Nahost

Krise im Libanon eskaliert: Hariri gibt offenbar Regierungsbildung auf

Dem designierten Ministerpräsidenten Hariri ist es nicht gelungen, sich mit dem Präsidenten Aoun auf ein Kabinett zu einigen. Da keine Alternative für den Posten erkennbar ist, der im Libanon von einem sunnitischen Muslim besetzt werden muss, schwindet jede Hoffnung auf schnelle Regierungsbildung.
Krise im Libanon eskaliert: Hariri gibt offenbar Regierungsbildung aufQuelle: Reuters © Dalati Nohra

Der designierte libanesische Premierminister Saad Hariri gab nach vergeblichen acht Monaten offenbar am Donnerstag seine Bemühungen um die Bildung einer neuen Regierung auf. Er sagte, es sei klar, dass er mit dem Präsidenten Michel Aoun keine Einigung bei der Kabinettsbildung erzielen könne, berichtet Reuters. Vom libanesischen Präsidenten gab es keinen unmittelbaren Kommentar. Im Zuge der damit andauernden innenpolitischen Pattsituation verliert das auch als Lira bekannte Libanesische Pfund weiter an Wert.

Der sunnitische Politiker und saudi-arabische Unternehmer Hariri legte dem Präsidenten Michel Aoun am Mittwoch einen weiteren neuen Kabinettsvorschlag vor, um die achtmonatige innenpolitische Pattsituation zu beenden. Die zerstrittenen libanesischen Parteien konnten sich bislang nicht auf ein neues Kabinett einigen. Ein Machtkampf tobt seit Oktober 2020 zwischen Saad Hariri auf der einen Seite, auf der anderen Seite mit dem libanesischen Präsidenten Aoun und dessen Schwiegersohn Gebran Bassil, der den größten Block im Parlament leitet. Präsident Aoun steht der Hisbollah-Bewegung im Libanon nahe.

Der jüngste Vorschlag soll 24 spezialisierte "Technokraten-Minister" vorgesehen haben, im Einklang mit einer französischen Initiative, wonach eine Regierung gebildet werden solle, die in der Lage ist, Reformen durchzuführen. Unter dieser Bedingung würde dann dringend benötigte Auslandshilfe zur Rettung der Nation freigegeben werden.

Der Vorschlag vom Mittwoch galt im Vorfeld als Hariris letzter Versuch, ein Kabinett zu bilden, nachdem er bei seinem Besuch in Kairo den ägyptischen Präsidenten Abd al-Fattah as-Sisi um Unterstützung gebeten hatte. Ägypten soll einer neuen Regierung im Libanon wirtschaftliche und politische Unterstützung zugesagt haben. Wenn nun das Kabinett offiziell abgelehnt wird und Hariri zurücktritt, muss das Land einen anderen Sunniten als Kandidaten für den Regierungsposten suchen, der womöglich bereit wäre, Hariri zu ersetzen.

Da es aber keine offensichtliche personelle Alternative für den Posten gibt, der im konfessionellen Machtteilungssystem des Libanon ultimativ von einem sunnitischen Muslim besetzt werden muss, gibt es wenig Hoffnung auf die baldige Bildung einer Regierung, die überhaupt erst beginnen könnte, die wirtschaftliche Situation des Landes zu verbessern. Nach dem libanesischen Proporz-System wird der Präsident vom Parlament gewählt und muss maronitischer Christ sein. Die Exekutive liegt bei der Regierung unter Vorsitz des Ministerpräsidenten, der sunnitischer Muslim sein muss. Der Premierminister wird vom Präsidenten ernannt und muss bestätigt werden vom Parlament, dessen Sprecher wiederum den Schiiten angehören muss.

Die Blockadesituation in der Politik des Libanon geht mit der wirtschaftlichen Krise im Land einher. Die Wirtschaftskrise im Libanon begann Ende 2019 und hat sich in den letzten Monaten verschärft. Die Weltbank teilte Anfang dieses Monats mit, dass die Krise wahrscheinlich als eine der schlimmsten der Welt seit mehr als 150 Jahren gelten wird.

Hariri hatte im Oktober 2020 den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten, was seitdem nicht gelungen ist. Die Regierung vom Premierminister Hassan Diab trat am 10. August 2020 zurück, wenige Tage nach einer gewaltigen Explosion eines Zwischenlagers am 4. August 2020 im Hafen von Beirut, bei der 211 Menschen getötet und mehr als 6.000 verletzt worden waren. Nach dem Rücktritt seiner Regierung ist Diab seitdem geschäftsführend im Amt.

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