Spanien: Die Finanzkrise geht weiter – "Geierfonds" machen Beute
Vor zehn Jahren gingen mit dem Platzen der US-Immobilienblase und der nachfolgenden Pleite der New Yorker Großbank Lehman Brothers gewaltige Schockwellen durch das internationale Finanzsystem. Im selben Jahr platzte in Spanien die über lange Zeit und in aberwitziger Dimension aufgepumpte dortige Immobilienblase. Es drohte nicht nur der Kollaps des nationalen Finanzsystems, sondern über seine globale Vernetzung und Verseuchung mit "toxischen Finanzprodukten" eine unkontrollierbare Implosion des globalen Finanzwesens mit unabsehbaren Folgen für die Realwirtschaft weltweit.
Zehn Jahre nach diesem Schockereignis ziehen weiterhin seine Wellen um den Globus und durch einzelne Länder (beachtenswert hierzu die Dokumentationen vom WDR und vom ZDF, sowie die Stellungnahme der Fraktion Die Linke im Bundestag). Denn die systemischen Probleme eines irrsinnigen Blasenmodells der Wirtschaft im Allgemeinen und ihrer monströsen Dimensionen in Spanien im Besonderen wurden nicht wirklich gelöst (Erhellendes zum derzeitigen Zustand des Finanzsystems findet sich etwa auf den NachDenkSeiten). Sie wurden entweder direkt in sogenannte "Bad Banks" ausgelagert oder schlummern noch immer in den Bilanzen der Banken. Diese werden schrittweise über Verkäufe jener Altlasten "bereinigt" und bieten damit wiederum eine günstige Gelegenheit für global agierende Fondgesellschaften, sich große Teile des spanischen Immobilienbestandes zu sichern. Insbesondere die US-amerikanischen sogenannten Vermögensverwalter wie Blackstone und Cerberus haben sich in Spanien im großen Stil eingekauft, indem sie beachtliche Teile des Immobiliengeschäfts bedeutender spanischer Banken übernahmen.
Das kritische Portal mientras tanto unterstreicht die Wichtigkeit, diese Vorgänge und die Art und Weise, wie sie abgelaufen sind, genauer zu betrachten. Schließlich handele es sich dabei um
(...) Finanz-Engineering mit unvorhersehbaren Folgen für den Immobilienbestand, der mit den industriellen und kommerziellen Wirtschaftssektoren der kleinen und mittelgroßen Unternehmen verbunden ist, sowie für die einfache Bevölkerung.
Die derzeitige – wenn auch weiterhin unsichere – Zahlungsfähigkeit der spanischen Banken beruhe zum großen Teil auf dem in letzter Zeit beschleunigten Verkauf ihrer toxischen Immobilienwerte, mit der Folge, dass wichtige Eigentumsrechte an spanischen Immobilien und den mit diesen verbundenen geplatzten Krediten verlagert werden oder bereits verlagert worden sind.
Laut mientras tanto sind insbesondere folgende spanische Großbanken an diesen Geschäften beteiligt:
La Caixa: Die katalanische Bank hat rund 80 Prozent ihres Immobiliengeschäfts sowie 100 Prozent ihrer Immobilienverwaltungsfirma an die US-Fondgesellschaft Lone Star verkauft. Es soll ein neues Unternehmen entstehen, an dem La Caixa zu 20 Prozent beteiligt ist.
Santander: Die kantabrische Bank war die erste Bank, die für rund 30 Milliarden Euro Immobilien an die US-Investmentgesellschaft Blackstone verkauft hat. An der von beiden Finanzunternehmen gegründeten gemeinsamen Firma hält Blackstone 51 Prozent und Santander 49 Prozent.
BBVA: Die baskische Bank hat für circa 13 Milliarden Euro fast ihre gesamten "problematischen" Aktiva an den US-Fondverwalter Cerberus weitergereicht.
Banco de Sabadell: Die mittlerweile mit ihrem Hauptsitz in Alicante residierende Bank ist gegenwärtig dabei, Immobilien im Buchwert von zehn Milliarden Euro zum Preis von drei Milliarden Euro an Cerberus zu veräußern. Ein satter Rabatt für den US-Fond und seine Kapitaleigner. Auch hier soll ein gemeinsames Unternehmen gebildet werden, mit einem Anteilsverhältnis von 80 zu 20 Prozent zugunsten von Cerberus.
Folgen für die spanische Wirtschaft und die einfache Bevölkerung
Die Gründung dieser Joint Ventures zwischen der Bank und dem Fonds ist mientras tanto zufolge die Lösung, um zukünftige Verluste aus diesen Geschäften nicht auf einmal anfallen zu lassen, sondern derart zu verteilen, dass ihre Auswirkungen auf das spanische Haushaltsdefizit sowie auf den spanischen Bankensektor reduziert werden. Im Klartext: Die zu erwartenden Verluste werden "gestreckt", da sie andernfalls allein durch ihre Dimension in Höhe von zweistelligen Milliardenbeträgen für den spanischen Haushalt und das spanische Finanzsystem nicht zu händeln wären.
Der Preis für diese Entsorgung dieser Verluste und Altlasten sei allerdings die Auslagerung eines derart maßgeblichen Faktors für die Wirtschaft Spaniens in die Hände eines internationalen Anlagegeschäftes, das dementsprechend keinerlei lokale und soziale Verbundenheit oder Verantwortlichkeit kennt, vielmehr einzig das Prinzip der Profitmaximierung.
Die Effekte dieser "Auslagerung" des Immobilienkapitals sind nicht nur in Barcelona und Madrid zu spüren, sondern auch in anderen spanischen Städten, so mientras tanto:
Dadurch, dass sie der simplen Mietpreisspekulation und den Prozessen wertsteigernder Immobiliensanierungen ausgeliefert sind – mit dem Vertreiben der bisherigen Mieter, im Guten über unbezahlbare Kaufangebote, im Schlechten durch simple Rauswürfe. Im Prozess der sogenannten Gentrifizierung unserer historischen Stadtzentren. Und das ist lediglich der Anfang.
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