
EU-Verbot von russischen Düngemitteln wird die europäische Wirtschaft ruinieren

Von Olga Samofalowa
Die Europäische Union hat die Einführung von Zöllen auf Düngemittel und landwirtschaftliche Erzeugnisse aus Russland und Weißrussland beschlossen. Die Abgaben auf Düngemittel werden schrittweise erhöht. Bereits 2025 und 2026 werden sie auf 40 bis 45 Euro pro Tonne steigen, und bis 2030 auf 430 Euro pro Tonne. Anatoli Tichonow, Direktor des Zentrums für internationale Agrarwirtschaft und Ernährungssicherheit an der Hochschule für Unternehmensführung der Akademie des Präsidenten der Russischen Föderation, erklärt:

"Russland ist der weltweit führende Hersteller und Exporteur von Düngemitteln. Unser Land kontrolliert 1/6 des globalen Kalidüngermarktes und 1/10 des Stickstoffdüngermarktes. Russland produziert jährlich etwa 60 Millionen Tonnen Düngemittel, wobei die Inlandsnachfrage gering ist, sodass die Branche hauptsächlich exportorientiert ist. Für die heimische chemische Industrie ist der Verkauf von Düngemitteln ins Ausland eine wichtige Quelle für Entwicklungsinvestitionen. Außerdem sind die Preise auf den ausländischen Märkten deutlich höher, sodass die Exporteinnahmen die stabilen Inlandspreise stützen können."
Russland hat auf dem europäischen Markt recht gut verdient. Im Jahr 2024 beliefen sich die Düngemittelausfuhren aus Russland in die EU auf 6,2 Millionen Tonnen im Wert von 2,2 Milliarden Euro. Dies habe dem russischen Haushalt rund 550 Millionen Euro an Steuereinnahmen eingebracht, sagt Wladimir Tschernow, Analyst bei Freedom Finance Global.
Allerdings werde Russland diese Einnahmen nicht sofort verlieren, da die Europäer trotz der Zölle teilweise weiterhin russische Düngemittel einführen werden. Tschernow betont:
"Mit der Einführung von Zöllen von bis zu 100 Prozent innerhalb von drei Jahren werden die europäischen Länder nach alternativen Lieferanten Ausschau halten – dazu gehören Indien, Kanada, die USA, die Ukraine und Marokko. Ägypten und Marokko haben bereits bedeutende EU-Marktanteile von 20 Prozent beziehungsweise 10 Prozent. Eine rasche Ersetzung der russischen Produkte könnte sich jedoch aufgrund begrenzter Produktionskapazitäten und logistischer Hindernisse als schwierig erweisen. Die Gewinner werden wahrscheinlich die US-amerikanischen und kanadischen Erzeuger sein, die in der Lage sein werden, das entstehende Defizit teilweise auszugleichen, allerdings auf Kosten höherer Preise."
Russland wiederum werde seine Exporte von Europa in andere Regionen umlenken – vor allem nach Brasilien, Indien und in die afrikanischen Länder. China und Indien seien bereits die größten Abnehmer der russischen Düngemittel, auch die BRICS-Länder, darunter die Türkei, Algerien und Südafrika, zeigten Interesse an diesen Produkten, so Tschernow. Außerdem hätten die russischen Hersteller gelernt, ihre Logistik recht schnell umzustellen, sodass es keine Probleme mit neuen Abnehmern geben dürfte.
Unterdessen stehen die Maßnahmen der europäischen Politiker in krassem Gegensatz zu den Wünschen der europäischen Landwirte, die nach 2021 begonnen haben, mehr russische Düngemittel zu kaufen. Die Hauptabnehmer sind Polen, Deutschland, Italien und Frankreich. Interessanterweise konnten Polen und Deutschland den Kauf von russischem Gas abrupt stoppen, nicht aber den Kauf russischer Düngemittel. Es gab sogar Demonstrationen von Landwirten in Europa gegen die Verhängung von Zöllen, die aber von den Behörden ignoriert wurden.
Warum sind die Europäer von den Düngemitteln aus Russland so angetan, dass selbst das offensichtlich russophobe Polen sich nicht scheute, sie in großen Mengen zu kaufen? Im Jahr 2023 kaufte es zum Beispiel mehr als 600.000 Tonnen. Tschernow erklärt:
"Russische Düngemittel waren für die europäischen Landwirte aufgrund ihrer niedrigen Produktionskosten, die auf billiges Erdgas zurückzuführen sind, und ihrer hohen Produktqualität attraktiv. Dies war ein Wettbewerbsvorteil gegenüber den europäischen Herstellern, die mit hohen Energiekosten und strengen Umweltstandards konfrontiert sind, sowie gegenüber alternativen Anbietern aus den USA, Kanada und der Ukraine.
Die Preise für russische Düngemittel sind 10 bis 15 Prozent niedriger als die ihrer Konkurrenten. Außerdem gewährleisten die russischen Hersteller dank flexibler Lieferbedingungen und einer erschwinglichen Logistik über Seehäfen und kurze Transportwege eine regelmäßige Versorgung."
Die russischen Düngemittel lockten die europäischen Verbraucher mit ihrer breiten Produktpalette an, da Russland nicht nur die traditionellen Düngemitteltypen Stickstoff, Kali und Phosphat herstelle, sondern auch andere Arten wie Mehrnährstoffdünger, Mikrodünger, organomineralische Düngemittel und andere, sagt Dmitri Baranow, ein führender Experte bei Finam Management. Die russischen Düngemittel seien preislich attraktiv, es gebe verschiedene Verpackungsarten, und Russland könne Düngemittel auf verschiedenen Wegen und mit verschiedenen Transportmitteln liefern, was für die Käufer praktisch sei.
Zudem ist die Situation der europäischen Düngemittelfabriken beklagenswert. Sie hat sich nach dem Jahr 2021 verschlechtert, als die Energiekrise in Europa aufgrund der extrem hohen Gaspreise begann. Mit ihrer Weigerung, ab 2022 günstiges russisches Gas zu beziehen, haben einige europäische Länder selbst das Todesurteil für ihre Chemie- und Düngemittelindustrie unterschrieben, für die Gas ein Grundstoff ist. Auch die Verschärfung der Umweltvorschriften in der EU im Zuge der Umstellung auf grüne Energie wirkt sich negativ aus. Eine Reihe von Werken in Deutschland und den Niederlanden, insbesondere BASF, haben ihre Produktion zurückgefahren. In Großbritannien wurden sogar ganze Werke geschlossen. Anatoli Tichonow stellt fest:
"Europa hat Schwierigkeiten mit der Düngemittelproduktion. Vor der Krise entfielen etwa 13 Prozent der Düngemittelversorgung der EU auf russische Lieferungen, nun ist dieser Anteil auf 30 Prozent angestiegen."
Außerdem könnte der Versuch der EU-Kommission, den europäischen Fabriken durch Einfuhrzölle zu helfen, nicht funktionieren, meint Tschernow.
Es gebe auf dem Weltmarkt keine vergleichbaren Alternativen für russische Düngemittel in Bezug auf Preis, Qualität und Umweltfreundlichkeit, sodass ein Exportstopp zu einem ernsthaften Ungleichgewicht führen könnte, weshalb die EU-Kommission Schlupflöcher für den Kauf von Stickstoffdüngern lasse, die von den Landwirten am stärksten benötigt würden, so Tichonow. Die Zölle würden über mehrere Jahre schrittweise angehoben, ehe sie zu einem Hindernis würden.
Pawel Sewostjanow, Dozent am Lehrstuhl für politische Analyse und soziale und psychologische Prozesse an der Russischen Plechanow-Wirtschaftsuniversität, äußert in diesem Zusammenhang:
"Die Einführung von Zöllen auf russische Düngemittel wird deren Kosten bereits im Jahr 2025 um 40 bis 45 Euro pro Tonne erhöhen. Dies wird die Kosten der europäischen Landwirte um 15 bis 20 Prozent steigen lassen und die Lebensmittel für die Europäer teurer machen. So wird beispielsweise die Getreideproduktion in der EU weniger rentabel, und die Lebensmittelpreise könnten um fünf bis sieben Prozent steigen, was die Inflation verschärfen würde."
Wladimir Tschernow prognostiziert eine Beeinträchtigung der Ernährungssicherheit in der EU:
"Steigende Kosten könnten zu einem Rückgang der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Landwirtschaft, zum Konkurs kleiner landwirtschaftlicher Betriebe und zu einem langsameren Wirtschaftswachstum in landwirtschaftlichen Regionen führen, insbesondere in Frankreich, Italien und Deutschland, wo die Produktionskosten schneller steigen werden als die Produktpreise.
Langfristig könnte dies die Ernährungssicherheit und die soziale Stabilität in einer Reihe von EU-Ländern beeinträchtigen. Im Falle einer anhaltenden Düngemittelknappheit und eines Abschwungs im agrarindustriellen Komplex ist ein Rückgang des BIP in der Eurozone um 0,3 bis 0,5 Prozent möglich."
Europäische Politiker begründen die Einführung von Zöllen damit, dass sie Russlands Einnahmen aus Düngemittelausfuhren verringern wollen. Es zeigt sich jedoch, dass sie in erster Linie ihren eigenen Bürgern schaden.
Während die Düngemittelproduktion in Europa rückläufig ist, wächst sie in Russland. So betrug die Produktion von Mineral- oder Chemiedüngern nach Angaben des russischen Föderalen Staatlichen Statistikdienstes im Jahr 2022 54 Millionen Tonnen, im Jahr 2023 59 Millionen Tonnen und im Jahr 2024 bereits 63 Millionen Tonnen. Die Düngemittelproduktion in der Russischen Föderation könne aufgrund der stetigen Nachfrage nach Düngemitteln, der Entwicklung neuer Düngemitteltypen und der Verfügbarkeit bedeutender Rohstoffreserven für die Düngemittelproduktion weiter wachsen, stellt Dmitri Baranow fest. Bis zum Jahr 2030 könnte Russland 71 bis 73 Millionen Tonnen Düngemittel jährlich produzieren und 48 bis 50 Millionen Tonnen davon exportieren.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist zuerst am 23. Mai 2025 auf der Website der Zeitung "Wsgljad" erschienen.
Olga Samofalowa ist Wirtschaftsanalystin bei der Zeitung "Wsgljad".
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