Nahost

Schattenkrieg ist Geschichte: Eskalationsgefahr zwischen Iran und Israel?

Israel und Iran führten seit gut einem Jahrzehnt einen Schattenkrieg. Mit dem direkten Angriff Irans auf Israel ist dies Geschichte. An der Abwehroperation waren nicht nur die USA, Großbritannien und Frankreich beteiligt, sondern auch Jordanien und Saudi-Arabien – die Allianz gegen Teheran.
Schattenkrieg ist Geschichte: Eskalationsgefahr zwischen Iran und Israel?Quelle: AFP © ATTA KENARE

Von Armin Schmitt

Israel und Iran führten seit gut einem Jahrzehnt einen Schattenkrieg. Tel Aviv griff proiranische Stellungen meist in Syrien an, übernahm aber nicht die Verantwortung – und Iran schlug nicht direkt zurück, sondern bewaffnete stattdessen seine Stellvertreter wie die Hisbollah, um Krieg gegen Israel zu führen. Es war immer ein Krieg unter dem Radar. Auch nach dem 7. Oktober blieben Israels Scharmützel mit Irans Kräften in der Region unterhalb der Schwelle eines offenen Kriegs, an denen Teheran nicht direkt beteiligt war. 

Der Schattenkrieg zwischen Iran und Israel ist mit dem jüngsten beispiellosen Raketenangriff Irans auf Israel nun aber Geschichte. Mit seinem direkten Angriff auf Israel hat Teheran die bisherigen Spielregeln beim Ringen um die Vormachtstellung in der Region für ungültig erklärt. Israel stellte allerdings selbst die ungeschriebenen Regeln zuerst infrage, da der israelische Luftschlag auf die iranische Botschaft in Damaskus Anfang April nicht am Rande der Grauzone stattfand, innerhalb derer beide Staaten in den vergangenen Jahren operierten. 

Der Angriff auf die iranische Botschaft war eine neue Stufe der Provokation, da Tel Aviv exterritoriales iranisches Gebiet in Syrien angriff. Wenige Tage vor dem iranischen Vergeltungsschlag machte der oberste Führer Irans Ajatollah Ali Chamenei deutlich, dass dieser Angriff wie ein Angriff auf iranisches Territorium gewesen sei. 

Iran feuerte bei seiner Vergeltungsaktion Hunderte Drohnen und Raketen von iranischem Staatsgebiet aus auf Israel ab. Zugleich wollte Teheran aber eine totale Eskalation bei seinem Gegenschlag vermeiden. Der Angriff war Stunden im Voraus angekündigt, sodass Israel und die US-Verbündeten ihn fast vollständig abwehren konnten. 

Rund 350 Geschosse, darunter 170 Kamikazedrohnen, mehr als 30 Marschflugkörper und mindestens 120 ballistische Raketen feuerten am 13. April in mehreren Wellen die Iranischen Revolutionsgarden und deren verbündete Huthi-Bewegung auf Israel ab. 

An der Abwehraktion waren nicht nur die USA, Großbritannien und Frankreich beteiligt, sondern auch Jordanien und Saudi-Arabien. Das koordinierte Vorgehen war der erste umfassende Einsatz eines Bündnisses, dessen Aufbau vor zwei Jahren bei einem Gipfeltreffen in der Negev-Wüste verkündet worden war. Israel hat sich längst zum Ziel gesetzt, ein militärisches Netz, und zwar eine Art Mini-NATO, zur Abschreckung Irans aufzubauen.

Iran feuerte bei seiner Operation erst mal einen Schwarm Drohnen und Marschflugkörper ab, um Abwehrsysteme Israels und groß angelegte Abwehroperationen britischer und US-Jets – flankiert von nachrichtendienstlicher Hilfe von Golfstaaten – zu überlasten. Dadurch sollten am Ende ballistische Raketen das Hauptziel des Angriffs, nämlich einen Luftstützpunkt in der Negev-Wüste, treffen. Etwa sieben ballistische Raketen schlugen im Bereich der Flugbasis Nevatim ein. Von dieser Basis aus flogen israelische Jets einen Luftangriff auf die iranische Botschaft. Zwei US-Beamte bestätigten gegenüber CBS News, dass Iraner die Flugbasis Nevatim ins Visier nehmen wollten.

Wie Israel auf die Angriffe Irans reagieren wird, ist noch offen. Die USA sollen die Islamische Republik gebeten haben, Israel nach dem iranischen Drohnen- und Raketenbeschuss vom Wochenende "einen symbolischen Schlag zu gestatten", damit der jüdische Staat "gesichtswahrend aus dem Konflikt herauskommen" könne. Teheran soll den von den Vermittlern unterbreiteten Vorschlag "rundheraus abgelehnt" und erneut davor gewarnt haben, dass jeder israelische Angriff auf iranischen Boden sofort entschlossen beantwortet werden würde. Die Region steht nun wieder vor der realen Gefahr eines verheerenden großen Konflikts. 

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