Nach Gaddafi-Kandidatur: Auch General Haftar tritt bei Präsidentschaftswahl in Libyen an
Obwohl es noch nicht gelungen ist, eine allseits akzeptierte Rechtsgrundlage für die Wahlen in Libyen zu finden, kündigte der Vorsitzende der Nationalen Wahlkommission vor Kurzem an, dass sich Kandidaten die für den 24. Dezember geplante Präsidentschaftswahl in Libyen registrieren lassen können. Nachdem der Sohn des ermordeten früheren libyschen Staatsoberhaupts Muammar al-Gaddafi, Saif al-Islam al-Gaddafi, seine Kandidatur bekannt gegeben hatte, zog nun am Dienstag der faktisch im Nordosten Libyens herrschende General Chalifa Haftar nach und erklärte ebenfalls seine Kandidatur.
Haftar tat dies in einer Fernsehansprache und sagte, Wahlen seien der einzige Ausweg aus der Krise in Libyen, das nach der NATO-Intervention 2011 in Chaos und Bürgerkrieg versank. Seine Entscheidung zu kandidieren wird viele in Tripolis und den westlichen Regionen des Landes verärgern, da die Funktionäre in Tripolis behaupten dürften, dass Abstimmungen in Gebieten, die Haftar hält, gar nicht fair sein könnten. Haftar ist seit Mai 2014 militärischer Befehlshaber der Libyschen Nationalarmee (LNA) im Osten des Landes. Im April 2019 begann Haftar vergeblich eine Offensive, um die Hauptstadt Tripolis im Westen zu erobern.
Mittlerweile zieht auch der amtierende Ministerpräsident Abdul Hamid Dbeiba seine Kandidatur in Betracht, obwohl sich die Kandidaten für die Übergangsregierung seinerzeit verpflichtet hatten, nicht bei der Präsidentschaftswahl anzutreten. Unter UN-Vermittlung hatten die Konfliktparteien im März eine Übergangsregierung gewählt. Diese löste offiziell die Regierung mit Sitz in Tripolis sowie die Gegenregierung mit Sitz im Osten des Landes ab. Der interimistisch amtierende Dbeiba sagte am Montag, dass er für das Präsidentenamt kandidieren werde, wenn das Volk das wolle.
Offiziell gab er seine Kandidatur indes noch nicht bekannt. Nach den Wahlgesetzen Libyens müssen Kandidaten drei Monate vor der Wahl jegliche öffentliche Anstellung aufgeben, während Dbeiba bis heute sein Amt in der Übergangsregierung innehat.
Erst in der vergangenen Woche bei einer internationalen Konferenz in Paris hatten verschiedene Regierungschefs ihre Unterstützung für die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen bestätigt. Es besteht jedoch die Befürchtung, dass das umstrittene Wahlgesetz sogar einen weiteren Konflikt auslösen könnte. Ungeklärt sind dabei etwa der Zuschnitt der Abstimmungsbezirke und der Mechanismus für die Zulassung der Kandidaten. Darüber hinaus sind weiterhin Tausende Söldner, darunter vieler Syrer, die von der Türkei oder den Vereinigten Arabischen Emiraten kommandiert werden, in Libyen Stationiert.
Der Chef des Libyschen Hohen Staatsrats sagte am Samstag, dass die Wahlen im nächsten Monat um drei Monate verschoben werden könnten. Im Gespräch mit der NachrichtenagenturAnadolu nannte Chalid al-Mischri Meinungsverschiedenheiten über die Wahlgesetze als Hauptgrund. Die westlichen Diplomaten in Paris unterstützen aber die von der Wahlkommission HNEC organisierten Wahlen bedingungslos und wollen politische Entscheidungsträger, die sich gegen die Abstimmung wenden, mit Sanktionen belegen. Mischri hatte bereits bei der Verfassungskommission um die Annullierung des Wahlgesetzes gebeten. Dieses sei dem libyschen Parlament von Frankreich und Ägypten auferlegt worden, um deren Verbündetem Haftar die Kandidatur zu ermöglichen, behauptet Mischri. Er steht der Muslimbruderschaft nahe.
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