Afrika

Zentralafrikanische Republik: Russland im geopolitischen Hexenkessel

In der Zentralafrikanischen Republik soll am Sonntag gewählt werden. Doch in dem ressourcenreichen Land drohen schwelende Spannungen zu eskalieren. Russland entsendete militärisches Personal ins Land. Als ehemalige Kolonialmacht fühlt sich auch Frankreich dem Land verbunden.
Zentralafrikanische Republik: Russland im geopolitischen HexenkesselQuelle: AFP © Florent Vergnes

Reich und doch so bitterarm. Was für viele Länder Afrikas gilt, gilt insbesondere für die Zentralafrikanische Republik (ZAR). Erhebliche Vorkommen an Diamanten, Uran, Holz und Gold schlummern im Boden des tropischen Landes im Herzen Afrikas mit einer Bevölkerung von 4,6 Millionen Einwohnern.

Am Sonntag sollen nun Präsidentschafts- und Parlamentswahlen stattfinden, bei denen sich der Staatschef und ehemalige Mathematikprofessor Faustin Archange Touadéra um eine zweite Amtszeit bewirbt. Doch da wäre noch die Opposition unter Ex-Präsident François Bozizé. Dieser mobilisierte vor den Wahlen seine Anhänger, nachdem das Verfassungsgericht den früheren Staatschef nicht als Kandidaten für die Wahl am Sonntag zugelassen hatte.

Wenige Tage vor den Präsidentschaftswahlen spitzt sich die Situation vor Ort nun immer weiter zu. Auch die russische Regierung zeigte sich alarmiert und entsendete auf Bitten der Regierung in Bangui am Sonntag 300 Militärberater in die Zentralafrikanische Republik. Regierungssprecher Ange Maxime Kazagui will jedoch erfahren haben, dass es sich um reguläre Soldaten und schweres Kriegsgerät handele:

"Russland hat im Rahmen eines bilateralen Kooperationsabkommens mehrere Hundert Soldaten und schwere Waffen geschickt."

Nach Angaben des russischen Außenministeriums werde "die Entwicklung der Situation in der Zentralafrikanischen Republik" aufmerksam verfolgt. Ergänzend hieß es:

"Wir sind ernsthaft besorgt, dass die Ereignisse der letzten Tage zu einer starken Verschlechterung der Sicherheitslage in diesem Land geführt haben."

Kein Zweifel besteht derweil darin, dass das kleine, aber wirtschaftlich prosperierende westafrikanische Land Ruanda Truppen entsendete. Mehrere Hundert Mann sollen sich bereits im Land befinden und an Kampfhandlungen beteiligt sein. In einer am späten Sonntag veröffentlichten Erklärung hieß es:

"Die Regierung Ruandas hat im Rahmen eines bestehenden bilateralen Verteidigungsabkommens Einheiten zum Schutz der Truppen in die Zentralafrikanische Republik entsandt."

Die ruandischen Einheiten seien entsendet worden, um den Schutz der eigenen Blauhelmsoldaten im Land (UN-Mission MINUSCA) zu gewährleisten.

Bereits Anfang Dezember 2013 eskalierte in der Zentralafrikanischen Republik die Situation, als in Bangui Zusammenstöße zwischen Kämpfern der muslimisch dominierten Séléka, einer Koalition mehrerer Milizen, und den Anti-Balaka, einem Bündnis christlicher Rebellen, ausbrachen. Letztere unterstützten den christlichen damaligen Präsidenten Bozizé. Am Morgen des 24. März 2013 nahmen Séléka-Rebellen den Präsidentenpalast ein und Bozizé ergriff die Flucht.

Die Wahl von Touadéra im Februar 2016 zum Präsidenten des Landes beendete die Übergangsperiode unter Präsidentin Catherine Samba-Panza.

Im Verlauf der Eskalation intervenierte Frankreich von Ende 2013 bis zum Oktober 2016 im Rahmen der Operation Sangaris und entsendete Tausende Soldaten, Waffen und Geld zur "Stabilisierung" der Situation. Es handelte sich um die siebte Intervention Frankreichs seit der formellen Unabhängigkeit der Zentralafrikanischen Republik im Jahr 1960.

"Aber Paris stellte sich als sehr passiv heraus. Die drei größten bewaffneten Rebellengruppen kämpften einfach weiter", erklärte der russische Politik-Analyst Andrei Koschkin gegenüber RT DE Ende Dezember 2018.

Die ehemalige Kolonialmacht Frankreich prägt seit Langem die politische Entwicklung der ZAR, einem Land, das trotz enormen Rohstoffreichtum zu den ärmsten der Welt zählt.

Die Abhängigkeit der politischen Elite von Frankreich habe es französischen Unternehmen ermöglicht, die Rohstoffe des Landes auszubeuten. Als Bozizé sich anschickte, sich anderen internationalen Partnern zuzuwenden, nämlich China und Südafrika, wurde er von Paris fallengelassen, heißt es unter anderem bei der Bundeszentrale für politische Bildung.

Im Februar 2019 wurde schließlich der Friedensvertrag von Bangui unterzeichnet, in dessen Verlauf der neue Präsident Touadéra die Regierung zweimal umbildete, um den muslimischen Milizen eine größere Regierungsbeteiligung zu ermöglichen. Doch auch der achte Friedensvertrag zwischen Regierung und Rebellengruppen innerhalb von zwei Jahren wurde nicht eingehalten. Seither schwelt der Konflikt in der Zentralafrikanischen Republik.

Auch Russland wurde zum Akteur in dem äußerst instabilen Land. In 2018 wurde ein Abkommen zur militärischen Zusammenarbeit zwischen der Russischen Föderation und der Zentralafrikanischen Republik unterzeichnet, und bereits seit 2013 sind russische Militärberater vor Ort stationiert. Ihre Aufgabe liegt in der Ausbildung der örtlichen Streitkräfte. Zudem gewährleisten sie die Sicherheit des Staatspräsidenten Touadéra.

Das Vertrauen der Regierung in Bangui zu Russland ist groß. Dies bestätigte die Verteidigungsministerin des Landes Marie-Noëlle Koyara bereits im Januar 2019:

"Unsere Bevölkerung nimmt Russland sehr positiv wahr. Wenn es um Russland geht, verstehen die Menschen, dass dies ein vollwertiger Partner ist, der die Zukunft des Landes verändern kann. Und es ist diese Unterstützung durch die Menschen, sozusagen von der Masse her, die darauf hindeutet, dass das Wort "Partner" für Russland voll zutreffend ist", fügte die Ministerin hinzu.

Im Vorfeld der für Sonntag vorgesehen Präsidentschaftswahlen wird nun das ehemalige Staatsoberhaupt Bozizé beschuldigt, einen Staatsstreich durchführen zu wollen. Dies veranlasste die Vereinten Nationen bereits dazu, ihr vor Ort im Rahmen von MINUSCA operierendes Personal aufzustocken. Die sogenannten UN-Blauhelme befinden sich mit einer Stärke von 12.800 uniformierten seit 2014 vor Ort.

Am Samstag beschuldigte die Regierung in Bangui den ehemaligen Präsidenten Bozizé eines versuchten Staatsstreichs, nachdem sich drei mächtige Rebellengruppen zusammengeschlossen und begonnen hatten, auf die Hauptstadt Bangui vorzurücken.

Am Dienstag wurde berichtet, dass Rebellengruppen nach Kämpfen mit Soldaten der ZAR und der UN die viertgrößte Stadt des Landes, Bambari, unter ihre Kontrolle gebracht hätten. Ziel der mutmaßlich von Bozizé kontrollierten Rebellenverbände ist es, die Hauptstadt Bangui einzunehmen. UN-Soldaten hätten jedoch verhindern können, dass die Rebellenfraktion weiter auf die Hauptstadt vorrückt.

Derweil weist Bozizé jede Verantwortung für die jüngste Eskalation der Gewalt von sich. So erklärte Christian Guenebem, ein Sprecher der KNK-Partei des ehemaligen Präsidenten:

"Wir bestreiten kategorisch, dass Bozizé der Ursprung des Ganzen ist. Die Regierung hat immer versucht, die physische und politische Integrität von Bozizé zu untergraben."

In Bezug auf den Blick Frankreichs auf das Agieren Moskaus in der Zentralafrikanischen Republik hatte Militärexperte Andrei Koschkin, von der Fakultät für Politikwissenschaften an der Plechanow-Wirtschaftsuniversität in Moskau, gegenüber RT DE erklärt:

"Paris will die Rohstoffe beschlagnahmen und das Monopol in diesem Land haben, weil das Land – und ich möchte das noch mal unterstreichen – aus geografischer Sicht und vor allem in Bezug auf die Menge der Bodenschätze einzigartig ist. Die Förderung der reichen Bodenschätze erfolgt in der Regel zu einem Spottpreis."

Daher versuche Frankreich Russland aus dem Land zu drängen und dies auch durch die Lieferung von Waffen und Geld.

"Der Punkt ist jedoch, dass wir dort im Rahmen des internationalen Rechts tätig sind. Die UNO hat die Tätigkeit Russlands in der Zentralafrikanischen Republik bewilligt", so Koschkin ergänzend.

Der ZAR-Oppositionspolitiker Pascal Bida Koyagbele beschuldigte 2016 Frankreich je nach aktuellem Interesse mal muslimische, mal christliche Rebellengruppen im Land zu bewaffnen, um dadurch die Kontrolle über die lokalen Ressourcen zu behalten.

"Frankreich hat die Seleka-Rebellen benutzt, um Präsident François Bozizé abzusetzen, weil er sich weigerte, ihre Bedingungen für die Ölförderung im Land zu akzeptieren".

Nach Angaben von Koyagbele habe der damalige Präsident Bozizé in den späten 2000er-Jahren eine chinesische Firma mit der Förderung des entdeckten Erdöls beauftragt, nachdem er sich nicht mit Frankreich einigen konnte. Paris habe einen wesentlich größeren Anteil verlangt – 90 Prozent.

Frankreich wies die Anschuldigungen als unbegründet zurück. Zu den aktuellen Geschehnissen heißt es derweil aus Paris:

"Frankreich bringt seine tiefe Besorgnis über die zunehmenden Spannungen in der Zentralafrikanischen Republik zum Ausdruck. Es verurteilt aufs Schärfste die zunehmende Gewalt seitens bewaffneter Gruppen und fordert deren sofortige Beendigung."

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