Opiumhändler atmen auf - Bundeswehr bleibt in Afghanistan
Der aktuelle Mandatsentwurf zur neunen Ausbildungs- und Unterstützungskommission "Resolute Support" (Entschlossene Unterstützung) der Bundesregierung wurde am heutigen Mittwoch beschlossen und bedarf noch der Zustimmung des Bundestages. Das Mandat wird zunächst auf ein Jahr begrenzt, mit einer Verlängerung wird gerechnet.
Doch liest man den Mandatstext genauer durch fällt auf, dass sich die Mission nicht auf einen "Unterstützungsfunktion" beschränken wird.
In dem Text heißt es dazu: "Die Resolute Support Mission trägt einen anderen Charakter als der bisherige Isaf-Einsatz. […] Dennoch kann es zu Gefechtshandlungen in Ausübung des Selbstverteidigungsrechts, zum Schutz eigener Truppe oder designierter ziviler Kräfte kommen."
Zirka 12.000 Soldaten werden an der neuen NATO-Mission teilnehmen. Die Bundeswehr wird innerhalb der Mission weiterhin "eine Führungsaufgabe" in Nordafghanistan übernehmen. Auch das Feldlager in Masar-i-Scharif wird weiter von ihr betrieben werden.
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg lobte die Bundeswehr-Pläne am Dienstag und sprach den deutschen Soldaten Anerkennung aus: "Sie bewirken wirklich etwas." Konkreter führte er sein Kompliment nicht aus, wohl wissend, dass er die positive Wirkung von 13 Jahren Militär-Besatzung kaum mit Fakten belegen könnte.
Insgesamt waren im Verlauf der letzten 13 Jahren 120.000 deutsche Soldaten in Afghanistan stationiert. 55 Bundeswehr-Soldaten ließen während der Mission ihr Leben.
Hinsichtlich des tatsächlichen Kräfteschlüssels von "Resolute Support" gab am vergangenen Wochenende Viersternegeneral Hans-Lothar Domröse in einem NDR-Interview interessante Einblicke.
Im Interview räumte Domröse ein, dass man es bei der Folgemission durchaus mit einem "Missverhältnis" zu tun habe. Der Kräfteschlüssel der neuen Mission betrage "grob gesagt 2:8". Auf zwei Ausbilder sollen acht "Schützer und Unterstützer" kommen – "Kämpfer, Funker, Sanitäter, Hubschrauberpiloten".
Dieses Missverhältnis verdeutlicht die aktuelle Sicherheitslage in Afghanistan und die Angst der Bundeswehr um das Leben ihrer "Berater" und "Ausbilder". Erst am Dienstag war es wieder zu einem Bombenattentat in einer Wohnanlage für westliche Militärberater gekommen.
Im August waren in einer Militärakademie in Kabul sogar ein US-General getötet und ein deutscher Brigadegeneral schwer verletzt worden. Der Attentäter war ein afghanischer Soldat.
Parlamentarische Kritik an der geplanten Fortsetzung des Afghanistan-Einsatzes kam ausschließlich von der Linksfraktion. Deren außenpolitischer Sprecher Jan van Aken, warf der der Bundesregierung vor, dass sie die Öffentlichkeit täusche, wenn sie weiter vom Ausstieg aus dem Krieg in Afghanistan spreche und gleichzeitig die Fortsetzung des Einsatzes beschließe. Die Bundesregierung würde daher "weiterhin auf die militärische Karte setzen, ohne eine politische Strategie zu haben". Die Linkspartei ist von den im Bundestag vertretenden Parteien die einzige, die eine Verlängerung des Einsatzes grundsätzlich ablehnt.
Zur Erinnerung, der Westen gab bisher rund 900 Milliarden US-Dollar für seine Militärpräsenz in Afghanistan aus. Das macht umgerechnet 30.000 US-Dollar pro Kopf der afghanischen Bevölkerung. Dies entspricht dem lebenslangen Einkommen einer durchschnittlichen afghanischen Familie. Für den zivilen Wiederaufbau hat der Westen dageben weniger als 50 Milliarden Dollar investiert. Die Konsequenzen dieses Missverhältnisses scheint die NATO bis heute zu ignorieren. Einzig für die Opium-Produktion lässt sich ein positives Wachstum belegen. Seit US- und Bundeswehr-Truppen in Afghanistan stationiert sind, hat sich die Opium-Produktion mehr als verdreifacht.
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