Syrien: Sechs türkische Soldaten bei Beschuss durch syrische Armee getötet – Ankara übt Vergeltung
In einer Erklärung des türkischen Verteidigungsministeriums vom Montag heißt es, eigene Streitkräfte seien in Idlib unter "heftigen Artilleriebeschuss" geraten. Dabei sollen nach gegenwärtigem Stand sechs türkische Soldaten getötet worden sein – zunächst war die Rede von vier Soldaten. Neun weitere Soldaten seien bei dem Beschuss verletzt worden, für den Ankara das syrische Militär verantwortlich macht.
Laut dem Ministerium hat das türkische Militär als Vergeltungsmaßnahme verschiedene, nicht näher genannte Ziele in Syrien zerstört. Der Vorfall ereignete sich kurz nachdem ein großer türkischer Militärkonvoi am Sonntag die syrische Grenze in Richtung Idlib passiert hatte, um laut Ankara einen Beobachtungsposten zu verstärken, der zur Überwachung einer Waffenruhe eingerichtet wurde. Aufnahmen des Konvois wurden von türkischen Medien verbreitet:
A Turkish military convoy moves into opposition-held areas of northwest Syria, witnesses say pic.twitter.com/tOIHGen1FX
— TRT World Now (@TRTWorldNow) February 3, 2020
Nach Angaben des türkischen Verteidigungsministeriums wurde das syrische Militär beziehungsweise dessen russischer Partner im Voraus über den Konvoi informiert.
Erdoğan: Dutzende syrische Soldaten bei Vergeltung "neutralisiert"
Zuvor hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan Damaskus vor einer Fortsetzung der Offensive in Idlib gewarnt und erklärt, es lägen alle Optionen auf dem Tisch, "einschließlich der Anwendung militärischer Gewalt". Nach dem Tod der sechs türkischen Soldaten kündigte Erdoğan an, weiterhin schwere Vergeltungsmaßnahmen für alle Angriffe auf türkische Streitkräfte in Idlib zu ergreifen.
"Wir haben auf diese Angriffe in gleicher Weise reagiert und werden dies auch weiterhin tun, sei es mit unserer Artillerie oder mit Mörsern", sagte Erdoğan am Montag vor Reportern in Istanbul.
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Laut dem Präsidenten haben türkische Schwerhaubitzen und F-16-Kampfjets etwa 40 Ziele in Syrien angegriffen und dabei zwischen 30 und 35 Soldaten der syrischen Armee "neutralisiert". Für Erdoğans Angaben gibt es bislang aber keine Bestätigung. Er erklärte zudem, dass die Türkei weiterhin das Militär einsetzen werde, um die "Sicherheit" in Idlib aufrechtzuerhalten.
"Diejenigen, die unsere Entschlossenheit in Frage stellen, werden bald verstehen, dass sie einen Fehler gemacht haben", so der Präsident.
Nach Informationen der Daily Sabah wurden türkische Spezialkräfte entlang der Grenze zu Syrien stationiert.
Moskau widerspricht Ankara: Es gab keine Vorabinformationen
Moskau widerspricht jedoch der Darstellung Ankaras. Demnach hatte das syrische Militär keine Kenntnisse von der Bewegung des türkischen Konvois, der somit versehentlich beschossen worden sei.
Einheiten des türkischen Militärs bewegten sich in der Nacht vom 2. auf den 3. Februar innerhalb der Deeskalationszone von Idlib, ohne die russische Seite zu informieren, und gerieten unter das Feuer der syrischen Regierungstruppen, die auf Terroristen westlich von Saraqib zielten", erklärte das russische Zentrum für die Versöhnung der Konfliktparteien in Syrien am Montag.
In der Erklärung wird betont, dass es etablierte Kommunikationslinien zwischen den russischen Streitkräften in Syrien und dem türkischen Kommando gibt. Auch wird der Behauptung widersprochen, dass türkische Kampfjets nach dem Vorfall in den syrischen Luftraum eingedrungen waren, um Vergeltungsaktionen durchzuführen.
Die Flugzeuge der türkischen Luftwaffe haben die Grenzen Syriens nicht überquert, es wurden keine Luftangriffe auf Stellungen der syrischen Truppen registriert", heißt es in der Erklärung.
Der Luftraum in der syrischen Region wird vom russischen Militär überwacht. Der Sprecher der türkischen Regierungspartei AKP Ömer Çelik bekräftigte jedoch, dass die russischen Stellen von dem türkischen Militärtransport unterrichtet gewesen seien.
Die Provinz Idlib ist die letzte Hochburg islamistischer Kämpfer in Syrien. Stärkste Kraft dort ist die Al-Qaida nahestehende Terrororganisation Hai'at Tahrir asch-Scham (HTS, ehemals "Nusra-Front"). Innerhalb der Provinz gibt es eine ausgewiesene "Deeskalationszone", die von Russland, der Türkei und dem Iran im Rahmen des sogenannten Astana-Prozesses vereinbart wurde. Die Türkei, die einen großen Einfluss auf viele der Aufständischen in Idlib ausübt, soll dafür sorgen, dass diese eine Waffenruhe einhalten.
Praktisch haben die Kämpfe aber nie ganz aufgehört. Dschihadistische Gruppen wie HTS haben kein Interesse an einer Deeskalation und starten regelmäßig Angriffe auf die syrische Armee. Diese versucht gegenwärtig, die Kontrolle über die Provinz nach und nach zurückzuerlangen. Ankara befürchtet, dass die Operationen des syrischen Militärs in Idlib der Türkei eine neue Flüchtlingswelle bescheren könnten.
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