Afrika

In der Corona-Falle: Wie Maßnahmen gegen COVID-19 Afrika bedrohen

Trotz vollkommen anderer lokaler Gegebenheiten fühlte sich auch die Mehrheit afrikanischer Staaten dazu verpflichtet, rigide Corona-Beschränkungen zu erlassen. Die ohnehin fragilen Gesundheitssysteme sind massiv überfordert. Das begünstigt alles andere als positive Entwicklungen.
In der Corona-Falle: Wie Maßnahmen gegen COVID-19 Afrika bedrohenQuelle: www.globallookpress.com

Auch vor den Ländern des afrikanischen Kontinents machte das Coronavirus keinen Halt. Doch auf dem gesamten Kontinent mit seinen rund 1,3 Milliarden Einwohnern wurden bislang etwa so viele Fälle verzeichnet wie etwa im 11-Millionen-Einwohner-Land Belgien. Die geringen Fallzahlen im Vergleich zu Europa, Asien und Nordamerika werden derweil vor allem auf die geringe Anzahl an Corona-Tests zurückgeführt. So war es etwa UN-Generalsekretär António Guterres, der vor Millionen Corona-Toten in Afrika warnte, wenn nicht eine "gigantische Mobilisierung" stattfinde.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) wiederum warnte im April eindringlich davor, dass die Anzahl der Corona-Infizierten in einem Zeitraum von drei bis sechs Monaten auf zehn Millionen ansteigen könnte. Diese Angaben deckten sich mit den düsteren Prognosen des Impfgurus und Multimilliardärs Bill Gates. Dieser hatte Mitte Februar, wenige Stunden vor Bekanntwerden des ersten Corona-Falls in Ägypten, ebenfalls vor möglichen zehn Millionen Toten in Afrika aufgrund des Coronavirus gewarnt.

Diese Krankheit ist in Afrika dramatischer als in China, auch wenn ich nicht versuche, die Vorgänge in China in irgendeiner Weise zu minimieren", wusste Gates zu berichten.

Aktuell weist jedoch wenig darauf hin, dass sich diese Szenarien bewahrheiten würden. Laut Zahlen der Afrikanischen Union sind aktuell auf dem gesamten Kontinent rund 72.000 Menschen mit dem Coronavirus infiziert. Etwa 2.500 verloren im Zusammenhang mit COVID-19 ihr Leben. Derweil räumte der Leiter der Africa Centres for Disease Control and Prevention, John Nkengasong, ein, dass Afrikas Coronavirus-Statistik bei Weitem nicht "perfekt" sei. Gleichzeitig wies Nkengasong jedoch auch Mutmaßungen einer daher womöglich extrem hohen Dunkelziffer zurück, da in diesem Fall dennoch die Krankenhäuser "mit Menschen überflutet" worden wären, was jedoch nicht der Fall sei.

Es deutet also einiges darauf hin, dass an der erstaunlichen Resilienz des Kontinents gegenüber COVID-19 mehr dran sein könnte als der Verweis auf fehlende Corona-Tests. Ein weiterer Erklärungsansatz argumentiert, dass die geringen Infektionsraten mit der jungen Bevölkerung des Kontinents in Zusammenhang stehen könnten (weniger als zwei Prozent der "afrikanischen" Bevölkerung sind über 65 Jahre alt) oder der Tatsache, dass COVID-19 begünstigende Krankheiten wie Diabetes auf dem Kontinent noch nicht so verbreitet seien wie auf der nördlichen Welthalbkugel.

Andere Experten verweisen auf die frühe Reaktion vieler afrikanischer Staaten auf die Ausbreitung des Coronavirus, wobei die Regierungen unter anderem von ihren Erfahrungen im Kampf etwa gegen das Ebolavirus profitierten.

Trotz der ungenauen Faktenlage und fehlenden Evidenz setzten und setzen die meisten afrikanischen Nationen zur Eindämmung einer weiteren Ausbreitung von COVID-19 auf die pauschalen Vorgaben der WHO und führten flächendeckende und strikte Ausgangsbeschränkungen ein, ohne die spezifischen, regionalen und gesellschaftlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen. Das zeitigt vielerorts nun fatale wirtschaftliche Konsequenzen. So gehen etwa die Vereinten Nationen davon aus, dass durch die Corona-Krise und ihre ökonomischen Folgen bis zu 30 Millionen weitere Menschen auf dem afrikanischen Kontinent in die Armut getrieben werden könnten.

Die Weltbank wiederum warnt davor, "dass Afrika nach einem Vierteljahrhundert seiner ersten Rezession entgegenblicken und das Bruttosozialprodukt des Kontinents um fünf Prozent sinken" könnte.

Derweil geraten etliche afrikanische Länder nun auch gesundheitspolitisch in ein fatales Dilemma, dem weit mehr Menschen zum Opfer fallen könnten als COVID-19. Der Fokus auf die Bekämpfung des Coronavirus droht sämtliche vorhandene Ressourcen zu absorbieren. Auch hier ist es die WHO, die warnt. Demnach könnte sich die Zahl der Malariatoten im sogenannten Subsahara-Afrika im Jahr 2020 auf bis 769.000 erhöhen. Das wäre im Vergleich zu 2018 eine Verdoppelung und würde dem "Mortalitätsniveau von vor 20 Jahren" gleichkommen. Noch vor kurzer Zeit hegte man auf dem Kontinent die begründete Hoffnung, Malaria endgültig in den Griff zu bekommen. 

Doch die durch die Anophelesmücke übertragene Tropenkrankheit ist nicht die einzige gesundheitliche Herausforderung, mit der sich die Länder Afrikas konfrontiert sehen.

So sind durch das Aussetzen der entsprechenden Impfkampagnen aufgrund der Corona-Maßnahmen auch die Masern in vielen Ländern Afrikas wieder auf dem Vormarsch. Laut WHO seien daher etwa 21 Millionen Kinder nicht mehr gegen das Virus geschützt.

Die Umsetzung von Präventivmaßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung von COVID-19 ist entscheidend für den Schutz der Gemeinden und des Gesundheitspersonals, insbesondere in einem Land wie der DRK [Dem. Rep. Kongo., Anm. d. Red.], in dem das Gesundheitssystem sehr begrenzt ist. Leider wirken sich diese Maßnahmen [die Corona-Maßnahmen, Anm. d. Red.] auf die gesamte Masernbekämpfung aus, einschließlich des Transports von Impfstoffen, der Zusammenstellung spezieller Teams und der Durchführung von Impfkampagnen", erläutert Emmanuel Lampaert von den Ärzten ohne Grenzen (MSF).

Man dürfe nicht vergessen, dass ein einseitiger Fokus auf COVID-19 "die Saat für andere große Gesundheitskrisen säen" werde, erläutert der MSF-Regionalverantwortliche für die DRK.

Eine Verringerung der Impfungen, der Unterstützung bei der Ernährung oder der Malariaprävention angesichts einer Krise der öffentlichen Gesundheit wird zu anderen Krisen führen und die Situation noch verschlimmern", ergänzt der Gesundheitsexperte.

So werde "die Vernachlässigung der anderen Gesundheitsthemen (...) uns zu Mittätern bei vielen weiteren zukünftigen Todesfällen machen".

Eine Lehre aus den Ereignissen und Entwicklungen der letzten Wochen und Monate könnte für die Länder Afrikas einmal mehr lauten, eigene Wege zu suchen und zu gehen, wenn es, wie in diesem Fall, um das gesundheitliche Wohlergehen der eigenen Bevölkerungen geht.

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