"Auf dem Weg in die Katastrophe": Tausende Argentinier protestieren gegen IWF-Schuldenabkommen
Tausende von Menschen haben in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires demonstriert und ihre Regierung aufgefordert, kein Umschuldungsabkommen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) zu unterzeichnen. Die Demonstranten drängten sich am Samstag auf der Plaza de Mayo in Buenos Aires und trugen Plakate mit der Aufschrift "Nein zu einem Abkommen mit dem IWF".
Carlos Aznarez von Organizaciones Libres del Pueblo, eine der Gruppen, die die Kundgebung organisiert hatten, sagte gegenüber dem Nachrichtensender Al Jazeera:
"Die Menschen sind sich vielleicht vieler Dinge nicht bewusst, aber sie sind sich der Tatsache bewusst, dass die Worte 'Internationaler Währungsfonds' in diesem Land ... uns immer mehr Elend und mehr Abhängigkeit gebracht haben."
Und er ergänzte:
"Die Menschen verstehen, dass wir auf eine Katastrophe zusteuern, wenn wir dieses Abkommen unterzeichnen."
Die argentinische Regierung verhandelt derzeit mit dem IWF über eine Umstrukturierung der 44 Milliarden US-Dollar, die das Land dem globalen Fonds schuldet.
Das Darlehen stammt aus dem Jahr 2018, als der damalige Präsident Mauricio Macri eine Vereinbarung mit dem internationalen Kreditgeber der letzten Instanz über 57 Milliarden US-Dollar unterzeichnete, was das größte Darlehen in der Geschichte des IWF darstellt. Etwa 44 Milliarden US-Dollar wurden ausgezahlt, aber Präsident Alberto Fernandez, der 2020 sein Amt antrat, lehnt den Rest ab und will die Rückzahlungsbedingungen des Kredits neu verhandeln.
Die derzeitige Vereinbarung sieht Rückzahlungen in Höhe von jeweils 19 Milliarden US-Dollar in den Jahren 2022 und 2023 vor – Beträge, die sich die Regierung nach Ansicht vieler nicht leisten kann. Zumal sich Argentinien inmitten einer Rezession befindet. Steigende Inflation und Armut kommen hinzu. Laut Sozial-Organisationen, die am Samstag mit demonstrierten, würde die Rückzahlung der Schulden unweigerlich zu weiteren Sparmaßnahmen führen, die die argentinischen Bürger treffen würden.
Erinnerungen an 2018 und 2001
Die Organisationen befürchten eine Verteuerung der Versorgungsleistungen, eine Erhöhung der Zinssätze, eine Reduzierung der öffentlichen Arbeiten, Kürzungen bei den Staatsbediensteten, den Renten und den Sozialausgaben. So wie schon 2018, als die Regierung einen vom IWF unterstützten Plan zur Kürzung der öffentlichen Ausgaben durchsetzte, um Schulden zu tilgen.
Auch die Rolle, die der IWF im Vorfeld und während des finanziellen Zusammenbruchs von 2001 gespielt hat, macht viele Argentinier noch wütend. Damals wertete die Regierung ihre Währung ab und verbot Bankabhebungen, nachdem sie ihre Schulden in Höhe von 93 Milliarden US-Dollar nicht mehr bedienen konnte, was zu weit verbreiteten sozialen Unruhen führte, da Arbeitslosigkeit und Armut in die Höhe schnellten.
"Es gibt ein überwältigendes Misstrauen eines großen Teils der Gesellschaft gegenüber dem IWF, weil es kein kollektives Gefühl gibt, dass der IWF Argentinien tatsächlich geholfen hat", sagte Martin Kalos, ein argentinischer Wirtschaftswissenschaftler, gegenüber Al Jazeera. Und er ergänzte:
"Der Einfluss des IWF auf die argentinische Politik ist in vielen Fällen sehr deutlich gewesen."
Er fügte hinzu, dass diese Politik "nicht dazu geführt habe, Krisenmomente zu mildern und in einigen Fällen dazu beigetragen haben, uns in die Krise zu bringen".
Laut den Organisationen, die am Samstag in Buenos Aires protestierten, soll die Bevölkerung entscheiden, ob die Regierung den IWF zurückzahlen soll. Diese Frage müsse der Öffentlichkeit in einem Referendum vorgelegt werden. Ana Barreto, eine Leiterin der sozialen Organisation Libres del Sur, sagte gegenüber Al Jazeera:
"Die Regierung muss die Tilgung der Schulden aussetzen, damit sie das Geld umleiten kann, um den Menschen zu helfen, die es am meisten brauchen, die es nicht bis zum Ende des Monats schaffen, die zu einer kommunalen Suppenküche gehen müssen, um ihre Familien ernähren zu können."
Nach Angaben der Regierung sind die Preise in den letzten 12 Monaten um 52 Prozent gestiegen, und mehr als 40 Prozent der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze. "Die Barrios [Stadtviertel, Anm. d. Red] haben keine Lebensmittel. Buchstäblich", so Aznarez. Und sie fügte hinzu:
"Wir versuchen, die Barrios, die keine Milch haben, mit Milch zu versorgen, auch wenn die Regierung sagt, dass sie welche schickt, aber wir können das nicht ewig tun."
Es werde ein schwieriges Jahr werden, so die Aktivistin weiter. Man werde vermutlich die ganze Zeit auf der Straße sein.
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