Nahost

Urteil des Libanon-Tribunals zu Mord an Rafiq al-Hariri: Keine Beweise gegen Hisbollah oder Syrien

Fünfzehn Jahre lang brodelte die Gerüchteküche um die Drahtzieher hinter dem gewaltigen Anschlag auf den ehemaligen libanesischen Ministerpräsidenten Rafiq al-Hariri, bei dem 22 Menschen getötet und Hunderte weitere verletzt wurden. Als Hauptverdächtige galten Syrien oder die Hisbollah.
Urteil des Libanon-Tribunals zu Mord an Rafiq al-Hariri: Keine Beweise gegen Hisbollah oder SyrienQuelle: AFP © Joseph Barrak

Nach sechs Jahren akribischer Untersuchung fällte das von den Vereinten Nationen ins Leben gerufene Libanon-Tribunal am Dienstag ein möglicherweise folgenschweres Urteil. Auf 2.600 Seiten legte das Tribunal das Ergebnis seiner Untersuchung dar und kam zum Schluss, dass es keine Beweise einer Urheberschaft der libanesischen Hisbollah (arabisch für "Partei Gottes") oder des syrischen Staates an dem Mord an Rafiq al-Hariri gebe.

Am Nachmittag des 14. Februar 2005 war Hariri mit seinem Fahrzeugkonvoi in der Innenstadt der Hauptstadt Beirut unterwegs, als sich der Wagenkolonne ein weißer Van mit nahezu 3.000 Kilogramm Sprengstoff näherte. Die gewaltige Explosion riss nicht nur Hariri, sondern auch 21 weitere Personen in den Tod. 226 Menschen wurden bei dem Anschlag verletzt.

Umgehend wurden Spekulationen laut, dass Syrien hinter dem Mord steckt. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich noch Tausende syrische Soldaten im Libanon, die 1976 in den Bürgerkrieg eingriffen und von der Arabischen Liga als Friedenstruppe bestätigt wurden. Ministerpräsident Hariri trat erst im Oktober 2004 aus Protest gegen die syrische Präsenz zurück, was zu innenpolitischen Verwerfungen insbesondere mit Präsident Émile Lahoud sorgte. 

Der Anschlag löste eine Welle der Empörung im Libanon, aber auch in vielen anderen Ländern aus. Der Druck auf Syrien stieg so sehr an, dass sich Damaskus gezwungen sah, nur wenige Tage später den Rückzug anzutreten. Am 5. März 2005 erklärte der syrische Präsident Baschar al-Assad vor dem Parlament, dass es an der Zeit wäre, die Truppen nach Hause zu holen. Der vollständige Abzug aller syrischen Truppen erfolgte bis zum 30. April.

Nebst Syrien geriet auch die schiitische Widerstandsgruppe Hisbollah in den Kreis der Verdächtigen, nachdem sie 1982 einen ähnlichen Anschlag gegen die US-Truppen in Beirut verübt hatte und die USA so zum Rückzug aus der Zedernrepublik zwang. Ihr Kampf gegen die israelische Besatzung im Süden des Libanon führte ebenso zu einem überhasteten Rückzug der israelischen Besatzungstruppen im Mai 2000 wie fünf Jahre später bei den Syrern.

Eine UN-Untersuchungskommission wurde nur elf Tage nach dem Mord an Rafiq al-Hariri einberufen. Der von UN-Generalsekretär Kofi Annan beauftragte deutsche Chefermittler Detlev Mehlis schien anfänglich schnelle Erfolge bei den Ermittlungen vorweisen zu können. Schnell wurde aber klar, dass er sich im Dunstkreis der US- und israelischen Geheimdienste auf Zeugenaussagen verließ, die sich im Nachhinein als falsch erwiesen. Nachdem er zwei Untersuchungsberichte vorgelegt hatte, legte er Ende 2005 sein Mandat aus persönlichen Gründen nieder.  

Am 30. Mai 2007 stimmte der UN-Sicherheitsrat für die Errichtung eines Sondertribunals für den Libanon, das am 1. März 2009 gegründet wurde. Im niederländischen Leidschendam, einem Vorort von Den Haag, wurden nun sechs Jahre lang die Indizien gegen die vier von der Untersuchungskommission als Verdächtige identifizierten und angeklagten Männer ausgewertet. Sie alle sollen Mitglieder der Hisbollah gewesen sein. 

Zu einem Schuldspruch des Libanon-Tribunals kam es nun lediglich in einem Fall: Die Richter sahen es als erwiesen an, dass Salim Dschamil Ajjasch aufgrund von Handyverbindungen nachgewiesen werden konnte, die Attentäter koordiniert zu haben. Da Ajjasch aber nicht ausfindig gemacht werden konnte, erfolgte der Schuldspruch in Abwesenheit des Angeklagten. Einen Beweis, dass er im Auftrag der Hisbollah arbeitete, konnte das Tribunal jedoch nicht finden. 

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