Taliban: Wir möchten weder interne noch externe Feinde haben
Die Taliban haben am Dienstag die erste Pressekonferenz nach der Machtübernahme am Sonntag durchgeführt. Sabiullah Mudschahid, der wenige Stunden zuvor aus Doha eingereist war, erklärte, dass jede Nation das Recht auf Freiheit und Unabhängigkeit habe. Er beglückwünschte die Nation zur Befreiung. Die Taliban strebten in der nächsten Zeit die Bildung einer inklusiven, starken, islamischen Regierung an, an der alle Parteien und gesellschaftlichen Gruppen beteiligt würden, einschließlich der ehemaligen Feinde der Taliban.
Die Taliban empfänden anderen Afghanen gegenüber keine Feindschaften mehr. Alle Mitarbeiter der vorherigen Regierung und der westlichen Staaten seien begnadigt, egal, welche Rolle sie hatten.
"Wir möchten in Frieden leben. Wir möchten weder interne noch externe Feinde haben."
Sabiullah rief seine Landsleute auch auf, das Land nicht zu verlassen. Man benötige ihre Fähigkeiten.
Die Sicherheit der Botschaften sei für die militante Organisation, die nun fast im gesamten Land das Sagen hat, von höchster Wichtigkeit. Die Taliban gewährleisteten die vollständige Sicherheit. Auch den bisher im Land tätigen internationalen Organisationen gab er eine Sicherheitsgarantie. Die Taliban-Kämpfer seien 24 Stunden am Tag im Einsatz, um für ihre Sicherheit zu sorgen.
Er versicherte der internationalen Gemeinschaft, einschließlich den USA, dass niemandem von den Taliban geschadet werde. Den Nachbarstaaten Afghanistans versprach er, dass es von afghanischem Boden aus keine Angriffe auf sie geben werde. Die Taliban wollen laut Sabiullah keine Probleme mit der internationalen Gemeinschaft.
Zugleich erwarteten die Taliban von ihr, das Recht der Afghanen zu respektieren, ihre eigenen Angelegenheiten zu regeln. Die Afghanen hätten das Recht, ihre eigene Politik in Übereinstimmung mit ihren eigenen Werten zu gestalten, wie auch die Europäer, Araber oder andere.
Die Frauenfrage sei für die Taliban sehr wichtig. Sabiullah erklärte, dass die Taliban innerhalb der Vorschriften der Scharia den Frauenrechten verpflichtet seien. Frauen erhielten auch zukünftig Zugang zu Bildung, Gesundheit und anderen Bereichen. Frauen würden mit den Taliban zusammenarbeiten. Er versprach der internationalen Gemeinschaft, dass es keine Diskriminierung gegen Frauen geben werde – innerhalb des Rahmens islamischer Werte.
Sabiullah zufolge ist es das Ziel der Taliban, die Wirtschaft wieder aufzubauen. Der Austausch mit anderen Staaten soll zügig wieder aufgenommen werden. Jeder Afghane wolle sein Leben verbessern. Er rief die internationale Gemeinschaft dazu auf, zu helfen.
Die Taliban seien auch den Medienrechten im Rahmen islamischer Werte verpflichtet, einschließlich der Pressefreiheit privater Medien. Er forderte die Medien jedoch auf, islamische Werte sowie die nationale Einheit zu respektieren und keine ethnischen und religiösen Widersprüche zu fördern, um ein friedliches, brüderliches Zusammenleben zu ermöglichen. Die Objektivität der Medien sei auch wichtig. Er rief die Medien dazu auf, die Arbeit der Taliban zu kritisieren, um sie zu verbessern.
Es habe bei der Einnahme Kabuls keine Verluste der Taliban gegeben. Der Plan der Taliban sei es gewesen, an den Toren Kabuls zu stoppen, um eine gleitende Übergangsperiode zu gewährleisten. Jedoch sei die Organisation aufgrund der Inkompetenz der ehemaligen Regierung gezwungen gewesen, um gegen Plünderer und Randalierer einzuschreiten. Den Regierungskräften sei es nicht gelungen, die Sicherheit herzustellen.
Auf die Frage eines Journalisten antwortend, sagte Sabiullah, dass es bezüglich der Reife und des Weitblicks einen großen Unterschied zwischen den Taliban jetzt und vor 20 Jahren gebe.
Derweil erklärte sich der ehemalige erste Vizepräsident Amrullah Saleh angesichts der Flucht des ehemaligen Präsidenten Aschraf Ghani aus dem Land unter Berufung auf die afghanische Verfassung zum Interimspräsidenten. Berichten zufolge befindet sich Saleh in Pandschir, der einzigen Region, die nicht von den Taliban kontrolliert wird.
Deutschland hatte ebenfalls 20 Jahre lang im Rahmen einer NATO-Mission gegen die Taliban in Afghanistan gekämpft und zugleich erklärt, dass Frieden nur durch Verhandlungen möglich sei.
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