Nahost

"Nicht wie die Nazis" – Krach zwischen Netanjahu und Baerbock

Kein Palästinenser im Gazastreifen leidet Hunger. Das zumindest behauptete Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bei seinem Treffen mit Annalena Baerbock am Donnerstag. Die deutsche Außenministerin widersprach – und sorgte damit für Zoff mit Netanjahu.
"Nicht wie die Nazis" – Krach zwischen Netanjahu und BaerbockQuelle: www.globallookpress.com © Bernd von Jutrczenka/dpa

Gestern traf sich Außenministerin Annalena Baerbock in Israel mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Bei dem einstündigen Treffen soll es laut dem israelischen Fernsehsender Channel 13 zu einem Eklat gekommen sein.

Anlass des Streits war demnach die katastrophale humanitäre Lage im Gazastreifen. Baerbock soll dabei Israels Blockade der Enklave kritisiert haben, aufgrund derer kaum humanitäre Hilfsgüter in den Gazastreifen gelangen. Die Folge: Über eine halbe Million Palästinenser leiden nach UN-Angaben unter "katastrophalem Hunger". Die Blockade könne laut den Vereinten Nationen ein Kriegsverbrechen darstellen. Israel setze "Hunger als Kriegswaffe" ein, erklärte vor einem Monat folgerichtig der EU-Außenpolitikbeauftragte Josep Borrell.

Baerbocks ungelenk formulierter Vorwurf, dass Israels Politik "zu einer Verhungerung in Gaza" führe, wies Netanjahu brüsk zurück. Niemand leide in der Enklave Hunger, so Netanjahu, der laut Channel 13 sagte:

"Wir können Ihnen Fotos von den Märkten in Gaza und den Stränden zeigen, es gibt dort keinen Hunger."

Tatsächlich machen seit Mittwoch Bilder in israelischen Medien die Runde, die einen gut befüllten Markt in Chan Yunis sowie Aufnahmen von einem Strand zeigen, an dem sich hunderte Palästinenser tummeln.

Israels Hardliner weiden diese Aufnahmen genüsslich für ihre Propaganda aus und sehen darin den Beleg, dass es im Gazastreifen keine humanitäre Krise gibt.

Baerbock soll den Israelis daraufhin nahegelegt haben, diese Aufnahmen nicht zu verbreiten, weil sie nicht die wahre Lage im Gazastreifen zeigen würden. "In Gaza herrscht Hunger", so die Ministerin.

Daraufhin sei Netanjahu laut geworden und habe betont, dass die Bilder echt seien: "Es ist real. Es ist Realität. Es ist nicht wie das, was die Nazis inszeniert haben. Wir sind nicht wie die Nazis, die gefälschte Bilder einer fabrizierten Realität produziert haben."

Der Ministerpräsident spielte damit auf Propagandafilme der Nazis an, in denen das Leben beispielsweise im Warschauer Ghetto mit gestellten Szenen verherrlicht wurde.

Die Außenministerin habe daraufhin erwidert:

"Wollen Sie damit sagen, dass unsere Ärzte vor Ort in Gaza nicht die Wahrheit sagen? Wollen Sie sagen, dass die internationalen Medien lügen?"

Laut der Bild habe sich der Streit tatsächlich so zugetragen. Das hätten Informanten dem Spinger-Blatt gegenüber bestätigt. Das Auswärtige Amt wies hingegen die Berichte als irreführend zurück. Auch der deutsche Botschafter in Israel, Steffen Seibert, verwahrte sich gegen die Darstellung des Treffens in den Medien. 

Baerbock war am Donnerstag bereits zum siebten Mal seit Beginn der Eskalation am 7. Oktober 2023 nach Israel gereist. Konkreter Anlass war der iranische Vergeltungsschlag mit Raketen und Drohnen gegen Israel am Samstag. Bei ihrem Besuch hatte die deutsche Außenministerin erneut eine Ausweitung der Hilfslieferungen in den Gazastreifen gefordert. Rund 40.000 Bewohner der Enklave wurden bislang bei der israelischen Militäroffensive getötet.

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