Deutscher Patriot Act? Regierungskoalition will massive Verschärfung im Überwachungsrecht

Neben Einschränkungen der Reisefreiheit und Ausbau der Überwachungs- und Kontrollrechten des Staates denken deutsche Politiker infolge der Vorfälle von Paris mittlerweile auch über mögliche Vorgehensweisen nach, die bis dato zumindest in der innenpolitischen Debatte als Tabu galten.
Deutscher Patriot Act? Regierungskoalition will massive Verschärfung im ÜberwachungsrechtQuelle: Reuters © Fabrizio Bensch

Radikalisierten Jugendlichen, die die Ausreise zu terroristischen Zellen nach Syrien und andernorts planen, sollen künftig mittels rigoroser Reisebeschränkungen sowie langjährigem Entzug von Personalausweisen an diesem Vorhaben gehindert werden. Ob der Entzug des Reisepasses ausreisewillige Dschihadisten effektiv zurückhalten kann, bleibt indes mehr als fraglich.

Die Berliner Regierung plant infolge der Pariser Attentate von letzter Woche eine Verschärfung präventiver Maßnahmen gegen "potenzielle deutsche Terroristen". Sicherheitsbehörden könnten Verdächtigen, denen eine Mitgliedschaft bei "terroristischen Organisationen" nachgewiesen wird, künftig den Personalausweis entziehen. Dafür stimmt am heutigen Mittwoch das Bundeskabinett über eine mögliche Gesetzesänderung ab, zitierte die Nachrichtenagentur Reuters einen Sprecher des Innenministeriums.

Bisher reichten Vollmachten deutscher Sicherheitskräfte lediglich so weit, dass sie "potenziellen Terroristen"den Reisepass entziehen konnten. Dennoch ist das Reisen in Drittstaaten wie etwa in die Türkei, die unter Dschihadisten als Transitland nach Syrien gilt, auch mit einem Personalausweis möglich. Das soll sich auf Initiative des Bundesinnenministers Thomas de Maizière nun ändern. Dschihad-Touristen soll anstelle des Personalausweises ein Ersatzausweis ausgehändigt werden, der es gewaltbereiten Extremisten für bis zu 18 Monaten verbieten soll, Deutschland zu verlassen.

 

Das Ansinnen des Innenministers löste eine parteiübergreifende Debatte über die Effektivität einer Gesetzesverschärfung aus. So befürwortet Ulla Jelpke (Die Linke) im Interview mit der Tageszeitung Die Welt zwar die Einschränkung der Reiserouten von Dschihad-Touristen, kritisiert jedoch die Methodik, mit der der CDU-Minister das Problem behandeln möchte. Sie unterstrich, dass der Terrorverdacht die Verletzung von Grundrechten nicht legitimieren könne und fügte hinzu:

"Nach den Plänen der Bundesregierung sollen die Sicherheitsbehörden ohne richterliche Anordnung den Entzug eines Personalausweises und die Ausgabe eines Ersatzpapieres mit Ausreisesperrvermerk anordnen können. Ein Richtervorbehalt wäre aus rechtsstaatlicher Sicht das Mindeste. Allerdings ist generell fraglich, ob dieser Eingriff verhältnismäßig ist."

Und auch, ob er wirksam wäre. "In mindestens 20 Fällen kann nachvollzogen werden, dass eine Ausreise trotz bestehender Verfügung, Deutschland nicht zu verlassen und entsprechenden Entzugs des Reisepasses erfolgte und diesen Personen ein Personalausweis zur Verfügung stand", heißt es in dem Papier des Bundesinnenministeriums.

Bereits zuvor hatte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit seinen Forderungen, die er im Interview mit dem Nachrichtenmagazin Spiegel formulierte, in der Regierugnskoalition einen heftigen Meinungsstreit ausgelöst. Er fordert ein härteres Durchgreifen gegen mutmaßliche "Terroristen":

"Man könnte [...] bestimmte Auflagen für jemand erlassen, den man nicht abschieben kann, etwa ein Kommunikationsverbot im Internet oder mit dem Handy."

Neben einem Handy-Verbot für potenzielle Terroristen, die Einführung eines Straftatbestandes bei Verschwörung, einer präventiven Internierung von Verdächtigen, "den so genannten Unterbindungsgewahrsam gibt es ja jetzt schon, zum Beispiel für Hooligans bei Fußballspielen, wenn auch in engen rechtlichen Grenzen“, fordert der deutsche Spitzenpolitiker gar die gezielte Tötung von Gewalttätern.

Die Rede ist vom so genannten „Targeted Killing“. Angesichts der offenkundigen Unvereinbarkeit mit Menschenrechtsstandards wurden gezielte Tötungen in Deutschland bislang ausnahmslos ausgeschlossen. Im Zuge der Attentate auf das Pariser Satire-Magazin Charlie Hebdo und einen jüdischem Lebensmittelladen scheinen jedoch nun Falken die Gunst der Stunde nutzen zu wollen, um Bürgerrechte im Sinne des Staates möglichst einzuschränken. Schäuble deutete an:

"Wir sollten versuchen, solche Fragen möglichst [...] zu klären, und Rechtsgrundlagen zu schaffen, die uns die nötigen Freiheiten im Kampf gegen den Terrorismus bieten".

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