Wirtschaft

Unternehmer Axel Turck im RT-Interview: In Mittelstands-Netzwerken regt sich Widerstand

Der Unternehmer und Maschinenbau-Ingenieur Axel Turck berichtet, wie das Gießerei-Unternehmen "Emil Turck GmbH und CIE. KG" von Corona-Lockdown, Russland-Sanktionen und Energieverteuerung betroffen ist. Die deutsche metallverarbeitende Industrie werde durch die Regierungspolitik aufs Spiel gesetzt. Es rührt sich Widerstand in Betrieben und Verbänden.
Unternehmer Axel Turck im RT-Interview: In Mittelstands-Netzwerken regt sich Widerstand© Felicitas Rabe

Die Geschichte der Nischenproduktion des mittelständischen Familienunternehmens

Der sauerländische Familienbetrieb "Emil Turck GmbH und CIE. KG" wurde 1929 in den Gebäuden eines alten Schmiedehammers "Kattenhahn" von Emil Turck und seinem Vater Ewald Turck gegründet. Dabei wurde ein altes Wasserrecht zur Stromerzeugung und Kühlwasserentnahme übernommen. In dem ansässigen Tal des Flusses Verse wurde zu Anfang des 20. Jahrhunderts weltweit zum ersten Mal Aluminium für den Zeppelinbau industriell verarbeitet. Das war damals ein Alleinstellungsmerkmal modernster Technologie.

Turck habe sich immer in Nischen von Industrieprodukten seine Kunden gesucht, berichtete der Unternehmer. So gebe es aktuell einen "Milchkannenhalter" von 1954 neben einem "Dashboard Gehäuse" von 2021 in der Fertigung.

Ihren Rohstoff, also die Aluminiumversorgung mit Masseln der 8 Legierungen, beziehe die Gießerei aus deutschen Hütten. Nach der Insolvenz seines ältesten Zulieferers sichere neben anderen Hütten heute auch die russische Schmelzhütte RUSAL die Versorgung:

"Unser ältester Metalllieferant 'Rheinfelden', die älteste Aluminiumhütte Europas, ist nach der Insolvenz glücklicherweise von RUSAL übernommen worden."

Damit sei nicht nur die Versorgung seiner Gießerei, sondern zu einem wichtigen Teil auch die Versorgung der Automobilkunden und der Zuliefererindustrie mit Spezialhüttenlegierungen in Deutschland gewährleistet.

Die Auswirkung von Corona-Lockdown und Energiekrise auf das Unternehmen Turck

RT wollte von dem Unternehmer wissen, wie sich in den vergangenen beiden Jahren der Corona-Lockdown und die Energiekrise auf das Unternehmen ausgewirkt hätten.

"Unsere heute 60 Mitarbeiter und ich als Unternehmer waren aufgrund der ständig wechselnden Maßnahmen stark verunsichert und psychisch angespannt", berichtete Turck.

Bezüglich der Maßnahmen habe man die Mitarbeiter ständig in Betriebsversammlungen auf dem neuesten Stand halten müssen. Das Unternehmen betreibe ein eigenes Testzentrum, in dem alle Mitarbeiter kostenlos über die Coronazeit getestet und Bescheinigungen für Zutrittsbeschränkungen ausgestellt würden. Im Jahr 2020 seien die Umsätze stark zurückgegangen. Im Jahr 2021 habe man demgegenüber die Umsätze enorm steigern können und 15 neue Arbeitsplätze geschaffen.

Die Energiekrise treffe das Unternehmen, seine Mitarbeiter und die Kunden mit voller Wucht. Der deutsche Unternehmer bleibt dennoch optimistisch: Man sei positiv gestimmt, und werde aufgrund der Spezialisierung auf Nischen die Probleme wohl abermals meistern. Wie in all den Jahrzehnten davor auch schon – "so es Energie gibt", schränkt Turck die Aussichten aber gleichzeitig auch ein.

Seine Energie beziehe das Unternehmen seit langem von den Stadtwerken Lüdenscheid, einer ENERVIE-Tochter. Seiner Meinung nach gebe es infolge des politisch gewollten Energiewandels eine Verunsicherung, die auch mit zum Anstieg der Energiepreise geführt habe.

Darüber hinaus bewirke die Merit-Order, dass die flexiblen Gaskraftwerke häufig den Preis für den gesamten Strommarkt bestimmten, so Turck. Die Gaskraftwerke würden regelmäßig als letzte zugeschaltet werden, um die Nachfrage noch abzudecken. Stromerzeuger, die keine (wie die erneuerbaren Energie-Anlagen) oder weitaus niedrigere Brennstoffkosten (wie Kern- oder Kohlekraftwerke) als Gaskraftwerke hätten, würden in dieser Phase exorbitante Zusatzgewinne erzielen, die vom Stromkunden finanziert werden. Wie bei der sogenannten Merit-Order der Strompreis immer flexibel vom jeweils teuersten Energieprodukt bestimmt wird, erläuterte der Unternehmer wie folgt:

"Da das letzte zugeschaltete, jetzt sehr teure Gas den gesamten Strompreis auch der anderen 'billigeren' Produzenten festlegt."

Die Auswirkungen der Energieverteuerung auf Produktion und Auftragslage

Nachdem er schon im Herbst/Winter 2021 einen Preisauftrieb auf den Energiemärkten festgestellt hätte, habe er im Januar aktiv den Kontakt zum Energieversorger gesucht. Die Stadtwerke Lüdenscheid hätten ihm am 3. Februar 2022 bei einem persönlichen Besuch ein Angebot für neue Verträge ab Oktober 2022 übermittelt. "Die Angebote bedeuteten eine Erhöhung um 300 Prozent. Wir nahmen das Angebot nicht an", berichtete Turck über die Preisauseinandersetzung.

Im Laufe des Jahres seien die Preise durch den Krieg gegen die Ukraine zusätzlich angefacht worden. Er habe dann monatelang gar keine Energieverträge abschließen können:

"Wir bekamen über Monate keine Möglichkeiten neue Verträge abzuschließen, und begannen unsere Kunden aktiv zu informieren, dass wir ab 1.10.2022 einen Energieteuerungszuschlag fakturieren müssen."

Erst kürzlich habe man beide Lieferverträge für Gas und Strom bei den Stadtwerken Lüdenscheid abschließen können. Die Zuschläge müsse er nun an die Kunden weitergeben:

"Unsere Kunden werden wir nur noch beliefern, wenn Sie diese Zuschläge bezahlen. Eine Nicht-Zahlung würde unsere Firma existenziell bedrohen. Wir stellen seit Sommer 2022 bereits einen sehr starken Rückgang im Auftragseingang fest."

Die deutsche Energiepolitik sieht der mittelständische Unternehmer kritisch. Die Herangehensweise der Regierungen – damit bezog er sich zugleich auf die Merkel Ära – sei aus seiner Perspektive kurzsichtig. Beim Ausstieg aus den Energieformen Braunkohle, Kohle und Kernkraft, sehe er mögliche Stromunterbrechungen. Vielleicht komme es sogar zu einem Blackout. Für das Unternehmen Turck hätte das gravierende Folgen: 

"In unserer Gießerei sind 5 Tonnen Aluminium mit 750 Grad flüssig und das 24/7. Wenn die Öfen bei Energiemangel einfrieren, haben wir einen wirtschaftlichen Totalschaden."

Mittelständische Unternehmen sind das Herz der deutschen Wirtschaft – in ihren Netzwerken rührt sich Widerstand 

Auf die Frage nach der Rolle der mittelständischen Unternehmen für die deutsche Wirtschaft, benennt Turck die vielen mittelständischen Hidden Champions mit weltweit einzigartigen Alleinstellungsmerkmalen, die sich allein im Sauerland befinden. Dazu gehörten unter anderem die Unternehmen GIRA, ABB, ERCO, KOSTAL, FUCHS, VOSSLOH, OBO-Bettermann und MENSHEN. Mittelständische Unternehmen beschäftigten Millionen von Mitarbeitern. Eindrücklich beschreibt der Unternehmer die Rolle des Mittelstands:

"Sie sind das Herz der Wirtschaft. Ihr verantwortungsbewusster Umgang mit Menschen und Ressourcen sind der Garant für Stabilität, Wertschöpfung und unsere freiheitliche Grundordnung. Nebenbei finanzieren wir auch noch die Politik."

Viele seiner Unternehmerfreunde hätten sich aus Angst vor Anfeindung mit öffentlicher Kritik an der Politik zurückhalten. Die Gewohnheit zur Neutralität, gerade im Krisenmanagement, sei immer noch verbreitet. Der Unternehmer könne aber mittlerweile ein ganzes Buch damit füllen, was ihm in den letzten beiden Jahren diesbezüglich untergekommen sei.

Aber kürzlich, am 15. September, hat die Wirtschaftsvereinigung Metalle e.V. einen Brief an Bundeskanzler Scholz zur Energiepreiskrise versandt. Dieser Brief war von insgesamt 90 Unternehmen und den Geschäftsführern der Branchenverbände (AD, GDB, BDG, IFV und KV) unterschrieben. Scholz wurde darin um Soforthilfen und um ein persönliches Krisengespräch gebeten. In Ergänzung zu dem Brief wurde im September die Petition "Energiepreiskrise beenden" auf der Petitionsplattform Change.org gestartet. Der Unternehmer würdigte auch die Rolle von engagierten Bürgern:

"Es sind Spaziergänger, Friedensinitiativen und Bürgerinitiativen, die in der Aufklärung zur Energieproblematik aktiv sind. Im September und Oktober habe ich selbst, unter Beteiligung der Energieversorger und der lokalen Presse, polizeilich angemeldete Informationsveranstaltungen durchgeführt.“

Im April 2021 habe sich der Kreisverband "dieBasis Märkischer Kreis" gegründet. Dabei handele es sich um den Versuch, unabhängig vom Parteienfilz einen neuen Weg zu beschreiten und Politik bürgernäher zu machen. Mittlerweile gebe es Netzwerke, die ihre Wirkung entfalten würden: Ein schon in der "Pandemie" aufgebautes Netzwerk helfe jetzt Interessen zu bündeln, und schlagkräftig zu werden.

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