Zehnte PEGIDA-Demo - "Wutbürger" fühlen sich noch immer nicht verstanden

Trotz oder gerade wegen der negativen Berichterstattung hatte die gestrige PEGIDA-Demonstration in Dresden den größten Zulauf seit Beginn der Proteste im Oktober. Mit Weihnachtsliedern und Ansprachen wurde sich ins Neue Jahr verabschiedet. Abendländische Weihnachtszeit, das Fest der Liebe?
Zehnte PEGIDA-Demo - "Wutbürger" fühlen sich noch immer nicht verstanden

Vorwürfen von Rechtspopulismus und Verunglimpfungen zum Trotz, zog es wieder Tausende Demonstranten nach Dresden. Die Zahlen variieren zwischen 17.500 und 20.000 Teilnehmern.

Die deutschen Medien überschlagen sich, Politiker äußern sich besorgt. Man wolle die "Sorgen der Bürger ernst nehmen" – das wurde schon so oft gesagt, dass man kaum noch den Urheber der Äußerung ausmachen kann.

Nachdem erst keiner mit den Demonstranten, dann keiner mit der Presse reden wollte, hat der NDR nun alle Interviews der Demo vom 15.12. ungeschnitten und unzensiert ins Internet gestellt. Aber auch unsere Kollegen von RT-Ruptly waren wieder live vor Ort

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"Deutschland ist kein Zuwanderungsland," sagt Lutz Bachmann, umstrittener Initiator der Pegida-Demos. Welches Deutschland meint er damit? Ab- und Zuwanderung sind historisch immer dagewesen, aus den verschiedensten Gründen. Das einzig Beständige ist der Wandel - so oder ähnlich formulierte es bereits der griechischer Philosoph, Heraklit von Ephesus (etwa 540 - 480 v. Chr.).

 

 

"Integration bedeutet nicht ‚nebeneinander‘ sondern ‚miteinander‘ leben auf dem gemeinsamen Fundament der Werteordnung unseres Grundgesetzes und unserer deutschen Leitkultur, die von den christlich-jüdischen Wurzeln und vom Christentum, Humanismus und der Aufklärung geprägt ist," so Bachmann weiter.

Als die Aufklärung stattfand, gab es noch gar kein Deutschland. Erst durch die Aufklärung setzte sich Deutsch als Sprache der höheren Bildung durch. Vorher waren es abwechselnd Latein und Französisch. Sich in diesem Zusammenhang auf das Christentum und den Humanismus zu beziehen erscheint dann doch recht grotesk. Beide predigen Nächstenliebe sowie friedliches Miteinander. Und Teilen.

Weihnachten, das Fest der Liebe?

Jedes Jahr ist es das Gleiche: Zwei Fremde, ohne Geld und auch noch hilfsbedürftig, weil teilweise schwanger, ziehen bettelnd durch die Straßen, verlangen nach Essen und einer Unterkunft, Geld haben sie keines. Natürlich ist kein Platz in der Herberge, ihr Sozialschmarotzer. Sie wollen gar nicht lange bleiben, nur für die Volkszählung und vielleicht die Geburt ihres Kindes, dessen Vater nicht einmal der Mann an ihrer Seite ist… Asoziales Pack. Der Widerspruch zwischen "christlichen Werten des Abendlandes" und dem Ruf nach einem radikalen Einwanderungsstopp erscheint in diesem Kontext doch etwas plump.

Umgang mit PEGIDA oder wie man wirklich auf die "Sorgen der Bürger" eingeht

Einfach auf PEGIDA und die Demonstranten einzudreschen ist nicht der Ansatz von RT.  Deshalb hat sich RT auch zurückgehalten mit Kommentierungen. Endlich kommen auch Stimmen zu Wort, die das eigentliche Problem gut zu umreißen scheinen, unter anderem Gesine Schwan im Deutschlandfunk.

Die Politikwissenschaftlerin legt dar, dass die Ängste der "verunsicherten Mittelschicht" ein Nährboden für Vorurteile gegen Minderheiten ist. "Abstiegsängste bringen Wut hervor", so Schwan. Und sie zieht den historischen Vergleich zu den 1930er Jahren. Auch der Erfolg der NSDAP sei nach der Finanzkrise von 1929 durch verunsicherte und vom sozialen Abstieg bedrohte Bürger getragen worden. Auch die Rolle der Medien und das allgemeine Misstrauen gegenüber denselbigen ähnele sich frappierend. Es gebe "historisches Anschauungsmaterial" für Ablehnung "etablierter" Medien, von PEGIDA schlichtweg als "Lügenpresse" bezeichnet.

Und Schwan weiter:

"Das heißt nicht, dass es sozial Schwache sein müssen, das heißt nicht, dass es arme Menschen sein müssen, sondern das sind Menschen, die bei sich selbst oder um sich herum erleben, dass sie ganz schnell absteigen können und dass um sie herum eben solcher Abstieg auch angesagt ist. Und dieses Problem bringt Wut hervor."
Diese Ängste werden von den Aussagen aus den unzensierten Interviews belegt. Viele ostdeutsche Rentner leben knapp über der Armutsgrenze und nehmen die Flüchtlinge als "Maden im Speck" wahr. Da konzentrieren sich in der Folge Unverständnis und Wut auf diese Gruppe anstatt auf die tiefgehenden strukturellen Ursachen.

Die zweimalige Kandidatin für das Bundespräsidentenamt sieht eine Lösung darin, die Wurzeln der Ängste zu bekämpfen, was bedeutet, die soziale Sicherung zu stärken und auf bessere Bildung zu setzen. Alles Forderungen von sozialen Bewegungen und eher linken Politikansätzen, die aber nicht zum vorherrschenden Wirtschaftssystem passen.

Wie meinte der deutsche Zeithistoriker Michael Richter:

"Was bleibt, ist die Veränderung; was sich verändert, bleibt.”

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