"Wir hören immer mit!" - Anti-Überwachungs-Aktivisten zeichnen in Berlin Privatgespräche auf und veröffentlichen diese im Internet

In Berlin zeichnen Aktivisten der Gruppe "We are always listening" Privatgespräche in Kneipen und Restaurants auf, um diese anschließend im Internet zu veröffentlichen. Mit der illegalen Abhörmaßnahme will die Gruppe, die sich als "Auftragnehmer der NSA" sieht, auf den Missstand der anlasslosen Massenüberwachung durch die Geheimdienste hinweisen. In der Tat herrscht seit den Veröffentlichungen von Edward Snowden im Jahre 2013 in Deutschland eher Gleichgültigkeit zu Überwachungsfragen.
"Wir hören immer mit!" - Anti-Überwachungs-Aktivisten zeichnen in Berlin Privatgespräche auf und veröffentlichen diese im InternetQuelle: Reuters © Thomas Peter

Zunächst in New York und seit kurzem auch in Berlin versteckt das Aktivisten-Kollektiv "We are always listening" (Wir hören immer mit) Diktiergeräte in Cafés und Kneipen, um persönliche Gespräche aufzuzeichnen, die dort von Gästen geführt werden. Die Aufnahmen stellt die Gruppe, die sich ironisch als "Auftragnehmer der NSA" bezeichnet anschließend ins Internet. Mit der provokanten Aktion jenseits der Legalität wollen die Aktivisten für die anlasslose Massenüberwachung der Geheimdienste sensibilisieren.

Zwei Jahre sind nun vergangen, seit der ehemalige NSA-Systemadministrator Edward Snowden sich entschieden hat, sein Wissen über die globale Totalüberwachung der Geheimdienste mit der Welt zu teilen und zum Whistleblower wurde. Seine Flucht vor den US-amerikanischen Behörden führte Snowden über Hongkong ins russische Exil, wo er, unterstützt von Wikileaks-Aktivisten, politisches Asyl gewährt bekam.

Seit Snowdens Veröffentlichungen wird gesellschaftlich und politisch thematisiert was zuvor oft nur als "Verschwörungstheorie" galt: Geheimdienste wie die NSA oder der BND brechen unter dem Deckmantel der angeblichen Terrorismusbekämpfung millionenfach Grund- und Menschenrechte, wie etwa das auf informationelle Selbstbestimmung. Gleichzeitig wird die Funktionsfähigkeit von Rechtsstaat und Demokratie torpediert, wenn etwa Rechtsanwälte, Ärzte oder Journalisten sich nicht mehr sicher sein können, dass ihre Gespräche mit Mandanten, Patienten oder Quellen im vertraulichen Rahmen stattfinden.

Wie seit Ende April 2015 nun auch "offizell" bekannt ist, sind die nicht hinreichend kontrollierten Geheimdienste zudem äußerst umtriebig, wenn es um die Bespitzelung von gewählten Politikern oder um Wirtschaftsspionage geht. Auch das Überwachungen und Sabotieren von politischen Bewegungen und basisdemokratischen Intiativen bis hin zum Rufmord und der gesellschaftlichen Zerstörung von Zielpersonen gehört zum Repertoir der Dienste, wie Edward Snowden ebenfalls aufgedeckt hat.

Alles in allem können Geheimdienste also als antidemokratische gesellschaftsfeindliche Organisationen bezeichnet werden, die mit überwachungsfaschistischen Methoden die Gesellschaft unterwandern. Absurderweise finanziert die selbe Gesellschaft über ihre Steuergelder auch noch den Überwachungs-Moloch. So fallen neben den laufenden Kosten auch 1,034 Milliarden Euro für den Bau der neuen BND-Zentrale in Berlin an. Die Rechnung zahlt auch in diesem Fall der überwachte Steuerzahler.

Für die Betrifft-mich-nicht-Haltung der meisten Deutschen kann es eigentlich nur zwei Gründe geben: Entweder die Geheimdienste haben auch ganze Arbeit geleistet bei der Manipulation ihres Bildes in der Öffentlichkeit - offenbar halten ausreichend viele Bürger die Dienste ja weiterhin für eine sinnvolle Einrichtung - oder der Breite der Gesellschaft ist es schlichtweg egal, dass ihre Freiheits- und Persönlichkeitsrechte systematisch verletzt, die Grundlagen einer funktionierenden Gesellschaft gezielt zerstört werden und sie dafür dann auch noch zur Kasse gebeten werden. Möglicherweise liegt aber auch eine Mischung aus beidem vor.

Gegen diese kaum zu leugnende gesellschaftliche Lethargie und Gleichgültigkeit in Überwachungsfragen anzugehen, darum geht es der Gruppe "We are always listening" mit ihrer Aktion, die zunächst in den USA für Gesprächsstoff sorgte und nun auch in Berlin durchgeführt wird. Kleine Diktiergeräte werden unter den Tischen von Cafés, Bars oder Restaurants platziert, um die an ihnen sitzenden Gäste zu überwachen. Auf der Internetseite des Kollektivs sind die Aufnahmen, etwa aus der Bar Bateau Ivre in Kreuzberg oder vom Potsdamer Platz dann für jeden abrufbar. Damit wird zwar eindeutig gegen deutsches Recht (konkret gegen Paragraf 201 Strafgesetzbuch) verstoßen, den Aktivisten erscheint diese Maßnahme jedoch angemessen. In einem Gespräch mit dem Zeit-Redakteur Patrick Beuth, sagt die ansonsten anonym operierende Gruppe:

"Wenn die US-Regierung zugibt, dass das, was die NSA tut, illegal ist, hören auch wir sofort auf."
Den Aktivisten scheint klar zu sein, dass einige Menschen wohl wütend werden könnten, angesichts der ungefragten Aufzeichnung und Veröffentlichung ihrer Privatgespräche und so führt ein Link unter der Frage "Wütend?" direkt zu einer Online-Petition von Amnesty International. In dieser heißt es:
"Werden Sie aktiv! Unterzeichnen Sie unsere Online-Petition an Bundeskanzlerin Angela Merkel und fordern Sie sie auf, das Menschenrecht auf Privatsphäre zu schützen."

Ob die Aktion von "We are always listening" in der Lage ist die deutsche Lethargie in Überwachungsfragen zu durchbrechen, ist jedoch nicht sicher. Vielmehr kann auch hier wieder davon ausgegangen werden, dass sich die Wut des ausspionierten Michels eher gegen die Aktivisten richtet, die auf Missstände hinweisen, statt auf die Verursacher der Missstände selbst. Einen Vorteil hat die aktivistische Überwachung im Vergleich zu der durch die Geheimdienste allerdings: Sie ist für die Überwachten zumindest kostenfrei.

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