Wirtschaft

Bundesbankpräsident Joachim Nagel: "Werden mit mildem Abschwung davonkommen"

Der Präsident der Deutschen Bundesbank Joachim Nagel geht trotz der Krise nur noch von einer leichten Rezession in Deutschland aus. Auch das Risiko einer zuvor noch drohenden Lohn-Preis-Spirale habe sich abgeschwächt. Sorge bereite ihm jedoch die noch immer viel zu hohe Inflation. Doch die neusten Daten aus Spanien würden auch hier Grund zur Hoffnung geben.
Bundesbankpräsident Joachim Nagel: "Werden mit mildem Abschwung davonkommen"Quelle: www.globallookpress.com © IMAGO/Sascha Ditscher

Die Gefahr einer schwerwiegenden Rezession ist nach Ansicht des Präsidenten der Deutschen Bundesbank Joachim Nagel vorerst gebannt. Zwar sei die Zeit seit seinem Amtsantritt vor rund einem Jahr zwar turbulent gewesen, gestand Nagel in einem am Montag veröffentlichten Interview mit der Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen ein. Auch hätte er damals auch nicht ansatzweise ahnen können, was alles in einem Jahr passieren kann und wie schwierig die Lage wurde:

"Trotzdem bin ich optimistisch, dass wir in Deutschland einen schwerwiegenden wirtschaftlichen Einbruch vermeiden können und mit einem milden Abschwung davonkommen."

Die deutsche Wirtschaft halte sich demnach unerwartet gut, resümierte er. Angesichts dessen sei er auch zuversichtlich, dass man die derzeitige Rekord-Inflationsrate mittelfristig wieder "in den Griff" bekommen werde. Die Gefahr einer laut vielen Analysten drohenden Lohn-Preis-Spirale sieht Nagel angesichts der bisher verzeichneten Tarifabschlüsse hingegen nicht. "Die bisherigen Abschlüsse blieben meist unterhalb der Inflationsrate", lobt Nagel.

Zur Beruhigung der Lage habe aber auch beigetragen, dass vom Instrument der steuerfreien Einmalzahlungen Gebrauch gemacht worden sei. "Daher sehen wir derzeit keine Lohn-Preis-Spirale im Sinne einer zusätzlichen Erhöhung der Inflationsrate durch die aktuellen Lohnabschlüsse – wenn überhaupt, handelt es sich eher um eine Preis-Lohn-Spirale." Trotz aller Anzeichen der Zuversicht bleibe das Risiko von stärkeren Zweitrundeneffekten laut Nagel aber dennoch weiterhin hoch:

"Denn die derzeit höheren Lohnabschlüsse könnten die aktuelle Phase hoher Inflationsraten verlängern."

Seine größte Sorge bleibe jedoch weiterhin die Inflation, die sich als hartnäckiger erwiesen habe als zunächst erwartet. "Aber ich habe keinen Zweifel, dass wir wieder zu stabilen Preisen zurückkommen" werden, zeigte sich der Bundesbankpräsident optimistisch. Diese Zuversicht führe er vor allem darauf zurück, dass die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen im Kampf gegen die Inflation nicht mehr ganz so stark anhebe wie zuletzt. Nach zwei ungewöhnlich großen Anhebungen um jeweils 0,75 Prozentpunkte erhöhten die Währungshüter um die Euro-Notenbank-Chefin Christine Lagarde den Leitzins im Dezember lediglich noch um 0,5 Punkte auf nunmehr 2,5 Prozent. Dennoch stellte Lagarde jedoch noch weitere Anhebungen in Aussicht.

"In diesem [Jahr] und in den kommenden beiden Jahren erwarten wir im EZB-Rat für den Euroraum einen Rückgang der Inflationsrate", sagte Nagel. Dieser werde aller Voraussicht nach vorerst jedoch noch nicht stark genug sein, um den von der EZB angestrebten Zielwert von zwei Prozent für die Inflationsrate zu erreichen. "Das bedeutet für mich, dass unser Job noch nicht erledigt ist. Wir müssen weitere Maßnahmen ergreifen." Im November war die Inflationsrate im Euroraum zwar von 10,6 Prozent auf 10,1 Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahresmonat gefallen. Damit war die Teuerungsrate allerdings immer noch fünfmal so hoch wie die Zielmarke der EZB. 

Beobachter sehen es dennoch bereits jetzt als ein "gutes Omen", dass die Inflationsrate zuletzt etwas gesunken ist. Bekräftigt wird dieser Optimismus derzeit durch die neuesten Zahlen aus Spanien. Dort hat sich die Inflation im Dezember stärker abgeschwächt, als von Ökonomen zuvor erwartet worden war. In Spanien als der viertgrößten Volkswirtschaft der Eurozone stiegen die Verbraucherpreise zum Vorjahr um 5,6 Prozent, wie das Nationale Statistikamt INE auf Basis vorläufiger Daten mitteilte. Experten hatten hingegen im Dezember einen Wert von 6 Prozent erwartet – nach 6,7 Prozent im November.

Die stärker als erwartet nachlassende Inflation gilt als ein gutes Omen für die bald anstehenden Preisdaten aus dem gesamten Euroraum, die am Freitag vom Statistikamt Eurostat veröffentlicht werden. Experten rechnen aufgrund der spanischen Daten nun damit, dass die Verbraucherpreise in der gesamten Eurozone im Dezember möglicherweise lediglich noch um 9,7 Prozent gestiegen waren – nach 10,1 Prozent im November 2022.

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