gar nicht diskutiert.
Putin betonte seinerseits, dass auch Weißrussland für Russland von hoher Sicherheitsrelevanz ist, und das nicht nur geopolitisch oder als militärischer Verbündeter: Ihm zufolge werden die beiden Staaten vor allem im Bereich der Rüstungsindustrie ihre Zusammenarbeit fortsetzen, die sich aktuell weitumfassend darstellt – "und zwar in ziemlich sensiblen Bereichen".
Stabilisierung durch Ankurbelung des gemeinsamen Handels
Für die Sicherheit gilt es aber auch zu sorgen, indem Stabilität geschaffen wird – daran, wie wichtig dies ist, wurde der weißrussische Präsident ja nun aus erster Hand durch die Geschehnisse der letzten Monate erinnert. Die wirtschaftliche Lage soll nicht nur durch den oben genannten Kredit, sondern durch das Ankurbeln des Handels zwischen den beiden Unionsstaaten stabilisiert werden: Konstruktiv sei etwa die Besprechung über die Energieträgerlieferungen gelaufen, doch das Wichtigste sei jetzt die Erhöhung des Warenumsatzes, schreibt RIA Nowosti mit Verweis auf Kremlsprecher Dmitri Peskow. Überhaupt:
Die Präsidenten haben vorrangig die […] Kooperation im Bereich Wirtschaft und Handel besprochen.
Kooperation in einem weiteren Bereich war ebenfalls Thema beim Gesprächstreffen in Sotschi: Weißrussland wird aktiv an der Phase 3 der klinischen Erprobung des russischen Coronavirus-Impfstoffes "Sputnik V" teilnehmen. Peskow dazu:
Putin gab entsprechende Anordnungen zur Vorbereitung der ersten Liefercharge, die für Weißrussland bestimmt ist.
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