Parlamentswahlen in Venezuela: Selbsternannter Interimspräsident Guaidó ruft zum Boykott auf
Venezuelas selbsternannter "Interimspräsident" Juan Guaidó ruft zum Boykott der Parlamentswahlen auf, die am Sonntag stattfinden. Den Präsidenten Venezuelas, Nicolás Maduro, bezeichnete Guaidó nach dessen Wiederwahl 2019 als Usurpator und übernahm selbst eine parallele Präsidentschaft – mit der Unterstützung einer Reihe einzelner Länder, darunter den USA und Deutschland. Dennoch gelang es ihm nicht, Maduro zu verdrängen. Venezuela wird am Sonntag ein neues Parlament wählen, doch Kräfte der Opposition, allen voran Guaidó selbst, boykottieren diese. Gemäß der venezolanischen Verfassung müssen die Parlamentswahlen jedoch in diesem Jahr durchgeführt werden.
Abgeordnete aus dem Guaidó-Lager haben bereits offen angesagt, dass sie sich auch nach dem 5. Januar, wenn die gegenwärtige Legislatur ausläuft, als legitime Parlamentarier sehen. Ihr "Mandat" bleibe intakt, weil die Abstimmung am Sonntag manipuliert würde. Guaidó würde somit Interimspräsident und Parlamentspräsident bleiben, behauptete beispielsweise der Abgeordnete Freddy Guevara gegenüber Reuters.
Denn wenn die Parlamentswahlen für ungültig erklärt werden, würde die derzeitige Nationalversammlung bestehen bleiben, dessen Präsident Guaidó ist. Aus dieser Position proklamierte er sich im Januar 2019 zum Interimspräsidenten, auf dieses Amt stützt er die Legitimation als "Interimspräsident" Venezuelas. Seine Popularität ist seither jedoch dramatisch gesunken.
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Washington und dessen lateinamerikanische Verbündete, die sogenannte Lima-Gruppe, haben bereits im Oktober mitgeteilt, dass sie die von Maduro ausgerufenen Parlamentswahlen ablehnen und ihre Unterstützung für Guaidó bekräftigen. Gegenüber internationalen Medien erklärt Guaidó weiterhin, dass die internationale Gemeinschaft ihn braucht, um Nicolás Maduro zu stürzen. Dafür benötige er die Unterstützung der Vereinigten Staaten, betont Guaidó, während Berater des gewählten US-Präsidenten Joe Biden angekündigt haben, direkte Kontakte zu Maduro aufnehmen.
Guevara erklärte zudem, dass das Parlament über eine Verringerung der Zahl der Botschafter diskutiert, die Guaidó im Ausland vertreten. Guaidó hat fast 50 Botschafter in Nationen ernannt, die seine Führung anerkannt haben. Er ernannte auch einen Offshore-Generalstaatsanwalt, einen Ad-hoc-Vorstand der PDVSA (der Erdölgesellschaft Petróleos de Venezuela) und einen Ad-hoc-Zentralbankrat.
Einige Vertreter der umstrittenen Opposition hatten ihre Besorgnis darüber geäußert, dass sie verhaftet oder ihre Häuser von der Polizei durchsucht werden könnten. Sie stehen unter Verdacht, gezielt die Regierung von Maduro destabilisiert und sämtliche Gelder von Offshore-Regierungskonten gestohlen zu haben.
Obwohl Guaidó keinerlei staatliche Institutionen in Venezuela offiziell kontrolliert, hat seine "Regierung" Verbündete benannt, um so die Auslandsvermögen der staatlichen Ölgesellschaft PDVSA zu überwachen, zu denen die in den USA ansässige Raffineriegesellschaft Citgo gehört. Die Langzeit-Interimsregierung erhielt weiterhin die nominale Kontrolle über 342 Millionen US-Dollar an Geldern auf US-Konten, die der Regierung Maduros im Rahmen ihrer Sanktionen, mit denen Druck auf Maduro ausgeübt werden sollte, damit er das Land verlässt, von der US-Regierung beschlagnahmt wurden. Beschränkungen des US-Finanzministeriums hinsichtlich der Verwendung dieser Gelder sind für Oppositionskreise zu einer Quelle der Frustration geworden.
Eine "Gesandte" von Guaidó, Vanessa Neumann, ist laut einem Interview mit der Financial Times wenige Tage vor den Parlamentswahlen in Venezuela von ihrem Posten zurückgetreten. Die "Vertreterin" der Interimsregierung im Vereinigten Königreich erklärte, dass "die Zukunft der Führung von Guaidó innerhalb der Opposition nicht klar ist", und dass sie persönlich den "Kampf gegen Maduro" fortsetzen werde.
Derweil hat die UN-Generalversammlung die von der Maduro-Regierung ernannten Diplomaten als die "einzigen und legitimen" Vertreter des südamerikanischen Landes für den Zeitraum von 2020 bis 2021 akzeptiert. Für den venezolanischen Botschafter bei den Vereinten Nationen, Samuel Moncada, stellt die UN-Entscheidung eine "Anerkennung des souveränen Willens des Volkes, seine Herrscher in Frieden zu wählen" und des Rechts Venezuelas auf Selbstbestimmung dar.
"Die UN-Generalversammlung, 193 Länder der internationalen Gemeinschaft, lehnte die Praxis der USA ab, Behörden und diplomatische Vertreter anderer Staaten gegen den Willen ihres Volkes durchzusetzen. Dies ist ein Sieg für die UN-Charta und das Völkerrecht", twitterte der Diplomat.
La Asamblea General ONU, 193 países de la comunidad internacional, rechazó la práctica de EEUU de imponer autoridades y representantes diplomáticos de otros estados contra la voluntad de sus pueblos. Es una victoria para la Carta de la ONU y el derecho internacional. pic.twitter.com/TvKVUn1o74
— Samuel Moncada (@SMoncada_VEN) December 1, 2020
Demnach hatten die USA mit der Abstimmung beabsichtigt, dass die UN die Mandate der von Maduro ernannten Vertreter entzieht, um an ihrer Stelle eine andere Delegation zu ernennen, die aus "Gesandten" des selbst ernannten Interimspräsidenten Juan Guaidó besteht.
Laut der Vorsitzenden des Nationalen Wahlrates, Indira Alfonzo, haben sich 14.400 Kandidaten aus 107 politischen Gruppierungen aufstellen lassen, größtenteils aus unterschiedlichen oppositionellen Parteien. Mehr als 300 Wahlbeobachter aus Europa, Afrika, Asien, Lateinamerika, der Karibik und den USA sollen laut Maduro am Sonntag dabei sein. Während die EU die Wahlbeobachtung abgesagt hat, haben Delegierte des Rates lateinamerikanischer Wahlexperten den Prozess bisher als vertrauenswürdig eingestuft.
Auch die Regierung der Russischen Föderation plant, zu den Parlamentswahlen am 6. Dezember in Venezuela Wahlbeobachter zu entsenden, wie Außenminister Sergei Lawrow am Dienstag mitteilte. Er betonte die Hoffnung, dass sich internationale Beobachter der venezolanischen Wahlen "nach den objektiven Ergebnissen richten und nicht versuchen, die Bewertungen der Abstimmung an ihre außen- und geopolitischen Präferenzen anzupassen."
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