Wirtschaft

Rubel-Anteil bei Import-Export erreicht Rekorde

Ein weiteres Kapitel der Sanktionssaga wird geschrieben: Die aktuellsten Wirtschaftsdaten Russlands sind draußen und zeigen, dass der Rubel das laufende Wegfallen westlicher Währungen beim internationalen Handel gut kompensiert. Gibt es dennoch Hausaufgaben für Moskau?
Rubel-Anteil bei Import-Export erreicht RekordeQuelle: www.globallookpress.com © IMAGO/Silas Stein

Von Elem Chintsky

Die auf Finanzen und Wirtschaft spezialisierte russische Internetplattform RBK berichtete jüngst über die neu veröffentlichten Handelsdaten Moskaus. Demnach hält sich der russische Rubel als bilaterale Handelswährung in Eurasien stark – sowohl im Export als auch im Import.

So hat der Rubel bei Zahlungen für Importe nach Russland im dritten Quartal dieses Jahres einen Anteil von 46,1 Prozent erreicht. Dieser wirtschaftliche Indikator ist über ein volles Jahr hinweg um 15,9 Prozent gestiegen. Außerdem ist es der höchste Wert seit Beginn des Jahres 2019. Bei Importen nur aus Asien waren es 43,6 Prozent – genau 20,2 Prozentpunkte mehr als vor einem Jahr. Zudem bestätigten die Wirtschaftsexperten noch, dass der Anteil des US-Dollars und des Euros auf ein Minimum von 21,1 Prozent gesunken ist.

Das von den Analytikern herangezogene, nicht überraschende Fazit lautet, wie folgt:

"Der anhaltende Rückgang des Anteils 'unfreundlicher' Währungen an den russischen Außenhandelsabrechnungen ist durchaus zu erwarten, da die Liquidität solcher Währungen innerhalb Russlands nach der Einführung westlicher Sanktionen an der Moskauer Börse deutlich zurückgegangen ist."

Auch die Zahlen für die Exporte sind maßgebend. Der gesamte Anteil des Rubels an den Abrechnungen für russische Exporte liegt bei 41,3 Prozent. Während der Anteil der befreundeten Währungen (darunter die indische Rupie und der chinesische Yuan) 41,5 Prozent beträgt und somit den Anteil vom US-Dollar und dem Euro auf 17,2 Prozent heruntergedrückt hat. Beim Handel mit den europäischen Ländern betrug der Anteil der Rubel-Zahlungen 65,3 Prozent – vor genau einem Jahr waren es noch 15 Prozentpunkte weniger.

Es gibt mittlerweile einen Trend der Ideen unter russischen Wirtschaftswissenschaftlern, der besagt, dass die Souveränität des eigenen Landes explizit als die größtmögliche Stärkung der nationalen Währung zu erachten sei. Der Verkauf der größten Energierohstoffe Russlands sowie der innovativ hergestellten Produkte (wie all das, was mit angereichertem Plutonium und Nukleartechnologie im Allgemeinen verbunden ist) in russischen Rubel ist eine der entscheidenden Strategien, hin zu diesem Ziel der Souveränität.

Mittlerweile ist dem unvoreingenommenen Blick klar geworden, dass der westliche Versuch, Russland wirtschaftspolitisch zu isolieren, gescheitert ist. Die gesamte Welt – somit auch der Wertewesten – ist auf Russland und seine Waren angewiesen: Nicht nur Düngemittel oder Getreide, nicht lediglich Erdöl, Erdgas und Helium, sondern auch Uran, Titan und Gold sowie innovative Technologien im Rüstungs-, Energie- und Transportsektor markieren Russland als unabdingbaren Handelspartner. Die Fähigkeit, eine souveräne und von eindeutig nationalen Interessen geleitete Finanzpolitik zu betreiben, wird letztendlich in der Notwendigkeit münden müssen, die Zentralbank der Russischen Föderation (auch: Bank Rossii) zu nationalisieren. Sie sei bisher immer noch unter dem Einfluss der IWF-Vorgaben – ein institutionelles Relikt des Liberalismus aus den 1990er-Jahren. So zumindest argumentieren unabhängige, patriotische Analytiker wie Sergei Pereslegin und Michail Hasin. Sie verstehen Figuren, wie die Bank Rossii-Chefin Elwira Nabiullina, als letzte große liberale Einflussnehmer, die tief in der russischen Staatsstruktur eingegraben sind und aus ihr heraus den Weg zur unmissverständlichen – nicht nur geldpolitischen – Souveränität abbremsen. Jüngst hatte besonders Pereslegin die Entscheidung Nabiullinas, erneut die Zinssätze zu erhöhen, vehement kritisiert:

"Die Rede davon, dass die Erhöhung von Zinssätzen die Inflation mindert, stellt entweder Dummheit oder Verrat dar."

Pereslegin vermutet außerdem, dass Nabiullina Trost in der Überzeugung findet, dass ihre vielen Zuhörer nicht über ein wirtschaftliches Basisverständnis verfügen. Hasin argumentiert zudem, dass die überteuerten Darlehen und Kredite (verursacht durch immer steigende Zinssätze) ganz besonders den russischen Mittelstand und die darin verankerte Unternehmerdomäne hart treffen – so seien "zu wenige Rubel im Inland im Umlauf", um all die Notwendigkeit für konstruktive Investitionen ins eigene Land (und somit in die eigene Wirtschaft) voll zu decken. Wäre also dieser Fremdeinfluss, den unabhängige russische Experten in den inländischen Medien laufend kommentieren und aufdecken, bereits neutralisiert, wäre die Wirtschaftsleistung Russlands dramatisch besser.

Jedenfalls illustrieren die oben genannten Daten trotzdem, dass das große Credo der BRICS-Gruppe, sich von der einst unipolaren Dominanz des US-Dollars als Weltreservewährung in sichtbaren Schritten zu emanzipieren, weiter an Gestalt gewinnt.

Elem Chintsky ist ein deutsch-polnischer Journalist, der zu geopolitischen, historischen, finanziellen und kulturellen Themen schreibt. Die fruchtbare Zusammenarbeit mit RT DE besteht seit dem Jahr 2017. Seit Anfang 2020 lebt und arbeitet der freischaffende Autor im russischen Sankt Petersburg. Der ursprünglich als Filmregisseur und Drehbuchautor ausgebildete Chintsky betreibt außerdem einen eigenen Kanal auf Telegram, auf dem man noch mehr von ihm lesen kann.

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