Westliche PR-Hilfe, Geld für die UNO: Wie Saudi-Arabien seinen Krieg im Jemen einparfümiert
von Ali Özkök
Das investigative Nachrichtenportal IRIN, das 1995 als UN-Informationsdienst gegründet wurde, hat im Rahmen einer Recherche Details über eine neue Image-Kampagne Riads hervorgebracht. Dabei bringt IRIN die autoritäre Führung des arabischen Landes mit fragwürdigen westlichen PR-Agenturen in Verbindung, die saudische Kriegsziele für die europäische und US-amerikanische Öffentlichkeit reinwaschen sollen.
Ende letzten Monats kündigten Saudi-Arabien und dessen Verbündete eine neue "Operation" an. Diese Initiative soll mit Milliarden von US-Dollar für die Linderung des Leidens im Jemen sorgen. Menschenrechtsorganisationen beschreiben die Lage dort als größte humanitäre Krise der Welt.
Der saudische Plan, der unter dem Sammelbegriff "Yemen Comprehensive Humanitarian Operations" (YCHO) bekannt ist, verspricht 1,5 Milliarden US-Dollar an "neuen humanitären Mitteln für die Verteilung über UN-Organisationen und internationale Hilfsorganisationen" sowie die Einrichtung von sicheren Durchgangskorridoren, um Hilfe zu leisten. Außerdem sollen verbesserte Kapazitäten in koalitionskontrollierten Häfen und regelmäßige Flüge humanitärer Hilfe in die Region von Marib sichergestellt werden, die von der Saudi-geführten Koalition kontrolliert werden.
Diese "Soft Power"-Initiative schließt auch die zwei Milliarden US-Dollar ein, die Saudi-Arabien vor kurzem der Zentralbank des Jemens zugesagt hatte, um die kollabierende Währung abzustützen.
Bemerkenswert ist, dass der Plan Forderungen der UN ablehnt, eine Blockade des Hafens von al-Hodeidah aufzuheben, einer lebenswichtigen Versorgungslinie für die Zivilbevölkerung im bevölkerungsreichen Norden des arabischen Landes. Diese Region halten die pro-iranischen Huthis, die Saudi-Arabien bekämpft. Stattdessen schlagen die Saudis vor, den gesamten Frachtfluss in die Stadt zu reduzieren und stattdessen die Importe in Saudi-kontrollierte Gebiete zu erhöhen. Diese Entwicklung würde einem schweren Schlag für die Machtbasis der Huthis gleichkommen.
Genaue Details darüber, wie Saudi-Arabien auf diese Weise Hunderttausenden von gefährdeten jemenitischen Zivilisten helfen will – vor allem in den von Rebellen kontrollierten Gebieten – sind unklar. Jedenfalls investiert Riad große Summen darin, dass die westliche Welt, wo sich zuletzt immer mehr Kritik am saudischen Jemen-Krieg geregt hatte, ihm die Story von der humanitären Hilfe abkauft. IRIN konnte in diesem Zusammenhang einige Hintergründe über die Abläufe der saudischen PR-Kampagne in den USA und Großbritannien offenlegen.
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Berater und PR-Firmen mit Sitz in Großbritannien und den USA, darunter das US-Verteidigungsunternehmen Booz Allen Hamilton, waren an der Erstellung und Vermarktung der saudischen Initiative "Yemen Comprehensive Humanitarian Operations" beteiligt. Die "Operation" wird laut der englischsprachigen Nachrichtenseite Arabia Now, die von der saudischen Botschaft in den USA finanziert wird, unter dem Schlagwort "Anti-Terrorismus" gelistet.
PR-Firmen machen Stimmung bei den Vereinten Nationen
IRIN deckte in diesem Zusammenhang auf, wie tief der Arm Saudi-Arabiens beispielsweise in die Vereinten Nationen reicht und wie leicht sich UN-Beamte von den PR-Taktiken der autokratischen Monarchie beeinflussen lassen.
Zwei hochrangige Quellen in der UNO berichteten IRIN, dass sie über die Einzelheiten von YCHO zuerst aus einer PowerPoint-Präsentation erfuhren - damals noch "work in progress", so eine der Quellen. In einer PDF-Datei der Präsentation, die ausschließlich IRIN vorliegt und als "vertraulich zur Diskussion" gekennzeichnet wurde, wird eine Person unter dem Namen "Nahas, Nicholas [USA]" als Autor aufgeführt.
Die Spur der Person führt direkt zu einem der berüchtigten Technologie-Beratungsunternehmen des US-Verteidigungsministeriums. Nahas scheint ein Angestellter von Booz Allen Hamilton zu sein, das 35 Stellenangebote in Riad auf seiner Webseite listet, darunter solche für "Militär-Planer". Dabei handelt es sich um eine Rolle, die gemäß IRIN dazu verpflichtet,
militärische und planerische Beratung und Expertise bereitzustellen, um die Koordination von gemeinsamen Gegenangriffsoperationen der Koalitionsmitgliedsstaaten zu unterstützen und die Ressourcenbeschaffung zu erleichtern, um Operationen zu ermöglichen.
Nach PowerPoint-Präsentationen, denen Gespräche mit hochrangigen UN-Vertretern, Spendern und Diplomaten folgten, wurden Pressemitteilungen, einschließlich detaillierter Karten und Infografiken, an Journalisten verschickt. Diese Aufgabe übernahm der Pagefield Global Counsel, einer von mehreren Nachfolgern der in wirtschaftliche Turbulenzen geratenen britischen PR-Firma Bell Pottinger. Der britische Lord Timothy Bell, der die ehemalige Premierministerin Margaret Thatcher in Medienangelegenheiten beriet, war Mitbegründer von Bell Pottinger.
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Metadaten in der Pressemitteilung legen zudem nahe, dass noch eine weitere Firma an der PR-Offensive Saudi-Arabiens beteiligt ist. Die Dienstleistungen der PR-Firma MSLGROUP für Saudi-Arabien umfassen Web- und Social-Media-Inhalte sowie Kontakte zu rund 60 US-amerikanischen Journalisten, die sich auf den Jemen fokussiert haben. IRIN beschreibt MSLGROUP als eine von mehreren PR-Firmen und Subunternehmern, die von Saudi-Arabien beauftragt wurden, sie in den Vereinigten Staaten zu vertreten. Das Unternehmen, eine Tochtergesellschaft des französischen PR-Giganten Publicis, verbuchte allein dank der saudischen Botschaft in den USA über einen Zeitraum von 12 Monaten bis September 2017 einen Umsatz von mehr als sechs Millionen US-Dollar.
Bei genauerem Hinsehen auf der Webseite yemenplan.org, quasi des Internetauftritts von YCHO, wird deutlich, dass das Engagement der MSLGROUP für die saudische Führung kein Geheimnis ist. Auf der Seite heißt es:
Diese Inhalte werden von der Qorvis MSLGROUP im Auftrag der Botschaft des Königreichs Saudi-Arabien verbreitet. Weitere Informationen erhalten Sie beim Justizministerium, Washington, D.C.
Die PR-Agentur arbeitet schon länger mit der saudischen Monarchie zusammen. 2016 verbreitete MSLGROUP einen Artikel des saudischen Außenministers Adel bin Ahmed al-Jubeir, der die Hinrichtung von 47 Menschen an einem Tag - darunter der schiitische Religionsführer Nimr al-Nimr - als "Kampf gegen den Terrorismus" rechtfertigte.
Zusätzlich zu den Pressemitteilungen, der PowerPoint-Präsentation und der Webseite lieferte die Botschaft von Saudi-Arabien letzte Woche auch ein Package mit Informationen über den Plan an die Büros der großen NGOs in Großbritannien sowie an Mitglieder des britischen Parlaments.
Interessant in diesem Zusammenhang ist, das IRIN davon ausgeht, dass der Twitter-Account von YCHO, der über 10.000 Follower hat, mutmaßlich mithilfe von Bots aufgewertet wurde, um auf diese Weise eine größere Legitimität für das Projekt zu suggerieren. Der Analytiker Marc Owen Jones, ein Dozent für Geschichte am Persischen Golf an der Universität von Exeter, der das Thema der Bot-Nutzung erforscht hat, sagte IRIN:
Frühere Studien haben gezeigt, dass die Verwendung von Twitter-Bots und gefälschten Anhängern in Saudi-Arabien besonders häufig ist. An bestimmten Tagen stammen bis zu 50 Prozent der Tweets, die den Hashtag #Saudi verwenden, von gefälschten (Bot-)Accounts.
Propaganda-Ausflüge in ein Kriegsgebiet
Die PR-Firma Pagefield organisierte für Saudi-Arabien auch Reisen für ausgewählte Journalisten in den Jemen. Diese sollten sich aus erster Hand von der humanitären Hilfsbereitschaft Riads beeindrucken lassen.
Ein kürzlich veröffentlichter CNN-Bericht zeigt, wie Kisten mit Hilfsgütern von einem Lastwagen entladen werden. Sie tragen die Aufschrift "Königreich Saudi-Arabien" und das Logo des King Salman Humanitarian Aid & Relief Centre. Ähnliche Szenen können auch auf der YCHO-Webseite angesehen werden.
Der Jemen war schon immer arm und verlässt sich seit langem auf die Hilfe seines wohlhabenden nördlichen Nachbarn", heißt es im Begleittext.
In einem separaten Kurzfilm aus dem Jemen erklärt CNN, dass das saudische Militär das CNN-Team in das Land geflogen hat.
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Ende letzten Jahres berichtete die Financial Times, dass Riad beabsichtigt, PR-Zentren in Europa und Asien einzurichten, um sein globales Image zu verbessern. Ein Menschenrechtsexperte am Persischen Golf, der namentlich nicht genannt wurde, sagte IRIN, dass es so viele PR-Firmen im Westen gibt, die für Saudi-Arabien und dessen Nachbarn arbeiten, dass es "wie das Spielen von Whac-a-Mole" sei, den Überblick zu behalten.
Farea al-Muslimi, Vorsitzende und Mitbegründerin der Denkfabrik des Sanaa-Zentrum für Strategische Studien, sagte IRIN, es sei keine Überraschung, dass Saudi-Arabien externe Hilfe zur Vorbereitung und Förderung seines "humanitären Projekts" in Anspruch genommen hat.
Sie haben sich immer auf diese PR-Firmen verlassen", sagte al-Muslimi über die al-Saud-Herrscherfamilie. Aber "egal wie kreativ sie sind, egal wie viel Geld sie ausgeben [für Hilfe], es ist ein Tropfen im Meer einer schrecklichen Realität... bis dieser Krieg vorbei ist, bleibt jede PR-Maßnahme [nichts weiter als] ein kostspieliger Schadenskontrollprozess."
Saudi-Arabien und seine Verbündeten kämpfen seit März 2015 gegen die Huthis in einem blutigen Krieg, der tausende Zivilisten getötet und Millionen von Menschen dem Hungertod nahegebracht hat.
Saudi-Arabien verfolge eine Strategie des "Erst Bomben, dann Aufbauen", kritisiert IRIN. Weniger als ein Jahr nach Kriegsbeginn und kurz nach der Eröffnung eines neuen Zentrums zur weltweiten Koordinierung seiner humanitären Bemühungen namens "König Salman Zentrum für Humanitäre Hilfe" (KSC) spendete das Königreich 274 Millionen US-Dollar für einen Hilfsaufruf der UN zugunsten des Jemen. Seit 2015 hat Riad eigenen Angaben zufolge über 8 Milliarden US-Dollar in verschiedenen Formen der Unterstützung für den Jemen ausgegeben. Die Summe jener humanitären Spenden, die seit 2015 im UN-Tracking-System erfasst wurden, beläuft sich auf 865 Millionen US-Dollar. Die gesamten Zuwendungen summieren sich auf 6,28 Milliarden US-Dollar.
Die meisten Hilfsorganisationen nehmen saudisches Geld an, wie IRIN erklärt, solange ihnen nicht gesagt wird, wo und wie sie es ausgeben sollen. Für Farea al-Muslimi dienen die Spenden hauptsächlich einem Zweck, nämlich gute Presse für Saudi-Arabien zu generieren, zitiert IRIN.
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