Wirtschaft

Handelskrieg vorbei? China traf mit Seltenen Erden genau ins Schwarze

Die USA und China haben sich gegenseitig Zugeständnisse gemacht und ein Handelsabkommen geschlossen. Allem Anschein nach hat Pekings gezielter Schlag gegen den Zugang der US-Amerikaner zu Seltenerdmetallen funktioniert. Zu viel hängt von diesen Bodenschätzen ab, nicht nur die weltweite Automobilindustrie und Elektronik, sondern auch die Rüstungsindustrie.
Handelskrieg vorbei? China traf mit Seltenen Erden genau ins Schwarze© Getty Images / Malte Mueller

Von Olga Samofalowa

US-Präsident Donald Trump hat eine Vereinbarung mit China über Zölle und Lieferungen von Seltenerdmetallen angekündigt. Er sagte:

"Der Deal mit China ist abgeschlossen, es fehlt nur noch die endgültige Zustimmung von Präsident Xi und mir."

Im Rahmen des Abkommens werden die Zölle auf chinesische Waren in den USA von 145 Prozent auf 55 Prozent gesenkt, während China seine Zölle von 125 Prozent auf zehn Prozent senken will. Dabei wird Peking "im Voraus" Seltenerdmetalle und Magnete in die USA liefern. Darüber hinaus werden die Vereinigten Staaten die Beschränkungen für die Ausbildung chinesischer Studenten an US-amerikanischen Colleges und Universitäten aufheben.

Vorige Woche wurde bekannt, dass China die Erteilung von Lizenzen für den Export von Seltenerdmetallen, die für die Herstellung von Autos, Elektronik und Verteidigungsgütern benötigt werden, wegen bürokratischer Hürden verzögert. Dies könnte für eine ganze Reihe von Branchen zu einem echten Mangel an diesen Ressourcen führen. Als erste schlugen Automobilhersteller weltweit Alarm, die einen Stillstand der Fabriken und enorme Verluste befürchteten. Dieser verdeckte "bürokratische" Krieg Chinas hatte offenbar eine ernüchternde Wirkung auf die USA.

Pawel Sewostjanow, amtierender Staatsberater der Russischen Föderation und Dozent am Lehrstuhl für politische Analysen und sozialpsychologische Prozesse der Russischen Plechanow-Wirtschaftsuniversität, sagt:

"Das Abkommen zwischen China und den USA über die Senkung der Zölle ist ein wichtiges Signal für die Märkte: Die größten Volkswirtschaften haben begonnen, den Handelskonflikt zu deeskalieren. Chinas Taktik mit Seltenerdmetallen hat sich als wirksam erwiesen – die USA sind nicht bereit, ihre Lieferketten zu gefährden."

Xenia Bondarenko, Dozentin am Lehrstuhl für Weltwirtschaft der Fakultät für Weltwirtschaft und Politik der Wirtschaftshochschule Moskau, erklärt:

"Die Frage der Seltenerdmetalle ist die allererste und wichtigste in den Beziehungen zwischen den USA und China. Auf China entfallen etwa 70 Prozent der Förderung und 90 Prozent der Verarbeitung von Seltenerdmetallen, die für die Industriezweige der USA von entscheidender Bedeutung sind. Gleichzeitig baut China seine Präsenz in Ländern mit hohen Vorkommen an Seltenerdmetallen aktiv aus und engagiert sich in Projekten zu deren Gewinnung und Verarbeitung."

Für die US-amerikanische Autoindustrie ist das eine Erleichterung: Die Teile werden billiger, Elektroautos werden wettbewerbsfähiger, wohingegen die Europäer erst noch ihre eigenen Verhandlungen mit Peking führen müssen, meint Sewastjanow. Im Moment sei die Unsicherheit in diesem Bereich noch sehr groß, fügt Bondarenko hinzu.

Jewgeni Baboschkin, Leiter der Abteilung für Geschäftsentwicklung bei Prime Brokerage Service, sagt:

"Für China bedeutet dies eine Lockerung der Beschränkungen für den Zugang zu US-amerikanischen Technologien, insbesondere in der Halbleiterindustrie, was für die Entwicklung der chinesischen Industrie von entscheidender Bedeutung ist (also eine Win-Win-Situation). Darüber hinaus kann die Zustimmung der USA zur Aufnahme chinesischer Studenten an Universitäten als symbolische Geste des guten Willens angesehen werden."

Was den Handel betrifft, so hatten die Zölle offensichtlich gegenseitige negative Auswirkungen. Im Februar 2025 haben die USA begonnen, die Zölle auf Importe aus China aggressiv anzuheben, die bis April einen Höchststand von 145 Prozent erreichten. China blieb nicht untätig und reagierte mit einer ähnlichen Maßnahme, indem es seine Zölle auf 125 Prozent erhöhte. Baboschkin erklärt:

"Dies führte zu einem erheblichen Rückgang des Handelsvolumens: Die chinesischen Exporte in die USA gingen im Mai um 12,7 Prozent zurück, und US-amerikanische Unternehmen äußerten sich besorgt über steigende Kosten und Lieferengpässe bei Komponenten. In diesem Zusammenhang kam es in den USA zu einem vorzeitigen Preisanstieg für elektronische Geräte fast aller Hersteller, einschließlich Apple, sowie für Batterien und Autoersatzteile. Besonders stark betroffen waren Unternehmen, die Elektroautos und Haushaltsgeräte herstellen."

China wiederum sei mit einem Rückgang der Nachfrage nach seinen Produkten konfrontiert, insbesondere im Hochtechnologiesektor, fügt der Experte hinzu. Sewastjanow merkt an:

"Der Handel zwischen den USA und China ist im April um zehn Milliarden US-Dollar zurückgegangen, was auf echte Verluste hindeutet. Die Senkung der Zölle wird das Volumen nicht sofort wiederherstellen, aber der Trend zur Stabilisierung ist offensichtlich. Globale Hersteller – von Japan bis Südkorea – werden aufatmen."

Die Wahrscheinlichkeit einer vollständigen Wiederherstellung des "goldenen Zeitalters" des Handels, wie es in den 2010er Jahren zu beobachten war, sei gering, vermutet Baboschkin. Denn China und die USA würden erhöhte Vorsicht zeigen: Einerseits diversifizieren die USA weiterhin ihre Bezugsquellen und stärken ihre Partnerschaften mit Mexiko, Vietnam und Indien. Andererseits konzentriert sich China auf die Entwicklung des Binnenmarktes und die Stärkung der Beziehungen zu Südostasien und dem Nahen Osten.

Die vorübergehende Senkung der Zölle werde sich auf die direkten Indikatoren des US-amerikanisch-chinesischen Warenhandels auswirken, aber nicht auf das Gesamtvolumen der chinesischen Exporte und US-amerikanischen Importe, da die Nachfrage nach chinesischen Waren nicht durch eine behördliche Entscheidung verschwinden kann, meint Knjas Bagdasarjan, leitender wissenschaftlicher Mitarbeiter des Internationalen Labors für Außenhandelsforschung am Institut für angewandte Wirtschaftsforschung der Russischen Präsidialakademie.

Die moderne Weltwirtschaft funktioniert unter den Bedingungen von Megablöcken: Die USA sind in die Freihandelszone USMCA mit Mexiko und Kanada integriert, während China Teil der asiatischen Regionalen Umfassenden Wirtschaftspartnerschaft (RCEP) ist, die 15 Staaten Südostasiens vereint. Eine solche Struktur ermöglicht eine flexible Diversifizierung der Handelsströme über die Partnerländer. Bagdasarjan hebt hervor:

"So wurde beispielsweise der Rückgang des Handels zwischen den USA und China um zehn Milliarden US-Dollar im April 2024 durch einen Anstieg der chinesischen Exporte in die ASEAN-Länder um genau denselben Betrag ausgeglichen. In den ersten vier Monaten des Jahres belief sich der Anstieg der Lieferungen in diese Region auf 21 Milliarden US-Dollar, und bis zum Ende des Jahres 2024 auf 70 Milliarden US-Dollar.

China nutzt Länder wie Vietnam, Thailand, Singapur und Indonesien für den Reexport seiner Produkte in die USA. In ähnlicher Weise kann ein Teil der Waren nach Mexiko geliefert werden, von wo aus sie zollfrei auf den US-amerikanischen Markt weitergeleitet werden.

Diese Praxis ist weltweit verbreitet. Russland beispielsweise nutzt aktiv die Mechanismen der Eurasischen Wirtschaftsunion für Parallelimporte und Reexporte."

Daher, so der Experte, werde sich das Gesamtvolumen des Außenhandels beider Länder auch dann nicht verringern, wenn der direkte Warenumsatz zwischen den USA und China bis 2025 auf 500 Milliarden US-Dollar zurückgehen sollte. Die US-amerikanischen Verbraucher werden weiterhin chinesische Waren kaufen, nur wird deren Lieferung komplizierter und kostspieliger werden, was sich letztendlich auf die Preise auswirken wird, sagt Bagdasarjan.

Für Russland hat dieses Abkommen keine direkten Auswirkungen, allerdings seien indirekte Folgen möglich. Julia Chandoschko, CEO des Brokers Mind Money, meint, dass eine Entspannung des Handelskonflikts die Weltwirtschaft und die Ölpreise stützen könnte. Eine Eskalation hingegen könnte die Energiepreise ins Wanken bringen. Langfristig bleibe Russland jedoch von diesen Prozessen unberührt, da sich das globale System verändere, so die Geschäftsfrau.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist zuerst am 14. Juni 2025 auf der Webseite der Zeitung Wsgljad erschienen.

Olga Samofalowa ist Wirtschaftsanalystin bei der Zeitung Wsgljad.

Mehr zum Thema – NYT: Armeen des Westens werden vom einzigen Metall aus China abhängig

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