Japans Impfskeptiker – "Kein Anreiz, die eigene Gesundheit aufs Spiel zu setzen"
In drei Monaten sollen in Japan die Olympischen Spiele stattfinden. Diese sind aufgrund der Corona-Situation bereits einmal verschoben worden und stehen nun angesichts der wachsenden Zahl positiv Getesteter erneut in Frage. Ministerpräsident Yoshihide Suga hält jedoch bislang an den Spielen fest. Dem Coronavirus wolle man mit Impfungen begegnen. Immerhin gingen bereits mehr als 50 Prozent der von der EU genehmigten Exporte von Impfdosen nach Japan. Allerdings ist die Imfbereitschaft der Japaner deutlich geringer ausgeprägt als anderswo.
So haben sich in Japan bislang weniger als ein Prozent der Bevölkerung gegen das Coronavirus impfen lassen. Auch im Gesundheitssektor sind es nur wenige. Zum Vergleich: In der EU hat bisher ein knappes Drittel der Erwachsenen eine Impfung erhalten. Als Gründe für die geringe Quote in Japan werden ein langsamer Genehmigungsprozess für Impfstoffe, Lieferschwierigkeiten, schlechtes Management seitens der Politik und vor allem eine große Impfskepsis in der Bevölkerung angeführt. Letzteres dürfte vor allem mit einer Serie von Impfskandalen zusammenhängen.
Nach einer Studie von The Lancet haben die Japaner das geringste Vertrauen in Impfungen. Nur 30 Prozent der japanischen Bevölkerung sind der Ansicht, dass Impfstoffe sicher sind. In den USA sind es 50 Prozent. 36 Prozent der Japaner würden sich nach einer Umfrage des japanischen Senders NHK grundsätzlich nicht gegen das Coronavirus impfen lassen. Die Gesundheitsforscherin Haruka Sakamoto an der Universität Tokio sagt:
"Japan ist sehr vorsichtig im Bezug auf Vakzine, weil es historisch viele Probleme mit möglichen Nebenwirkungen gibt. Die Regierung war in mehrere Rechtsstreitigkeiten zu diesem Thema verwickelt, was zu ihrer großen Vorsicht beiträgt."
So sollen in den frühen 90er-Jahren MMR-Impfungen (Masern, Mumps und Röteln) zu höheren Raten der aseptischen Meningitis geführt haben. Ein eindeutiger Zusammenhang konnte jedoch nicht festgestellt werden. Schließlich wurde die MMR-Impfung aber nicht mehr empfohlen, was bis heute gilt.
Zudem wurden anschließend die Gesetze geändert, so dass die japanische Regierung für alle unerwünschten Nebenwirkungen von Impfstoffen rechtlich verantwortlich gemacht werden kann. Pflichtimpfungen wurden gestrichen. Seither wird auf das eigene Risiko einer Impfung verwiesen. Auch die HPV-Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs wurde nach Berichten über Krampfanfälle und Kopfschmerzen nicht mehr empfohlen. Der Politikwissenschaftler und Ökonom Mikihito Tanaka an der Waseda-Uiversität erklärt:
"Japan hat ein starkes Krankenversicherungssystem und ein zugängliches medizinisches System. Verglichen mit Ländern wie den USA ist der Anreiz, die eigene Gesundheit mit einem neuen Impfstoff aufs Spiel zu setzen, daher sehr gering."
Bislang wurde lediglich der Impfstoff von Pfizer/BioNTech in Japan genehmigt. Bald soll Moderna hinzukommen. Ende Mai wird es nach Plänen der Regierung neue Impfzentren in Tokio und Osaka geben. Ministerpräsident Suga erklärte am Dienstag, dass medizinisches Personal des Militärs mit dem Betrieb der Impfzentren betraut werden soll. In Tokio würden auf diese Weise ab dem 24. Mai pro Tag 10.000 Menschen geimpft. Bis Ende Juni sollen die Senioren geimpft sein, was jedoch als unrealistisch angesehen wird.
Von diesen Plänen muss die Öffentlichkeit aber erst noch überzeugt werden. In 80 Prozent der Fälle würden die Impfungen zu Schmerzen rund um die Einstichstelle der Impfnadel, bei 50 Prozent der Fälle zu Kopfschmerzen und Müdigkeit führen. Es gab bislang kein Vakzin mit derartigen Nebenwirkungen, das in Japan genehmigt wurde.
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