Chris Hedges: Israel führt Krieg gegen die Krankenhäuser von Gaza – und zerstört am Ende sich selbst
Chris Hedges ist Nahost-Experte, früherer Korrespondent der New York Times und Träger des Pulitzer-Preises. In einem Artikel, der ursprünglich auf Scheerpost erschienen und nun in deutscher Übersetzung bei Seniora.org und den NachDenkSeiten verfügbar ist, hat er die israelische Politik beschuldigt, gezielt Krankenhäuser im Gazastreifen zu zerstören, um das Land unbewohnbar zu machen. Hedges leitet seinen Bericht mit dieser Feststellung ein (im Folgenden zitiert nach der Übersetzung von Seniora.org):
"Israel greift die Krankenhäuser in Gaza nicht an, weil sie 'Hamas-Kommandozentralen' sind. Israel zerstört systematisch und absichtlich die medizinische Infrastruktur des Gazastreifens als Teil einer Kampagne der verbrannten Erde, um den Gazastreifen unbewohnbar zu machen und eine humanitäre Krise zu eskalieren. Es beabsichtigt, 2,3 Millionen Palästinenser über die Grenze nach Ägypten zu zwingen, wohin sie niemals zurückkehren werden."
Israel habe das Al-Shifa-Krankenhaus in Gaza-Stadt zerstört und weitestgehend leer geräumt. Das indonesische Krankenhaus in Beit Lahia sei als nächstes an der Reihe. Das Al-Rantisi-Kinderkrankenhaus wurde bereits zerstört. Hedges nennt einige weitere Kliniken, die so verwüstet wurden.
Einheitliche Methode
Dabei gingen die israelischen Einheiten fast immer nach demselben Schema vor: Das israelische Militär würde Flugblätter über dem Krankenhaus abwerfen, mit denen die Menschen zum Verlassen des Krankenhauses aufgefordert werden. Als Begründung diene die Behauptung, dort befände sich ein Stützpunkt für "terroristische Aktivitäten der Hamas". Anschließend würden Panzer und Artillerie Teile des Gebäudes zerschießen. Krankenwagen würden mit israelischen Raketen unter Feuer genommen. Die Strom- und Wasserversorgung werde abgestellt. Und auch die Belieferung mit Medikamenten und medizinisch notwendigen Gütern wie Sauerstoff werde unterbunden. Schließlich würden israelische Soldaten das jeweilige Krankenhaus stürmen und alle Menschen "mit vorgehaltener Waffe" hinaustreiben.
"Israel hat 21 der 35 Krankenhäuser in Gaza geschlossen, darunter auch das einzige Krebskrankenhaus in Gaza. In den Krankenhäusern, die noch in Betrieb sind, herrscht ein großer Mangel an grundlegenden Medikamenten und Versorgungsgütern. Eines nach dem anderen werden die Krankenhäuser abgezogen. Bald wird es keine Gesundheitseinrichtungen mehr geben. Dies ist beabsichtigt."
Nachdem ihre Wohnhäuser durch israelische Bomben und Granaten zerstört worden seien, würden die verängstigten Palästinenser Zuflucht in Krankenhäuser suchen – in der Hoffnung und im Vertrauen auf die "Genfer Konventionen", dass die medizinischen Einrichtungen nicht von den IDF, den "Israelischen Verteidigungskräften" angegriffen werden würden. Doch Israel halte sich nicht an das humanitäre Völkerrecht. Hedges schreibt: "Aber Israel führt keinen Krieg. Es führt einen Völkermord durch. Und bei einem Völkermord wird eine Bevölkerung und alles, was eine Bevölkerung ernährt, ausgelöscht."
Völkermord
Ein "unheilvolles Zeichen" dafür, dass Israel sich nicht an das Kriegsvölkerrecht gebunden sieht, sei die Übertragung der militärischen Methode aus dem Gazastreifen auf das Gebiet des Westjordanlands. Mindestens vier Krankenhäuser seien dort von israelischen gepanzerten Fahrzeugen umstellt worden. Das Ibn-Sina-Krankenhaus und das Krankenhaus in Ostjerusalem seien von israelischen Soldaten gestürmt worden.
Chris Hedges spitzt seine Analyse zu:
"Israels Siedlerkolonialstaat wurde auf Lügen gegründet. Er wird durch Lügen aufrechterhalten. Und jetzt, wo er fest entschlossen ist, das schlimmste Gemetzel und die ethnische Säuberung der Palästinenser seit der Nakba, der "Katastrophe" von 1948, durchzuführen, bei der 750.000 Palästinenser ethnisch gesäubert und etwa 50 Massaker von jüdischen Milizen verübt wurden, spuckt er eine groteske Absurdität nach der anderen aus. Er spricht von den Palästinensern als einer entmenschlichten Masse. Es gibt keine Mütter, Väter, Kinder, Lehrer, Ärzte, Anwälte, Köche, Dichter, Taxifahrer oder Ladenbesitzer. Im israelischen Lexikon sind die Palästinenser eine einzige Seuche, die ausgerottet werden muss."
Historische Analogien
Im weiteren Teil seines langen Artikels stellt Hedges das Schicksal der Palästinenser in eine historische Reihe – nicht nur mit dem der Armenier im Osmanischen Reich 1915/16, sondern sogar mit den Massentötungen von Juden durch die Nazis. Völkermord setze nicht nur die Entmenschlichung, sondern gezielte Täuschung und Lügen voraus.
Heute seien es
"große israelische Lügen. Die Auslöschung des Gazastreifens und die mutwillige Tötung Tausender Palästinenser, so behauptet Israel, sei ein gezielter Versuch, die Hamas loszuwerden, und keine Kampagne, die den Gazastreifen in einen Trümmerhaufen verwandelt, Massenmorde begeht und die Palästinenser ethnisch säubert."
Hinzu kämen "kleine israelische Lügen". So wie die von den vierzig enthaupteten Babys oder dass das Al-Shifa-Krankenhaus eine "Hamas-Kommandozentrale" sei. Oder dass eine israelische Schauspielerin, die sich als Krankenschwester verkleidet wurde und mit starkem Akzent Arabisch gesprochen habe, behauptete, "eine palästinensische Ärztin zu sein und gesehen zu haben, wie die Hamas Zivilisten als menschliche Schutzschilde einsetzt. Sie sagt, Mitglieder der Hamas hätten das Al- Shifa-Krankenhaus 'angegriffen' und 'Treibstoff und Medikamente' gestohlen."
Hedges ist überzeugt, Israel werde mit der Unterstützung von US-Präsident Biden "alle Systeme auslöschen, die das Leben in Gaza aufrechterhalten. Krankenhäuser. Schulen. Kraftwerke. Wasseraufbereitungsanlagen. Fabriken. Bauernhöfe. Wohnblocks. Häuser. Und dann wird Israel so tun, als wäre es nie passiert, wie die Mörder bei früheren Völkermorden."
Lügen zerstören die Gesellschaft
Allerdings würden die "Lügen, mit denen sich Israel aus der Verantwortung stehlen will […] die israelische Gesellschaft zerfressen." Diese Lügen würden unweigerlich "das moralische, religiöse, zivile, intellektuelle und politische Leben zersetzen." Kriegsverbrecher würden mit Lügen in den Status von Helden erhoben, während diejenigen, die ihrem Gewissen folgten, dämonisiert würden.
Der israelische Genozid an den Palästinensern werde "mythologisiert" werden – wie die Massaker an Kommunisten und Chinesen in Indonesien 1965/66 unter General Suharto oder der Völkermord an den amerikanischen Ureinwohnern. Und so schlussfolgert Hedges:
"Israel wird das Gleiche tun. Es wird sich selbst deformieren. Es wird seine Verbrechen feiern. Es wird Böses in Gutes verwandeln. Es wird in einem selbst konstruierten Mythos existieren. Die Wahrheit wird, wie in allen Despotien, verbannt werden. Israel, das für die Palästinenser ein Monster ist, wird für sich selbst ein Monster sein."
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