USA-Mexiko-Krise: Republikaner fordern Einmarsch der US-Armee zur Bekämpfung von Drogenkartellen
Von Maria Müller
Die Krise zwischen den USA und Mexiko spitzt sich zu, der Schlagabtausch zwischen republikanischen Amtsinhabern und dem mexikanischen Präsidenten Andrés Manuel López Obrador gewinnt an Schärfe. Die Partei von Ex-Präsident Donald Trump argumentiert mit einer Sicherheitsbedrohung der USA durch die mexikanischen Drogenkartelle und fordert den Einmarsch der US-Armee. Vor Kurzem landeten die mexikanischen Behörden einen enormen Schlag gegen die chemische Droge Fentanyl, sie beschlagnahmten über sechs Tonnen – allerdings ohne Beteiligung der US-Fahnder. "Jedes Kilo Fentanyl bedeutet eine Million Dosen", erklärte Mexikos Staatschef. Er richtete in den vergangenen Tagen eine klare Botschaft an die USA:
"Mexiko wird respektiert, wir sind weder ein US-Protektorat noch eine Kolonie."
Seit über dreißig Jahren hat die Drogenmafia in Mexiko ihr Machtpotenzial entwickelt – vor den Toren des größten Abnehmers der Welt. Mit unterschiedlichen Methoden und wenig Erfolg versuchten die jeweiligen Regierungen selbst unter Einsatz ihrer Streitkräfte der Lage Herr zu werden. Doch erst gegen die Regierung von Andrés López Obrador, der entschlossen die nationalen Rohstoff-Interessen verteidigt, fordert man in den USA eine militärische Intervention.
Dafür aktivieren die Republikaner das alte Muster des "failed state", um den Einsatz der US-Soldaten im fremden Land zu rechtfertigen. Entsprechend bezeichnete der republikanische Abgeordnete Dan Crenshaw Mexiko als einen "potenziell gescheiterten Narkoterrorstaat an unserer Grenze".
In diesen Worten sind die zwei Elemente der nordamerikanischen Interventionsgesetze enthalten. Der "gescheiterte Staat" und "Terrorismusgefahr".
Die von republikanischer Seite neu entfachte Diskussion über eine militärische Penetration Mexikos wurde erstmals 2019 unter Donald Trump ins Spiel gebracht. Sie ist nicht nur ein Wahlkampfthema für 2024, sondern Ausdruck seines geostrategischen Konzeptes zur "Rettung Amerikas".
Damals konterte Mexikos Präsident gegen die Invasionspläne:
"Wir sind ein freies und souveränes Land, daher kann keine andere Regierung in unserem Territorium eingreifen, wenn es kein Kooperationsabkommen und natürlich den ausdrücklichen Wunsch unserer Regierung gibt."
Trump fokussierte sich strategisch schon immer auf den rohstoffreichen "Hinterhof" der USA, was an seinem Sanktionsfeldzug und den Putschversuchen gegen Venezuela überdeutlich wurde. Lateinamerika liegt geografisch weit näher als Afghanistan, der Irak oder Libyen. Militärinterventionen sind dort für die US-Armee leichter zu bewältigen als ein Krieg der NATO gegen ein starkes Russland oder China. Deshalb glaubt Trump, dass er den Krieg in der Ukraine sofort beenden könne – und denkt stattdessen an Lateinamerika.
Das Konstrukt, mit dem ein Einmarsch der Armee in Mexiko gerechtfertigt werden soll, ist eine angebliche "terroristische Bedrohung" der USA durch die Drogenkartelle in Mexiko. Dabei ist zu erwähnen, dass im Verlauf der Geschichte Mexikos die USA dort elfmal militärisch intervenierten.
Antrag auf militärische Intervention der USA
Am 12. Januar 2023 begannen die ersten zwei republikanischen Kongressabgeordneten mit der Wiederbelebung von Trumps Interventionskampagne. Dan Crenshaw und Michael Waltz legten dem Kongress einen Antrag auf Genehmigung der Anwendung von Gewalt der US-Streitkräfte gegen "die Verantwortlichen" für den Drogenhandel in Mexiko vor.
Auf Twitter äußerte sich der republikanische Abgeordnete Dan Crenshaw:
"Meine Gesetze mit @michaelgwaltz (ebenso rep. Abgeordneter) werden uns in den Krieg gegen die Kartelle führen, indem sie den Einsatz militärischer Gewalt gegen sie erlauben. Wir können nicht weiterhin zulassen, dass tödliche Kartelle Mexiko destabilisieren und Menschen und Drogen in die USA importieren."
Dem Dokument der Abgeordneten zufolge tötet die Droge Fentanyl jedes Jahr mindestens 80.000 Amerikaner und soll in den Vereinigten Staaten die häufigste Todesursache für Männer im Alter von 18 bis 45 Jahren sein.
"Wir müssen anfangen, die Drogenkartelle wie ISIS zu behandeln", sagte Crenshaw vor dem Kongress, als er den Gesetzesentwurf vorstellte. (Gemeint ist die arabische Terrororganisation Islamischer Staat.)
Rechtfertigung für den Einsatz
Am 9. März kündigten dann zwei weitere republikanische Parlamentarier, Lindsey Graham und John Neely Kennedy, an, dass sie ein Gesetz einbringen würden, um Kartelle zu "Terroristen" zu erklären, die mit Fentanyl und anderen Drogen handeln.
Diese Maßnahme würde es Washington ermöglichen, unter dem Vorwand der Verteidigung seiner nationalen Sicherheit die Mechanismen für eine militärische Intervention in Mexiko zu aktivieren.
In den letzten Tagen sollen weitere Kongressmitglieder diese Vorschläge unterstützt haben, ein Stein kommt ins Rollen.
Der Präsident Mexikos erklärte auf Twitter:
"Wir werden keiner ausländischen Regierung erlauben, einzugreifen, geschweige denn ihren Streitkräften ... Dieser Vorschlag der Republikaner ist eine Beleidigung des mexikanischen Volkes. Wenn sie ihre Einstellung nicht ändern, werden wir unsere Landsleute dazu aufrufen, diese Partei NICHT ZU WÄHLEN."
Das Stimmenpotenzial des in den USA lebenden mexikanischen Bevölkerungsanteils ist bedeutend, außerdem könnte eine solche Kampagne auf die "Latinos" aus anderen Herkunftsländern übergreifen.
"Wenn sie ihre Haltung nicht ändern und denken, dass sie Mexiko für ihre Propaganda-, Wahl- und politischen Zwecke benutzen können, werden wir dazu aufrufen, dass diese Partei nicht gewählt wird, weil sie interventionistisch, unmenschlich, heuchlerisch und korrupt ist", so die Worte des im Volksmund "AMLO" genannten Staatschefs.
Sein Land werde sich an die Vereinten Nationen wenden, um Sanktionen gegen Washington zu fordern, wenn US-Parlamentarier weiterhin zu einer US-Invasion in Mexiko aufrufen. Außerdem kritisierte er die Drogenpolitik der Vereinigten Staaten und nannte die zentrale Frage beim Namen:
"Warum kämpfen sie nicht gegen die Verteilung von Fentanyl in den USA? Und genauer gesagt: Warum kümmern sie sich nicht um ihre Jugend?"
Damit verteidigte López Obrador gleichzeitig die sozialpolitischen und erzieherischen Maßnahmen seiner Regierung, mit dem vor allem die Jugendlichen davor bewahrt werden sollen, Drogen zu konsumieren und sich den Kartellen anzuschließen. Ohne die Bekämpfung der strukturellen Ursachen und allein mit gewalttätiger Repression sei dem Narkotika-Problem nicht beizukommen.
Die große Frage steht allerdings nach wie vor im Raum: Wo sind die Maßnahmen innerhalb der USA selbst, wo bleibt der "Krieg" gegen die Verteilerkartelle, wo bleiben die Erfolge gegen den Konsum? Warum gilt die Hauptstadt Washington nach Untersuchungen als größter Verbrauchermarkt der USA, ohne dass man jemals etwas von örtlichen Bekämpfungsmaßnahmen hörte?
Dialogrunde mit Delegation aus den USA
Mitte März besuchte schließlich eine Delegation von US-"Drogenexperten" das Nachbarland und führte Gespräche mit der Regierung. Beide Seiten vereinbarten in dieser Runde als ersten gemeinsamen Schritt eine intensive Propaganda- und Aufklärungskampagne für einen neuen Anlauf zur Immunisierung der Bevölkerung. Der Vorschlag ist sicherlich als diplomatischer Erfolg AMLOs zu werten.
Doch die Republikaner lassen nicht nach. William Barr, Leiter der Staatsanwaltschaft während der Regierung Donald Trump, verstärkte die Kampagne am 21. März mit einem umstrittenen Artikel im Wall Street Journal. Dort schrieb er:
"Wenn eine Regierung nicht willens oder nicht in der Lage ist, [Kartelle zu bekämpfen], dann hat das geschädigte Land das Recht, direkte Maßnahmen zu ergreifen, um die Bedrohung zu beseitigen, mit oder ohne Zustimmung des Gastgeberlandes."
Die Verfassung von Mexiko besteht auf der Souveränität des Landes und weist in ihrem Artikel 33 darauf hin, dass sich Ausländer nicht in die politischen Angelegenheiten des Landes einmischen können. Während das Nationale Sicherheitsgesetz betont, dass jede ausländische Einmischung als Bedrohung für den Staat angesehen wird und die Regierung daher in der Lage ist, so zu reagieren, wie sie es für richtig hält.
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