Nahost

NYT-Bericht: Pentagon verheimlichte Luftangriff in Syrien mit rund 80 Toten im Jahr 2019

Nach Angaben der "New York Times" soll das Pentagon einen Luftangriff in Syrien mit dutzenden Toten, darunter Frauen und Kinder, verheimlicht haben. Nun gab das US-Militär den Einsatz zu, rechtfertigte ihn aber damit, dass in der Menschenmenge Terroristen gewesen seien.
NYT-Bericht: Pentagon verheimlichte Luftangriff in Syrien mit rund 80 Toten im Jahr 2019Quelle: Reuters © U.S. Air Force

Die US-Zeitung New York Times hat am 13. November von einem Luftangriff der US-Streitkräfte in Syrien berichtet, den das Pentagon mehr als zwei Jahre lang verheimlicht haben soll. Der NYT-Bericht fußt auf Dokumenten und Interviews mit informierten Angehörigen der US-Armee. Demnach seien am 18. März 2019 durch den Abwurf von zwei Bomben in der Nähe der Stadt Baguz an der Grenze zum Irak mindestens 80 Menschen, 64 davon Frauen und Kinder, getötet worden. Den Angriffsbefehl habe die Spezialeinheit Task Force 9 gegeben.

Nach Angaben des Blattes entdeckten zivile Beobachter einen Tag später am Ort der Attacke "einen Haufen von toten Frauen und Kindern". Satellitenbilder, die vier Tage später geschossen wurden, zeigten, dass man das Gelände, das sich unter Kontrolle der internationalen Koalition befand, allem Anschein nach eingeebnet hatte. Ein früherer Soldat der US-Spezialkräfte, der eine Woche nach dem Massaker das Gelände besucht hatte, teilte der Zeitung mit:

"Der Ort war von den Luftstreitkräften pulverisiert. Die Erde wurde frisch planiert und es stank darunter nach Leichen, nach vielen Leichen."

Das US-Zentralkommando erkannte auf eine Nachfrage der Zeitung den Abwurf von zwei Bomben an, verwies dabei aber auf das Recht zur Selbstverteidigung: 16 der etwa 80 Getöteten seien Kämpfer der Terrormiliz "Islamischer Staat" gewesen. Es habe auch vier tote Zivilisten gegeben. Was die restlichen 60 Toten betreffe, so habe man sie nicht eindeutig als Zivilisten zuordnen können, da Frauen und Kinder im "Islamischer Staat" bekanntlich auch oft zu Waffen gegriffen hätten.

Die Zeitung zitierte einen Vertreter des US-Zentralkommandos, wonach man eine interne Untersuchung des Luftangriffs durchgeführt habe. Die Bewertung habe dieselbe Spezialeinheit ausgeführt, die das Bombardement angeordnet habe. Der Einsatz sei rechtmäßig gewesen, da er IS-Terroristen gegolten habe und da dabei nach Angaben der Spezialeinheit nur eine kleine Anzahl von Zivilisten ums Leben gekommen sei. Man verachte jedoch den Tod unschuldiger Menschen und tue sein Bestes, um ihn zu vermeiden.

Nach der Attacke mit einer 500-Pfund-Bombe und einer weiteren 2.000 Pfund schweren versuchte ein Anwalt der US-Luftstreitkräfte, eine unabhängige Untersuchung einleiten zu lassen, da er ein mögliches "Kriegsverbrechen" nicht ausschloss. Oberst Dean Korsak berichtete seinen Vorgesetzten von seinen Vermutungen. Da aber keine Reaktion erfolgte, wandte er sich auch an den Senatsausschuss für Streitkräfte – bislang ebenfalls ohne Erfolg. In einer E-Mail an die New York Times schrieb Korsak, dass hochrangige US-Militärs einer Untersuchung der Attacke "bewusst und systematisch" ausgewichen seien. Wegen seiner E-Mail setze er sich einem großen Risiko von Vergeltungsmaßnahmen seitens des Militärs aus.

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