Afrika

Vergessene Insel, vergessener Kontinent: Öl-Katastrophe in Mauritius kaum von Interesse

Seit vergangenem Donnerstag leckt Öl aus dem 300 Meter langen Frachtschiff MV Wakashio, das auf ein Korallenriff gelaufen ist, etwa 1.000 Tonnen sollen bisher ausgelaufen sein. Das Öl verschmutzt die Korallenriffe, die Lagunen und Buchten. Helfen müssen sich die Einheimischen größtenteils selbst.
Vergessene Insel, vergessener Kontinent: Öl-Katastrophe in Mauritius kaum von InteresseQuelle: Reuters © Dev Ramkhelawon/L'Express Maurice

Dickflüssiges Öl wird ans Ufer gespült – das sonst so normale Meeresrauschen klingt anders. Die Ruhe und Idylle an den Stränden von Mauritius sucht jetzt man vergebens. Bereits vor zwei Wochen lief vor der Südostküste des Inselstaates Mauritius im Indischen Ozean das japanische Schiff Wakashio auf ein Korallenriff. Vor wenigen Tagen riss der Tank. Mehr als 1.000 Tonnen Öl sind seitdem ins Meer gelaufen, bis zu 2.500 Tonnen sollen noch auf dem Schiff lagern. Das Schiff liegt etwa zwei Kilometer vom Festland entfernt.

Zivilgesellschaft statt staatlicher Hilfen

Immer wieder beladen einheimische Fischer ihre Boote mit selbst gebauten Ölbarrieren. Zuckerrohrblätter, lange trockene Grashalme und Stroh werden in Plastik gerollt und mit Wolldecken umwickelt, die dann zusammengenäht werden. Alles wird versucht, um zu verhindern, dass sich das Öl noch weiter ausbreitet. Der Umweltaktivist Sunil Dowarkasing ist deshalb voll des Lobes:

"Dieses Leck hat die ganze Insel erschüttert. Menschen aus allen Bereichen, aus der Zivilgesellschaft, Nichtregierungsorganisationen, Universitätsstudenten packen jetzt an. Der Privatsektor ist sehr stark beteiligt, was die Ressourcen betrifft. Das Stroh kommt direkt von den Feldern und eine Menge Material kommt von Privatleuten. All diese Menschen organisieren sich jetzt. Die Zivilgesellschaft ersetzt den Staat und versucht, diese Ölpest einzudämmen."

Auch Kritik an der Regierung in der Hauptstadt Port Louis wird lauter. Immer mehr Menschen fragen sich, warum das Öl nicht schon vor zwei Wochen abgepumpt wurde, als der Frachter auf Grund lief. Sunil Dowarkasing spricht aus, was viele denken: "Die Regierung hat auf Anraten der Firma und deren Experten gehandelt, ohne an die Interessen der Bevölkerung von Mauritius zu denken oder daran, was getan werden sollte, um unser Land und unsere Lagune vor dieser Gefahr zu schützen. Von Anfang an bestand das Risiko, dass Öl ausläuft."

Das ist eine grobe Fahrlässigkeit der Regierung.

"Wir sind nicht ausreichend ausgerüstet, um einem derartigen Problem begegnen zu können", sagt Minister Maudhoo. Die Regierung hat einige Hundert Meter Wassersperren um den Frachter gelegt.

"Die Regierung hat viel zu spät gehandelt, sie hätte früher um Hilfe rufen sollen", sagt die Parlamentsabgeordnete Joanna Berenger der BBC. Das Schiff sei bereits am 25. Juli auf Grund gelaufen und sei erst fast zwei Wochen später leckgeschlagen.

Einwohner schneiden sich Haare ab

Die Oppositionspolitikerin hat sich vor wenigen Tagen selbst die Haare abgeschnitten und sie an den Strand getragen, wie viele andere auch. "Haare binden Öl hervorragend, ein Kilo Haare kann bis zu acht Liter Öl aufsaugen", sagt Berenger. Leider gebe es auf der Insel mit nur 1,3 Millionen Einwohnern nicht sonderlich viel davon.

Die Regierung hat in den vergangenen Tagen die Nachbarländer Südafrika und Indien um Hilfe gebeten, die aber alle weit entfernt sind, Mauritius liegt etwa 1.800 Kilometer vor der Küste des afrikanischen Kontinents. Am schnellsten können die Franzosen Hilfe leisten, Präsident Emmanuel Macron beorderte ein Aufklärungsflugzeug, ein Marineschiff und Spezialkräfte vom nahe gelegenen Stützpunkt im Überseedepartement La Réunion zum Unglücksort.

Immerhin, eine gute Nachricht: Am Sonntag sagte der Premierminister der Insel, Pravind Jugnauth, dass es den Rettungskräften gelungen sei, das Leck abzudichten. "Es besteht aber weiter die Gefahr, dass das Schiff auseinanderbricht."

Eigentümer entschuldigt sich

Die MV Wakashio war auf dem Weg von Brasilien nach China und wurde 2007 fertiggestellt, sie gehört einer japanischen Reederei, fährt unter panamaischer Flagge und wird von einem indischen Kapitän gesteuert. Die Reederei entschuldigte sich am Sonntag auf einer Pressekonferenz für den Unfall, dessen Ursache nun untersucht werde. "Es tut uns unendlich leid", sagte Akihiko Ono, der stellvertretende Vorstandschef der Mitsui OSK Lines, die das verunglückte Schiff betreibt.

Wir werden alles tun, um den Schaden wiedergutzumachen.

Viel ist bisher aber nicht geschehen, Japan sagte lediglich die Entsendung sechs technischer Einsatzkräfte zu. Hilfskräfte vor Ort sagten lokalen Medien, dass zumindest das sich bessernde Wetter den Einsatz erleichtere und weiter Öl aus dem Schiff gepumpt werde. Dennoch breite sich der Ölteppich aus und erreiche auch die bei Touristen beliebten Sandstrände.

Das Unglück ereignete sich zu einem Zeitpunkt, als sich Mauritius gerade wieder auf die Öffnung des Landes vorbereitete, die Insel gilt als einziges afrikanisches Land als coronafrei. Im vergangenen Jahr zählte Mauritius 1,4 Millionen Besucher, der Tourismus macht zehn Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes aus. Dieses Jahr kamen wegen Corona erst 300.000 Touristen.

Wirtschaft in Gefahr

Wirtschaftlich gesehen waren die vergangenen Jahrzehnte eine Erfolgsgeschichte, die Holländer hatten die unbewohnte Insel im 17. Jahrhundert besiedelt und im 18. entnervt wieder aufgegeben, weil sie so weit draußen lag. Danach kamen Franzosen und Briten. Als Mauritius 1968 unabhängig wurde, gaben viele der Insel wenig Chancen, sie hatte damals ja nicht viel mehr als Zuckerrohr zu bieten.

Als die EU das Zuckerrohr nicht mehr zum garantierten Mindestpreis abnahm, geriet Mauritius in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Tat dann aber einiges, um von der Abhängigkeit vom Zuckerrohr loszukommen: Die Insel wurde zu einem Zentrum der Textilindustrie und zu einer Steueroase, die nicht immer genau hinschaut, woher das Geld eigentlich kommt. Vor allem aber wurde Mauritius zum Südseetraum von Millionen Urlaubern, zum Inbegriff der blauen Riffe, Lagunen und Buchten. Hochpreisige Luxusresorts entstanden, die viele Hochzeitsreisende anzogen.

Greta Thunberg ruft zu Spenden auf

Wie stark die Korallenriffe schon beschädigt sind, wie viel der Flora und Fauna schon beeinträchtigt sind, steht noch nicht fest. Die Regierung spricht bereits vom schlimmsten ökologischen Desaster, das Mauritius je gesehen hat. Starker Wind und hohe Wellen spielen den Helfern nicht gerade in die Hände. Einige Strände wurden bereits komplett abgesperrt, weil sie schwarz aussehen und übel riechen – ganz anders als normalerweise auf der Urlaubsinsel.

Nachdem es zuletzt still um die Umweltaktivistin Greta Thunberg geworden war, schaltet sich jetzt auch die Schwedin zu dem Thema ein:

"Natürlich sollten die Öl- und Fracht-Unternehmen für den Schaden aufkommen, den sie verursacht haben", schimpft die junge Schwedin, "aber nachdem sie sich offensichtlich nicht darum scheren – bitte spendet, wenn ihr könnt."

Sie selbst verspricht, umgerechnet etwa 10.000 Euro über ihre Stiftung beizusteuern.

Mehr zum ThemaGreta Thunberg mit "Preis für Menschlichkeit" ausgezeichnet

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.