Nahost

Türkei startet Luft- und Bodenoffensive gegen Kurden-Miliz in Syriens Afrin-Region

Türkische Kampfflugzeuge haben kurdische Ziele im Afrin-Kanton Syriens bombardiert, berichtet ein hoher türkischer Beamter. Türkisch unterstützte syrische Rebellen haben ebenfalls begonnen, in das Gebiet einzudringen, berichten staatliche Medien. RT Deutsch sprach mit mehreren Sicherheitsexperten.
Türkei startet Luft- und Bodenoffensive gegen Kurden-Miliz in Syriens Afrin-RegionQuelle: Reuters

von Ali Özkök

Die von den USA unterstützten Demokratischen Kräfte Syriens (SDF), die von der Kurden-Miliz YPG angeführt werden, haben der Türkei inzwischen vorgeworfen, die grenzüberschreitende Beschießung als Vorwand für eine Offensive in Syrien zu benutzen. Die SDF sagte, sie habe keine andere Wahl, als sich im Falle eines Angriffs zu verteidigen. Die Kurden-dominierte Miliz kontrolliert rund ein Viertel Syriens und fast die Hälfte aller Öl- und Gasreserven des Landes.

In den sozialen Medien kursieren Bilder und Videos von den türkischen Luftangriffen gegen die YPG-Miliz im Kurden-Kanton Afrin.

"TSK (Türkische Streitkräfte) hat mit Luftoperationen begonnen", sagte Premierminister Binali Yildirim auf einem Parteikongress am Samstag, wie von der türkischen Tageszeitung Hürriyet zitiert. Yildirim sagte, dass acht F-16-Flugzeuge in den ersten Luftangriff involviert waren.

Der türkische Fernsehsender Habertürk erklärte, dass die türkische Militärführung ihre Offensive auf Afrin "Olivenzweig" nennt. Türkische Sicherheitsquellen, die namentlich nicht genannt werden wollen, gaben gegenüber RT Deutsch an, dass zwischen 40 und 50 Kampfflugzeuge an der Bombardierung teilnehmen.

Russlands Außenministerium erklärte, dass Moskau die Situation aufmerksam verfolgt und Bedenken über die jüngsten Entwicklungen in der Region anführt. In der Erklärung des Ministeriums wurden alle Konfliktparteien aufgefordert, Zurückhaltung zu üben. Das Ministerium ergänzte, dass Russland Truppen aus Syrien's Afrin abzieht, die ins Visier der türkischen Offensive kommen könnten.

Laut RT Deutsch Informationen führte der türkische Generalstabschef Hulusi Akar vor den Luftangriffen Telefongespräche mit seinen russischen und US-amerikanischen Amtskollegen. Das türkische Militär (TSK) erklärte in einer Stellungnahme, dass die Türkei die territoriale Integrität Syriens respektieren wird.

Nächste Offensive gegen US-Interessen in Manbidsch?

Wenige Stunden vor Beginn der Luftbombardierung gab der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan am Samstag bekannt, dass Ankara "de facto" seine Operation gegen die kurdischen Kräfte in Afrin begonnen hat. Er betonte, dass sich an die Offensive in Afrin eine Operation "auf Manbidsch" anschließen wird.

Manbidsch liegt östlich der Stadt Aleppo, wo die USA eine Militärpräsenz aufgebaut haben. Während Ankara seine Afrin-Operation nach Treffen der türkischen Militär- und Geheimdienstchefs in Moskau mit Russland koordiniert, geh die Türkei verstärkt gegen die USA in die Offensive. Ankara fordert, dass die USA sich aus Manbidsch zurückzuziehen müssen, ansonsten könnte Ankara militärisch eingreifen.

Der Direktor der Denkfabrik ANKASAM mit Sitz in Ankara, Mehmet Seyfettin Erol, sagte RT Deutsch, dass die Türkei mit gleicher Entschiedenheit gegen die YPG-Miliz im Raum von Manbidsch vorgehen wird:

Wir haben den USA das ganz genau gesagt. Die USA müssen aus Manbidsch abziehen. Die Türkei wird definitiv in die Region einrücken und wenn es sein muss, die USA rausdrängen. Die USA sind kein enger Alliierter Ankaras mehr. Russland hingegen ist im Zuge unserer Aussöhnung zu einem de facto Partner für die Türkei geworden. Die Operation 'Euphratschild' wurde auch mit Russland koordiniert, während die USA die Türkei in Syrien versuchen zu schwächen."

Zuletzt brach ein Streit zwischen Ankara und Washington aus, als die USA begonnen haben eine "Grenztruppe" in Syrien aufzubauen, die sich überwiegend aus der Kurden-Miliz YPG rekrutiert. Ankara betrachtet die YPG-Miliz als Ableger der PKK-Organisation, die einen jahrzehntelagen Krieg mit dem türkischen Staat führt und von Ankara als terroristisch eingestuft wird.

Analysten vermuten, dass die USA mit der "Grenztruppe" Syrien faktisch spalten würden. Auch Russland, die syrische Regierung und Iran kritisieren die unilaterale Entscheidung der USA. In einem Kommentar für RT Deutsch sagte der Direktor des Nahost-Zentrums der US-Universität Oklahoma, Joshua Landis:

Indem sie Damaskus schwach und gespalten halten, hoffen die USA, Iran und Russland die Früchte ihres Sieges zu verweigern. Washington glaubt, dass diese pro-kurdische Politik den Einfluss der USA in der Region erhöhen und dazu beitragen wird, den Iran zurückzudrängen."

"Die Türkei ist in diesem Zusammenhang aus US-Sicht nur ein Kollateralschaden. Washington ist sich darüber im Klaren, dass seine pro-kurdische Politik die Türkei in die Arme Russlands zwingt", ergänzte Landis.

ANKASAM-Direktor Erol sagte RT Deutsch über die regionalen Konsequenzen der Operation, dass das Astana-Format der Beginn einer neuen eurasischen Allianz gegen die geopolitische Vormacht der USA wäre.

Die Türkei und Russland haben eine unausgesprochene Allianz aufgebaut. Für beide Staaten gibt es keine Alternative, um die USA aus dem eurasischen Raum zurückzudrängen, dazu gehört auch Syrien, wo die USA sowohl Russland als auch die Türkei bedrohen. Zu der mehr oder weniger unbewussten eurasischen Allianz gehören inzwischen Katar, das nach der Krise mit Saudi-Arabien die Seiten wechselte, Iran und Pakistan, die alle die Dominanzpolitik Washingtons ablehnen", erklärte der türkische Geopolitik-Experte.

Ankara könnte İncirlik-Militärbasis für USA schließen

Der Professor an der türkischen Yildirim Beyazit-Universität, Salih Yilmaz, teilte RT Deutsch mit, dass die Türkei im Gegenzug für Russlands Afrin-Haltung eine konstruktive Rolle bei der Lösung der Idlib-Region spielen wird, wo unter anderem die islamistische Miliz Hayat Tahrir al-Scham, ehemals al-Nusra-Front, operiert. Yilmaz sagte:

Wir können sagen, dass der Frieden jetzt schneller in die Region von Idlib kommen wird, nachdem Russland in Afrin auf die Türkei zu ging."

Der Russland-Experte sagte wie ANKASAM-Direktor Erol, dass nach der Operation in Afrin die Türkei Manbidsch ins Visier nehmen wird. "Wenn sich die Krise mit den USA verschärft, kommt die Frage der İncirlik-Militärbasis in der Türkei auf die Tagesordnung, von wo aus die USA ihre Operationen in Syrien organisieren. Wenn die USA nicht aus Manbidsch abziehen, könnte die Türkei die Basis schließen", ergänzte Yilmaz.

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