Dollarmüde: Russische Regierung erwägt Verzicht auf US-Dollar beim Öl-Handel

Russlands Finanzminister hat den US-Dollar vor dem Hintergrund neuer US-Sanktionen wegen der Skripal-Affäre als "unzuverlässiges Instrument" bezeichnet. Angestrebt wird der Umstieg auf Nationalwährung beim Öl-Handel. Doch wie realistisch ist dieses Szenario?

In einer Live-Sendung des TV-Senders Rossija 1 erklärte der russische Finanzminister Anton Siluanow, dass er es für möglich halte, die Verrechnungen beim Öl-Handel künftig in Nationalwährungen vorzunehmen und nicht wie bisher in US-Dollar. "Das ist nicht ausgeschlossen", beantwortete der Minister eine entsprechende Frage.

Wir haben unsere Reserve-Einlagen in US-Aktiva bereits reduziert. Der Dollar, der im Grunde als Weltwährung galt, entwickelt sich längst schon zu einem Risiko-Instrument für Verrechnungen", so Siluanow.

Kontinuierlicher Ausstieg aus US-Schuldtiteln

Seit Anfang des Jahres hat Russland kontinuierlich eigene Anlagen in US-amerikanischen Staatsanleihen reduziert. So ist deren Summe im April um 47,5 Milliarden US-Dollar zurückgegangen und im Mai noch einmal um 33,8 Milliarden. Mittlerweile beträgt sie nur noch 14,9 Mrd., was einen Tiefststand seit 2007 darstellt.

Damit scheidet Russland aus der Gruppe der 33 größten Gläubiger der USA aus. Die russische Zentralbank teilte mit, dass sie internationale Reserven unter Einbeziehung aller Risiken, darunter finanzieller, ökonomischer und geopolitischer diversifiziere.

Bereits zuvor hatten russische Spitzenbeamte mehrfach den Wunsch geäußert, zu Verrechnungen in Nationalwährungen überzugehen. So hatte Präsident Wladimir Putin selbst während des Sankt Petersburger Internationalen Wirtschaftsforums auf Hindernisse hingewiesen, die die USA bei Verrechnungen in Dollar schafften.

Indem sie ihre aktuellen geschäftlichen und politischen Fragen zu lösen versuchen, untergraben sie das Vertrauen in ihre Währung als einheitliche Welt-Reserve-Währung. Und alle fangen an, darüber nachzudenken, wie man dieses Monopol loswerden könne", erklärte der russische Staatschef Ende Mai.

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Aurubel als Option?

Doch die Dollar-Dominanz zu brechen, die auf der Dollar-Verrechnung beim Öl-Handel basiert, ist in der kurzfristigen Perspektive nach Meinung vieler russischer Analysten schwer bis unmöglich. In den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres hat Russland 262 Millionen Tonnen Erdöl für 92 Mrd. US-Dollar verkauft. Unter den drei größten Abnehmern russischen Erdöls befinden sich zwei europäische Staaten: Nach der Volksrepublik China mit einem Anteil von 17,1 Prozent folgen die Niederlande mit 16 Prozent und Deutschland mit 6,9 Prozent.

Es ist wenig wahrscheinlich, dass diese, oder auch viele andere EU-Staaten wie Polen oder Italien, in absehbarer Zukunft den Rubel als Zahlungswährung akzeptieren. Ein Umstieg auf Euro wäre aus Sicht der russischen Handelspartner zwar wahrscheinlicher, aber auch dann würde sich an der Umrechnung der Ölpreise in US-Dollar nichts Gravierendes ändern. 

Eine mögliche Lösung wäre der goldbasierte Öl-Verkauf oder die Einführung des sogenannten Aurubel (vom lateinischen "aurum" - Gold). Denn dann würde man sich jener Situation entziehen, dass die Ware, deren Preis bereits in Dollar errechnet wurde, in der bereits in Dollar umgerechneten Nationalwährung bezahlt wird. Denn solange die USA den Dollar-Index kontrollieren und sich damit viel an billigem Geld verschaffen können, wird die Dollar-Dominanz über die Weltwirtschaft ungebrochen bleiben.