Aus Angst vor Zustrom afghanischer Flüchtlinge: Türkei baut Mauer an der Grenze zu Iran
Aus Angst vor einer neuen Flüchtlingswelle schickt die Türkei zusätzliche Soldaten an die Grenze zu Iran, um einen möglichen Zustrom von Afghanen zu stoppen, die vor der Machtübernahme der Taliban fliehen.
Unregelmäßige Ankünfte sind bereits zu verzeichnen, nachdem Afghanen, die vor Wochen oder Monaten geflohen sind, nach einer langen Wanderung durch Iran im Grenzgebiet zur Türkei ankommen. Eine Gruppe von Afghanen, die The Associated Press (AP) in der Nähe der Grenze begegnete, sagte, sie habe das afghanische Militär verlassen und sei aus dem Land geflohen, als sich die Taliban-Offensive beschleunigte.
"Wir sind aus der Not heraus geflohen. Die Taliban haben unser Land angegriffen und kontrollieren es nun. Wir hoffen, dass die türkische Regierung uns aufnimmt", sagte Feroz Seddiqi gegenüber AP.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan geriet in den letzten Tagen unter Druck der Opposition. Die Regierung reagierte kürzlich auf Warnungen und Kritik der Oppositionsparteien über eine Zunahme der Migranten aus Afghanistan. Diese Woche räumte Erdoğan ein, dass die Türkei mit einer neuen Flüchtlingswelle aus Afghanistan konfrontiert sei, und sagte, seine Regierung werde mit Pakistan zusammenarbeiten, um zu versuchen, die Lage in dem vom Krieg heimgesuchten Land Afghanistan wieder zu stabilisieren. Verteidigungsminister Hulusi Akar erklärte zudem, die Grenze zu Iran werde mit Truppen verstärkt und eine Mauer an der Grenze stehe kurz vor der Fertigstellung. Akar, der am Sonntag die Grenze zu Iran inspizierte, sagte, dass seit Anfang des Jahres etwa 62.000 Menschen daran gehindert worden seien, diese Grenze zu überschreiten.
Die Türkei hat bereits begonnen, ihre Grenze zu Iran mit einer drei Meter hohen Betonmauer zu sichern, die militärisch bewacht wird. Die knapp 160 Kilometer lange Mauer soll Berichten zufolge auf 300 Kilometer erweitert werden und Flüchtlinge fernhalten. Seit dem Abzug der westlichen Truppen aus Afghanistan fliehen immer mehr Menschen in die Türkei.
In der Türkei leben rund vier Millionen Migranten – die meisten davon syrische Flüchtlinge, die vor dem Konflikt im Nachbarland geflohen sind. Das Land nimmt weltweit die meisten Flüchtlinge auf, doch innerhalb der Bevölkerung macht sich eine feindselige Stimmung gegenüber Geflüchteten breit. Erst kürzlich wurde über einen brutalen Angriff auf syrische Einrichtungen in Ankara berichtet. Ein Mob hatte letzte Woche Menschen syrischer Herkunft, deren Geschäfte und Häuser angegriffen. Hunderte Menschen zogen durch den Bezirk Altındağ, warfen Steine auf Wohnungen, in denen sie Syrer vermuteten, und plünderten syrische Läden. Auslöser für die Angriffe war der Tod eines 18 Jahre alten Türken, der Medien zufolge mutmaßlich von einem Syrer erstochen worden war.
Xenophobia toward Syrian refugees in Turkey has escalated in the midst of rising discontent and economic recession in recent days. Huge crowds of people storm the stores owned by Syrians after a fight between locals and Syrians, resulted in one death.pic.twitter.com/7mzOMcxUQn
— İmdat Oner (@im_oner) August 11, 2021
Oppositionsparteien in der Türkei haben die Regierung aufgefordert, "die Kontrolle über die Grenzen zu übernehmen" und einen neuen Migrationsstrom zu verhindern. Sie warnten auch vor einem neuen Migrationsabkommen zwischen der Türkei und westlichen Nationen, wie es Ankara 2016 mit der EU abgeschlossen hatte. Im Rahmen dieses Abkommens stimmte Ankara zu, den Zustrom von Migranten nach Europa zu verhindern, während die EU ihrerseits unter anderem versprach, Milliarden von Euro für die syrischen Flüchtlinge in die Türkei zu schicken. Der Flüchtlingsdeal 2016 zwischen der EU und der Türkei ist allerdings schon lange brüchig.
Die größte Oppositionspartei in der Türkei behauptete unlängst, Erdoğan habe mit US-Präsident Joe Biden eine "geheime" Vereinbarung getroffen, wonach die Türkei Afghanen aufnehmen würde, die mit US-Streitkräften zusammengearbeitet hatten. Die US-Botschaft veröffentlichte am Mittwoch eine Erklärung, in der sie die Behauptungen als "völlig unbegründet" bezeichnete.
Geflüchtete, die beim illegalen Grenzübertritt in die Türkei erwischt werden, müssen zurück nach Iran. Dennoch schaffen es viele Menschen, in die Türkei zu gelangen, da die türkisch-iranische Grenze lang und für Sicherheitskräfte schwierig zu überwachen ist.
Auch Iran fürchtet einen Flüchtlingsstrom aus dem Nachbarland – ein Land, das wegen harter US-Sanktionen ohnehin einer schlechten Wirtschaftslage ausgesetzt ist. Abertausende Afghanen haben sich in den letzten Tagen auf den Weg Richtung iranische Grenze gemacht.
The influx of #Afghan refugees to the borders of #Iranpic.twitter.com/vvTyM6FAXc
— AJ News Club (@ajnewsclub) August 15, 2021
Iran hat angesichts der Machtübernahme der Taliban im Nachbarland Pufferzonen für afghanische Flüchtlinge eingerichtet. "Wir haben schon vor zwei Monaten mit einer neuen Flüchtlingswelle aus Afghanistan gerechnet und daher schon damals mit der Einrichtung von provisorischen Pufferzonen an den drei Grenzübergängen begonnen", sagte ein Sprecher des Innenministeriums der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA am Montag. Laut Schätzungen leben bereits etwa zwei Millionen afghanische Flüchtlinge in Iran, knapp die Hälfte davon ist offiziell registriert.
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