Lateinamerika

Katastrophe mit Ansage: Brände im Amazonas könnten globale Konsequenzen haben

Der Amazonas brennt: Riesige Feuerwalzen zerstören die grüne Lunge der Erde. Es ist die höchste Zahl an Brandherden seit Jahrzehnten. Die Brände könnten sich auf das Klima auswirken und sind auch eine Folge der umweltschädlichen Politik des brasilianischen Präsidenten.
Katastrophe mit Ansage: Brände im Amazonas könnten globale Konsequenzen habenQuelle: Reuters

von Maria Müller

Die Brände im Amazonas-Regenwald erreichen in diesem Jahr eine Rekordzahl. Das brasilianische Weltraumforschungsinstitut INPE hat bisher 72.843 Brände registriert. Damit hat sich ihre Zahl binnen eines Jahres um 82 Prozent erhöht.

Das Feuer hat sich vor allem in den Bundesstaaten Rondônia, Amazonas, Paraná und Mato Grosso ausgebreitet. Der NASA-Satellit Aqua erfasste zwischen dem 11. und 13. August die Brandzonen. Santiago Gassó, ein Forscher am Goddard-Zentrum der NASA, berichtete, dass sich die Rauchschicht in Südamerika über ein Gebiet von 3,2 Millionen Quadratkilometer erstrecke.  

Notstandsgebiete wegen dichten Rauchs

Vor zwei Wochen erklärte der Bundesstaat Amazonas in seinem südlichen Teil und in der Hauptstadt Manaus den Notstand. Das Gebiet Acre an der Grenze zu Peru ist seitdem ebenfalls wegen Bränden in Alarmbereitschaft. Satellitenbilder zeigen den nördlichsten Bundesstaat Brasiliens Roraima von dunklem Rauch bedeckt. Auch die Industriemetropole São Paulo war wegen der dichten Rauchschicht in Alarmzustand. Der Himmel verdunkelte sich, es wurde zwei Stunden früher Nacht. Der Flugverkehr war eingeschränkt, die Menschen litten verstärkt an Erkrankungen der Atemwege.

Die Folgen der globalen Rauchentwicklung

Die Wissenschaftszeitschrift Science veröffentlichte Anfang August eine Studie über die Folgen der enormen Rauchentwicklung durch Waldbrände weltweit. Darin wird die Hypothese aufgestellt, dass die Konsequenzen für das Weltklima in einer globalen Abkühlung bestehen könnten, sollten die Rauchmassen in die Stratosphäre gelangen. Sie würden verhindern, dass die Sonnenstrahlen zur Erdoberfläche gelangen. Regenwolken könnten unter diesen Bedingungen nur schwer entstehen.

Rasante Zerstörung der Waldflächen

Nach Auswertungen des Klima-Beobachtungszentrums IPAM nahm die Entwaldung durch Abholzen und Brände in Brasilien im Jahr 2019 insgesamt um 45,5 Prozent zu. Der Juli verzeichnete den schlechtesten Index:

2.254 Quadratkilometer mit Anzeichen für Umweltkrisen. Eine Steigerung von 278 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat, als 596,6 Quadratkilometer abgeholzt wurden.

Das entspricht einer Zerstörung von Waldflächen in der Größe von drei Fußballfeldern pro Minute. Die Daten basieren auf Satellitenbildern der Erdbeobachtung, aufgezeichnet vom brasilianischen Echtzeit-Entwaldungserkennungssystem (DETER).

Bolsonaro: Amazonasgebiet ausbeuten

Die Zunahme an Waldbränden in Rekordgeschwindigkeit seit Anfang des Jahres 2019 fällt mit der neuen Entwicklungspolitik des rechten und umweltfeindlichen Präsidenten Jair Bolsonaro zusammen. Er will das Amazonasgebiet in großem Maßstab wirtschaftlich ausbeuten – Viehzucht und Bergbau stehen dabei an erster Stelle. Dafür gab er 46.000 Quadratkilometer zur Rodung frei, um dort vermutete reiche Vorkommen an Edelmetallen abbauen zu können. Seine Politik stachelt die Großgrundbesitzer geradezu an, sich durch die illegale Besitznahme ganzer Landstriche im Amazonasbecken zu bereichern.

Die Brandrodung ist der erste Schritt, um die Gebiete landwirtschaftlich nutzbar zu machen. Doch auch der Marktwert der wertvollen Amazonashölzer ist nicht zu unterschätzen. Selbst Naturparks und Indianerreservate fallen dem Raubzug zum Opfer. Bolsonaro hat ihnen direkt den Schutztitel entzogen. Alleine in den vergangenen Tagen gab es in 68 solcher Gebiete Waldbrände. Doch auch die damit verbundene Verfolgung der indigenen Völker nimmt wieder zu, wöchentlich gibt es Meldungen über Morde und Vertreibungen. Derzeit sollen acht indigene Gruppen, die in Waldgebieten leben und von der Außenwelt abgeschnitten sind, vom Feuer eingekreist sein, wie die UN gegenüber der Autorin erklärte. 

Das INPE kritisierte:

Die Zahl der extremen Hitzewellen im Amazonasgebiet ist heute um 60 Prozent höher als in den letzten drei Jahren. Das hat mit der Waldzerstörung zu tun und nicht mit den verstärkten Dürreperioden.

Die Aufnahmen versandeter Wasserläufe mitten im Amazonasgebiet, das früher zu den wasserreichsten Zonen der Erde zählte, sind schockierend.

Wissenschaftler fordern Landnutzungsplan

Eine Untersuchung des INPE in Zusammenarbeit mit den Universitäten von Stockholm (Schweden) und Exeter (England) kam zu dem Schluss, dass eine umweltgerechte Beaufsichtigung und Verwaltung des Amazonas auch den Zustand der Wälder der ganzen südamerikanischen Region wesentlich verbessern könne. Luiz Aragão, Leiter der Fernerkundungsabteilung des INPE, sagte dazu:

Zum ersten Mal konnten wir nachweisen, dass eine fehlende Landnutzungsplanung die zentrale Ursache für die Waldbrände in der Region ist. 

Bolsonaro greift die Wissenschaft an

Doch der brasilianische Präsident und sein Umweltminister Ricardo Salles attackieren nun das Institut wegen dieser Daten. Das Institut sei "nicht patriotisch" und seine Daten falsch. Dessen Wissenschaftler arbeiteten mit ausländischen NGOs und mit einer skandalsüchtigen Presse zusammen, um das Ansehen Brasiliens zu beschmutzen.

Bolsonaro entließ kurzerhand den INPE-Direktor Ricardo Galvão und ersetzte ihn durch einen Militär. Außerdem erließ er neue Normen. Von nun an darf das Institut seine Forschungsergebnisse nicht mehr automatisch veröffentlichen, sondern muss sie zuerst dem Präsidenten vorlegen. Zudem will Bolsonaro ein neues System zur Beobachtung des Amazonas kaufen.

Amazonas-Fonds vorläufig blockiert

Norwegen und Deutschland haben beschlossen, die finanzielle Unterstützung für den Amazonas-Fonds einzustellen, da Brasilien die für den Erhalt des Amazonas-Regenwaldes übernommenen Verpflichtungen nicht erfülle. Eines der Ziele des Amazonas-Fonds besteht darin, die Ökosystemleistungen des Amazonas für Brasilien und die Welt zu bewerten und in internationaler Zusammenarbeit den Waldbestand zu schützen.

Nicht umsonst nennt man den Amazonas-Regenwald auch "die Lunge der Erde". Er produziert rund 20 Prozent des globalen Sauerstoffs und ist eine der artenreichsten Zonen des Planeten. Über zwei Drittel des Amazonaswaldes gehören zu Brasilien, der Rest verteilt sich auf Kolumbien, Peru, Bolivien, Venezuela und Ecuador.

Unumkehrbare Zerstörung mit Folgen

Die Zerstörung des Regenwaldes wird bald nicht mehr umkehrbar sein, wenn sie in diesem Rhythmus weitergeht. Damit stirbt auch das komplizierte unterirdische Wassersystem, die Niederschläge gehen zurück und führen auch in den gegenwärtig intensiv landwirtschaftlich genutzten Flächen Südbrasiliens zu Trockenheit. Das wiederum könnte negative Auswirkungen auf den Aquífero Guarani haben, eine der größten unterirdischen Süßwasserreserven der Erde. Der riesige unterirdische See befindet sich größtenteils in Brasilien, Teile davon liegen in Paraguay und Uruguay. Die Umweltzerstörung führt zu Kettenreaktionen, die noch nicht vollständig absehbar sind.

Bolsonaro demonstrierte gleich zu Beginn seiner Amtszeit seine Verachtung für Klima- und Umweltprobleme. Die jährlich stattfindende Klimakonferenz im Rahmen der auch von Brasilien unterzeichneten UN-Klimarahmenkonvention sollte 2019 eigentlich in Brasilien tagen. Bolsonaro hat die Tagung abgesagt. 

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