Wirtschaft

Made in Serbia: Immer mehr deutsche Firmen zieht es auf den Balkan

Die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Serbien und Deutschland floriert. Schon jetzt gibt es 400 deutsche Firmen in dem Westbalkan-Land. Und Serbien hofft auf weitere Produktionsstätten. Doch im Land selbst gibt es auch Kritik am Kurs der Regierung.
Made in Serbia: Immer mehr deutsche Firmen zieht es auf den BalkanQuelle: www.globallookpress.com

Von Mojra Bozic

Lange Zeit galt Österreich als größter Auslandsinvestor in Serbien, doch inzwischen wurde es von Deutschland abgelöst. Das Interesse der deutschen Wirtschaft für das Westbalkan-Land, das eine Vollmitgliedschaft in der Europäischen Union als eines der primären Ziele verfolgt, ist groß. Die Bundesrepublik ist der führende Wirtschaftspartner des südosteuropäischen Landes. Dies betonte auch der serbische Außenminister Ivica Dačić bei einer Veranstaltung der "Berliner Wirtschaftsgespräche".

Der Verein lud diese Woche in die serbische Botschaft in Berlin ein, um zum Thema "Perspektiven Serbiens für die Aufnahme in die Europäische Union" zu diskutieren. Inzwischen gebe es 400 deutsche Unternehmen in Serbien, die insgesamt rund 60.000 Beschäftigte haben, sagte der serbische Außenminister.

Deutschland ist für uns ein wichtiges Land in vielfacher Hinsicht. Seit Jahren zählt es zu den wichtigsten serbischen Wirtschaftspartnern", sagte Dačić. "Im Jahr 2018 betrug das Handelsvolumen fast fünf Milliarden Euro."

Somit liegt Deutschland auf Platz eins der bilateralen Handelspartner Serbiens. Die zuletzt bekannten offiziellen Zahlen zeigen, dass Serbien im Jahr 2017 ein Handelsdefizit von 218,8 Millionen Euro verzeichnet hatte. Die Exporte des südosteuropäischen Landes nach Deutschland betrugen 1,88 Milliarden Euro (ein Plus von 7,9 Prozent zum Vorjahr), während Serbien aus Deutschland Waren im Wert von 2,45 Milliarden Euro (ein Plus von 12,1 Prozent zum Vorjahr) importiert hatte.

Deutsche Unternehmen errichten vermehrt Produktionsanlagen vor Ort

Die deutsche Wirtschaft zieht es seit dem Sturz des jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milošević vermehrt in das Balkanland. In den 2000er Jahren waren die deutschen Investitionen nach Serbien vor allem marktorientiert. Deutsche Unternehmen wie Henkel, Knauf oder Stada erwarben bestehende serbische Firmen, um lokale und regionale Märkte zu beliefern. In den letzten Jahren aber haben deutsche Investitionen in Produktionsanlagen vor Ort stark zugenommen. So haben inzwischen beispielsweise Siemens, Bosch, Autozulieferer Dräexlmaier und Leoni oder Strumpfwaren-Hersteller Falke Fertigungsstätten in Serbien.

Allein der Nürnberger M-Dax-Konzern Leoni, der Drähte, Kabel und Bordnetz-Systeme vorwiegend für die Automobilbranche herstellt, hat seit dem Jahr 2009 rund 90 Millionen Euro in das Balkanland (mit rund sieben Millionen Einwohnern - ohne Kosovo) investiert. Derzeit hat Leoni drei Produktionsstätten in Serbien mit circa 6.000 Beschäftigten. Ende 2019 soll ein viertes Werk seine Arbeit aufnehmen, das laut Ankündigung in den folgenden Jahren etwa 4.000 Menschen einen Job bescheren soll.

Die serbische Regierung und der Präsident Aleksandar Vučić tun alles, um internationale Konzerne davon zu überzeugen, Fertigungsstätten in Serbien zu errichten - vor allem durch üppige Subventionen. Fairerweise muss man hier anmerken, dass die früheren Regierungen mit dieser Vorgehensweise begonnen haben. Die jetzige, angeführt von der Serbischen Fortschrittspartei (SNS) von Vučić, führt diese Praxis nur konsequent weiter. So werden den potenziellen Investoren aus dem Ausland etwa kostenlose Grundstücke für Produktionshallen, vom Staat finanzierte Zufahrtstraßen, Strom- oder Wasserleitungen sowie Steuererleichterungen in Aussicht gestellt. Der Staat subventioniert zudem mit mehreren Tausend Euro jeden neu geschaffenen Arbeitsplatz.

Billige Arbeitskräfte, aber sinkende Arbeitslosenquote

In Serbien gibt es in den letzten Jahren aber zunehmend Kritik an dem Kurs der Regierung. Serbien entwickelt sich nach Ansicht regierungskritischer Wirtschaftsexperten und Analysten zu einer verlängerten Werkbank ausländischer Großkonzerne mit billigen Arbeitskräften. Anfang der Jahres betrug der Mindestlohn in Serbien umgerechnet 244 Euro netto. Durchschnittlich bekommt man knapp 400 Euro netto monatlich. 

Wenn Sie das ganze Land den Interessen der globalagierenden Unternehmen anpassen, und die suchen nur eines - Arbeitskraft im Alter zwischen 18 und 38 Jahren - also jene, die ein linkes Rad montieren sollen, werden dann die Anderen, jene, die an der Spitze sein sollen, Ingenieure und Ärzte, weiterhin das Land verlassen. Dann bleibt nur die Arbeitskraft. Wenn Sie in der Produktionskette nur einen kleinen Teil abbekommen, geht all das Resultat aber anderswohin", sagte bereits 2017 Miodrag Zec, Professor an der Fakultät für Philosophie der Universität Belgrad, im Fernsehsender N1.

Die Regierung aber verweist stets auf die schrumpfende Zahl der Arbeitslosen in Serbien. Laut dem Außenminister Dačić sei in den letzten sieben Jahren die Arbeitslosenquote von 23 auf 12 Prozent gesunken. Deswegen rief er deutsche Unternehmer dazu auf, weiterhin in sein Land zu investieren.

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