Asien

Erdbeben Türkei und Syrien: Wie es zur Katastrophe kam

Nach den schweren Erdbeben in der türkisch-syrischen Grenzregion wird nach der Ursache für die Tausenden Toten und Verletzten geforscht. Doch Schäden von Erdbeben kann man höchstens vorbeugen, verhindern lassen sie sich nicht.

Es sind Bilder des Grauens, die aus der türkisch-syrischen Grenzregion seit gestern um die Welt gehen. Wie Kartenhäuser stürzten mehrstöckige Häuser vor den Handykameras der entsetzten Zeugen von Grund auf ein und hinterließen wenig mehr als Staub und Trümmern. Aber nicht alle Häuser waren vom Erdbeben gleichermaßen betroffen. Manche Gebäude wurden nur leicht beschädigt, andere hielten dem Erdbeben stand.

In der türkischen Tageszeitung Cumhuriyet erklärte der Autor Reşit Emre Kongar dennoch, dass nicht das Erdbeben die Tausenden Todesopfer gefordert habe, sondern Gier, Bestechung und Unwissenheit. Die Türkei und ihre Bürger seien unterentwickelt, Politiker und Behörden achteten nicht auf erdbebensichere Bauweise, Baufirmen verwendeten für die Häuser billiges Material.

Einen ähnlichen Ton schlägt Geologe Mario Tozzi an, der in der italienischen Tageszeitung La Stampa schrieb:

"Das Symbolbild dieses Erdbebens ist das von zehnstöckigen Gebäuden, die zu einem Haufen Schutt zusammengefallen sind – wie ist das möglich?"

Auch Tozzi meinte, dass nicht Erdbeben tödlich seien, sondern schlecht gebaute Häuser, und in dieser Hinsicht seien die Türkei und auch Syrien Italien sehr ähnlich.

Erdbeben können nicht vorhergesagt werden

In den wenigsten Fällen lassen sich Erdbeben vorhersagen, zumindest nicht auf den Tag oder die Stunde genau. Was sich heute genau bestimmen lässt, sind durch Erdbeben besonders gefährdete Gebiete. Je länger ein Erdbeben in einem solchen Gebiet zurückliegt, desto eher sollte man mit einem rechnen.

Das Epizentrum der Erdbeben in der Türkei und Syrien liegt genau über den Rändern mehrerer tektonischer Platten, der anatolischen, der arabischen und der afrikanischen. Es waren die stärksten Erdbeben seit Jahrzehnten. Zehn Provinzen sind allein in der Türkei betroffen, 22 Millionen Menschen im gesamten Gebiet.

Im Jahr 1999 erschütterte ein Erdbeben die Städte İzmit, Yalova, Gölcük und Adapazarı im Nordwesten der Türkei. Über 18.000 Menschen verloren ihr Leben. Laut Experten werde bald ein Beben in der größten Stadt der Türkei erwartet, Istanbul. Und schon vor Jahrtausenden wurde das Gebiet der heutigen Türkei von schweren Erdbeben heimgesucht.

Die Dynamik der Plattentektonik in der Gegend sei bekannt gewesen, sagte auch Lamia Messari-Becker, Professorin für Gebäudetechnologie und Bauphysik an der Uni Siegen, der Deutschen Presse-Agentur.

"Anerkannt ist, dass sich viele Platten bewegen und enorme Spannungen aufbauen. Überschreiten diese Spannungen die Gesteinsfestigkeit, entladen sie sich ruckartig. Die Einschätzungen zu Erdbebenrisiken in der Türkei wurden 2013 sogar nach oben korrigiert. Es war daher leider nur eine Frage der Zeit, wann sich solche Erdbeben ereignen."

Schlechte Bausubstanz sei also nur der halbe Grund für die vielen Opfer. Deswegen brauche es dringend eine länderübergreifende Strategie, weiter angepasste erdbebensichere Bauvorschriften und Nachrüstungen im Gebäudebestand, so Messari-Becker.

Japan sorgt gegen Erdbeben dreifach vor

Mit Blick auf erdbebensichere Häuser wird meist Japan als Vorbild genannt. Unmittelbar vor Japans Küste stoßen gleich vier Erdplatten aufeinander. Über 70-mal bebt daher in Japan pro Monat die Erde, davon zehnmal über dem Wert von 5,0 Momenten-Magnitude auf der Momenten-Magnituden-Skala (heutzutage gebräuchlicher als die Richterskala).

Ein Grund, warum die Japaner trotzdem nicht ständig im Ausnahmezustand sind, ist ihre Architektur. Sowohl beim Fundament als auch bei den Bauteilen wird auf eine Kombination schwingender und steifer Elemente geachtet. Diese Bauart der Japaner ist das Resultat einer mittlerweile jahrzehntelangen Entwicklung – die in der Türkei und dem vom Bürgerkrieg geschundenen Syrien nicht vorhanden ist.

Neben erdbebensicheren Gebäuden beugen zudem Japans Frühwarnsystem sowie regelmäßige Notfallübungen in Schulen, Unternehmen und Fabriken dem Katastrophenfall vor.

Trotzdem rechnet die Stadtregierung von Tokio im Fall eines Bebens der Stärke 7,1 auf der Momenten-Magnituden-Skala mit bis zu 5.600 Toten innerhalb der Großregion mit ihren 30 Millionen Einwohnern. Die Hauptursache: der Einsturz von Gebäuden infolge von Bodenverflüssigung.

Zum Vergleich: In der türkischen Stadt Gaziantep, der größten der betroffenen Städte, leben rund zwei Millionen Menschen. Der höchste Wert lag bei 7,9 Momenten-Magnitude.

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